Die Jagd des Adlers
bis sie nur noch dreißig Schritte entfernt waren. Erst dann wirbelte er im Sattel herum, sodass sein Bogen sichtbar wurde, und fixierte, wie es schien, den Briganten, der ihm am nächsten war. Der Mann erschrak und kauerte sich sofort auf seinem Tier zusammen, um ein kleineres Ziel abzugeben. Doch Symeon zielte gar nicht auf den Mann. Er ließ die Bogensehne los, und der Pfeil traf das heranstürmende Pferd direkt in die Brust. Mit einem schrillen, von Schmerz und Schrecken erfüllten Wiehern stolperte das Pferd, überschlug sich und begrub seinen Reiter unter sich. Unterdessen hatte Symeon schon den zweiten Pfeil angelegt und sich seinem nächsten Ziel zugewandt. Die Briganten waren ein wenig zurückgefallen, weil sie dem gestürzten Pferd ausweichen mussten, das sich auf seinem Rücken hin und her wand und mit zuckenden Beinen nach oben trat, um den mit Widerhaken versehenen Pfeilschaft in seiner Brust zu lockern. Doch gleich darauf kamen sie dem Führer wieder so nahe, dass er ihre grimmigen, entschlossenen Mienen erkennen konnte. Symeon schoss ein Pferd nach dem anderen nieder und ließ seine Verfolger im Staub zurück. Dann schloss er seinen Köcher mit einem befriedigten Nicken, hängte den Bogen an den Sattelknauf und schloss zu Macro auf.
Kurz darauf erreichten sie die Stelle, von der Symeon gesprochen hatte. Hier teilte sich die unbefestigte Straße. Der schmalere Weg führte in ein flaches, unregelmäßig geformtes Tal, das sich bis zu einem breiten Wadi zog. Der Dekurio und seine Männer warteten an der Abzweigung, weil sie nicht sicher waren, welchen Weg sie nehmen sollten. Ihre Pferde wirkten erschöpft, und die Flanken der Tiere hoben und senkten sich wie Blasebälge. Der Dekurio war erleichtert, die drei Männer zu sehen, doch dann erkannte er, dass Cato bewusstlos war.
»Ist er verletzt?«
»Nein«, erwiderte Macro kühl. »Er macht ein verdammtes Nickerchen. Natürlich ist er verletzt.«
Der Dekurio begriff das Problem sofort. »Er wird uns aufhalten.«
Symeon deutete auf die breitere Abzweigung. »Nehmt diese Route. Sie bringt euch zur Festung. Centurio, du gehst mit ihnen. Allein.«
»Was?« Macro zuckte zusammen. »Das glaube ich nicht. Er kommt mit mir.«
»Sie werden euch bereits lange vor der Festung einholen, wenn er bei dir bleibt.«
»Ich habe es dir doch schon gesagt. Ich werde ihn nicht Bannus überlassen.«
»Bannus wird ihn nicht bekommen. Ich bringe ihn an einen sicheren Ort.«
Macro lachte. »Ein sicherer Ort? Hier draußen?«
Symeon deutete auf den schmaleren Weg. »Da unten liegt ein Dorf, etwa eine Meile entfernt. Leute, die ich kenne und denen ich vertraue. Sie werden uns Unterschlupf bieten. Komm mit einer frischen Schwadron zurück, sobald du die Festung erreicht hast. Ich werde nach dir Ausschau halten.«
»Das ist Wahnsinn«, protestierte Macro. »Warum sollte ich den Leuten aus diesem Dorf vertrauen? Warum sollte ich dir vertrauen?«
Symeon sah ihn mit festem Blick an. »Ich schwöre dir beim Leben meines Sohnes, dass er bei mir sicher sein wird. Und jetzt gib mir die Zügel.«
Macro verharrte einen Augenblick lang vollkommen regungslos, während er seine Möglichkeiten abwägte. Er wollte Cato nicht zurücklassen, doch wenn er versuchen würde, ihn bis zur Festung zu bringen, konnte das für sie beide den sicheren Tod bedeuten.
»Herr!« Einer der Soldaten deutete in die Richtung, aus der sie gekommen waren. »Ich kann sie sehen.«
Macro ließ die Zügel aus seinen Fingern gleiten und beschattete seine Augen. Symeon griff nach den Zügeln, bevor der Centurio es sich anders überlegen konnte. Indem er Cato mit einer Hand stützte, lenkte er sein Pferd auf den Seitenweg.
»Wartet noch einen Moment, bis ich außer Sichtweite bin. Dann zieht weiter. Sie werden euch folgen.«
Sobald sich Symeon und Cato unterhalb der Höhe der Hauptroute befanden, lenkte der Dekurio sein Pferd wieder nach vorn. »Auf geht’s!«
Die Soldaten folgten ihm. Sie drückten die Fersen in die Flanken ihrer Tiere und trieben sie lautstark an. Macro wartete noch einen Moment. Er war hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, bei seinem Freund zu bleiben, und der Notwendigkeit, so schnell wie möglich zur Festung zu gelangen, um von dort aus eine Kolonne loszuschicken, die Cato in Sicherheit bringen würde. Schließlich packte er seine Zügel, drückte die Absätze seiner Stiefel in die Flanken seines Pferdes und folgte den Soldaten. Als er einen letzten Blick in die Schlucht warf, in der
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