Die Jagd des Adlers
kurz wie möglich. Aber wie ich die Armee kenne, bedeutet das wahrscheinlich so lange, bis ich in hohem Alter in Bushir sterben werde. Unterdessen wird die Armeeführung schon längst vergessen haben, dass sie mich überhaupt hierhergeschickt hat. Aber mit etwas Glück erinnern sie sich noch an mich und werfen vielleicht sogar eine kleine Pension aus.«
» Klein ist das entscheidende Wort«, sagte Postumus nachdrücklich, und dann starrte er in die Ferne, bevor er fortfuhr. »Deshalb sollte jeder Mann etwas für Notzeiten auf die Seite legen, sofern die Umstände es ihm erlauben.«
Macro sah ihn aufmerksam an. »Was meinst du damit?«
Postumus’ zuckende Lippen verzogen sich zu einem raschen Lächeln. »Das wirst du schon sehen. Alles zu seiner Zeit. Nein, warte.« Plötzlich riss er den Arm hoch und deutete zum Horizont. »Da! Schau!«
Macros Blick folgte der Richtung, in die Postumus’ Finger zeigte, und blinzelnd versuchte er, etwas in der flimmernden Hitze zu erkennen. »Was ist? Ich kann nichts sehen.«
»Sieh noch einmal genauer hin.«
Auch jetzt konnte Macro zunächst noch nichts erkennen, doch nachdem er sich eine Weile lang heftig abgemüht hatte, entdeckte er einen kleinen schwarzen Fleck und kurz darauf einen zweiten direkt daneben. Es dauerte nicht lange, und immer mehr davon erschienen, und langsam verwandelte sich der erste schwarze Fleck in die Umrisse eines Mannes, der auf einem seltsam aussehenden Tier ritt. Erst einige Augenblicke später begriff Macro, dass es sich um ein Kamel handelte.
»Wer sind sie?«
»Kaufleute«, erwiderte Postumus. »Sie kommen aus Aelana. Das ist eine arabische Kolonie an der Küste. Sie importieren dort auf dem Seeweg Waren aus dem Osten, die sie mithilfe von Karawanen nach Palästina, Syrien, Kilikien und Kappadokien transportieren. Der Weg von Aelana ist recht mühsam, und Teile der Route führen durch ziemlich wilde Gegenden. Das ist der Punkt, an dem die Nabatäer ins Spiel kommen und in letzter Zeit auch wir.«
Macro runzelte die Stirn. »Das verstehe ich nicht.«
»Wie haben es die Nabatäer deiner Meinung nach geschafft, so reich zu werden?«
Macro zuckte mit den Schultern.
»Dadurch, dass sie den Leuten Schutz anbieten. Durch ihr Königreich führen einige der profitabelsten Handelsrouten der gesamten bekannten Welt. Also haben sie sich behaglich in Petra eingerichtet und verlangen Zoll für jede Karawane, die ihr Gebiet durchquert. Gleichzeitig bieten sie den Kaufleuten an, die Karawanen vor denjenigen Stämmen zu beschützen, die irgendwo tief in der Wüste hausen und gelegentlich Überfälle auf die Handelsrouten unternehmen.«
»Verstehe«, erwiderte Macro. »Aber welche Rolle spielen wir dabei?«
»Es ist unsere Pflicht, für Sicherheit und Ordnung auf dem Teil der Handelsrouten zu sorgen, die östlich der Festung verlaufen. Denn dort beginnt das römische Territorium, während das der Nabatäer dort endet. Deshalb sind wir hier. Wir schützen Karawanen wie diese da. Es ist eine Vereinbarung zu beiderseitigem Nutzen.«
»Verstehe.« Macro starrte ihn an. »Du willst damit sagen, dass ihr euch für den Schutz bezahlen lasst.«
»Natürlich.« Postumus lachte. »Das gehört alles zu den Dienstleistungen, die die Zweite Illyrische für ihre Stammkunden erbringt.«
»Verstehe«, wiederholte Macro. Er sah zur Karawane, und seine Gedanken rasten. Es war, wie er vermutet hatte. Doch blieb die Frage, was er dagegen tun sollte – sofern er vorhatte, überhaupt etwas dagegen zu tun. »Wie funktioniert das alles?«
Postumus hatte ihn genau beobachtet. Jetzt wirkte er erleichtert, weil Macro anscheinend nicht zu denen gehörte, die sich allzu streng an die Buchstaben des Gesetzes hielten. »Es ist ganz einfach. Mit den meisten Karawanen-Kartellen haben wir feste Vereinbarungen. Genau wie die Nabatäer. Sie bekommen eine Eskorte von Aelana nach Petra und von dort nach Machäros, wo sich genau so eine Signalstation befindet wie diese hier. So weit reicht der Einfluss der Nabatäer. Früher haben sie die Karawanen bis nach Damaskus begleitet, doch inzwischen haben wir diese Aufgabe übernommen. Sie haben versucht, uns zu unterbieten, doch wir haben ihnen klargemacht, dass das jetzt unser Territorium ist, und seither halten sich die Nabatäer von uns fern. Wir erhalten unseren Anteil, und dafür begleiten wir die Karawanen sicher bis zur Dekapolis.«
»Das entspricht nicht unbedingt den Vorschriften, oder?«
»Nein. Aber es ist auch nicht illegal«,
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