Die Jagd des Adlers
verschaffen konnte.
»Zweite Illyrische! Geht hinter der Mauer in Deckung!«
Die Männer mussten nicht erst ermutigt werden, sich so weit zu ducken, dass die Angreifer mit den Schleudern sie nicht mehr sehen konnten. Sie kauerten sich hinter der Brüstung zusammen und senkten die Schilde neben sich. Macro sah sich um und fing Catos Blick auf.
»Anscheinend haben sie ihre Lektion gründlich gelernt. Kein Frontalangriff mehr, bis sie uns weich geklopft haben.«
Cato warf einen letzten Blick unter seinem Schild hervor auf den Feind. Ein Stein prallte von der zentralen Wölbung des Schildes ab und ließ ihn so heftig vibrieren, dass Catos Arm zitterte und er unwillkürlich zusammenzuckte, als er in Deckung ging. »Weich geklopft? Wohl eher völlig mürbe gemacht.«
Macro lachte. »Sollen sie’s nur versuchen. Solange diese Mauer zwischen uns steht, werden sie nicht besonders viele von uns erwischen.«
»Vielleicht«, erwiderte Cato leise. »Aber das dürfte ihnen ebenfalls klar sein.«
»Was bedeutet?«
»Was bedeutet, dass es einen Grund geben muss, wenn sie so darauf aus sind, dass wir unsere Köpfe unten halten.«
Macro senkte seinen Schild auf die Plattform. »Die haben irgendetwas vor. Ich bin gleich wieder zurück.«
Er sprang von der Plattform und rannte daran entlang, bis er die Leiter erreicht hatte, die zur eigentlichen Festungsmauer führte. Es entstünde allerdings ein unangenehmer Augenblick, wenn er neben der Lücke des zerstörten Torhauses offen für die feindlichen Schützen sichtbar wäre, weshalb er sich kurz sammelte. Dann stürmte er die Leiter hinauf. Ein, zwei Steine zischten dicht an ihm vorbei, doch gleich darauf warf sich Macro hinter die Brüstung und rollte in Deckung. Sofort eilte ein Soldat zu ihm, um ihn mit seinem Schild zu schützen. Macro atmete tief durch und nickte dem Mann zum Dank zu. Dann trat er ganz dicht an die Brüstung heran, wobei er darauf achtete, dass eine der Zinnen ihm Schutz bot, und spähte nach draußen.
Hinter den Schützen mit den Schleudern, die noch immer auf dem gegenüberliegenden Hang des Trümmerhaufens in Deckung lagen, befanden sich die aufgeschichteten Leichen der beim ersten Angriff Gefallenen und dahinter wiederum die stumme Masse der judäischen Rebellen, die auf den zweiten Angriff warteten. Während Macro die Männer, die das Katapult umgaben, im zuckenden orangefarbenen Schimmer der Fackeln beobachtete, bemerkte er, dass einige von ihnen zur Seite auswichen, als etwas durch die Menge befördert wurde. Plötzlich erspähte einer der Feinde, der schärfere Augen als seine Kameraden hatte, den Kopf des Präfekten und feuerte einen Stein auf die Brüstung ab. Er krachte in das Mauerwerk über Macros Kopf, und Steinsplitter spritzten aus der Zinne, von denen mehrere Macro ins Gesicht trafen. Einer der Splitter riss ihm das Fleisch im linken Augenwinkel auf.
»Scheiße!« Er zuckte zurück, kauerte sich zusammen und fasste sich ins Gesicht. »Scheiße. Bastard.«
Als er die Hände wieder vom Gesicht nahm, waren sie voller Blut. Macro nahm rasch sein Halstuch ab und wischte die Wunde sauber. Zwar konnte er mit dem linken Augen immer noch sehen, doch er erkannte die Dinge damit nur noch verschwommen, und ein heftiger Schmerz brannte in seiner Augenhöhle.
»Herr?« Der Soldat, der ihn mit seinem Schild geschützt hatte, erschien vor Macro. »Soll ich den Arzt rufen?«
»Nein.« Wieder zuckte Macro zusammen. »Mich hat’s schon schlimmer erwischt. Ich bin gleich wieder in Ordnung.«
Der Soldat musterte ihn zweifelnd, zog sich jedoch zurück. Macro versuchte, das Blut zu stillen, bevor er erneut danach Ausschau hielt, was der Feind vorbereitete. In den vorderen Linien des Gegners entstand eine Lücke, sodass ein Dutzend Männer sich der Festung nähern konnte. Sie trugen einen Holzbalken, der mit einer Eisenspitze versehen war. Das war es also, begriff Macro. Ein Rammbock. Er glitt zurück an den Rand der Brüstung, und diesmal beschloss er, kein Risiko mit der Leiter einzugehen. Stattdessen schob er sich noch ein Stück weiter an der Brüstung entlang, bevor er über die innere Mauerkante glitt, von wo aus er sich unsanft nach unten fallen ließ. Dann eilte er zurück zu Cato. Sein Freund zuckte zusammen, als er die Wunde in Macros Gesicht sah.
»Das solltest du lieber versorgen lassen, Herr.«
Macro schüttelte den Kopf. »Keine Zeit. Jetzt geht es um alles. Sie schaffen einen Rammbock her. Sie können jeden Augenblick hier sein.« Die
Weitere Kostenlose Bücher