Die Jagd des Adlers
erwiderte Postumus. »Wir erfüllen unsere Pflicht, indem wir an der Grenze patrouillieren, und die Karawanen-Kartelle bekommen ihre Eskorte. Alle sind zufrieden. Allerdings müssen wir darauf achten, dass sich die Sache nicht herumspricht, denn sonst würde es nicht lange dauern, bis Cassius Longinus einen Anteil verlangt und der Prokurator von Caesarea genauso. Also reden wir mit niemandem darüber.«
»Kann ich mir vorstellen.«
»Die einzige wirklich heikle Situation ergibt sich natürlich immer dann, wenn wir es mit neuen Kunden zu tun bekommen. Mit Kaufleuten, die sich eben erst zusammengeschlossen haben. Wie diese hier.«
»Was passiert dann?«
»Das wirst du gleich sehen.« Postumus fixierte ihn aufmerksam. »Wenn sie uns erreicht haben, überlass mir das Reden, Herr. Es besteht die Möglichkeit, dass sie ein wenig Griechisch sprechen, aber sie ziehen es vor, in ihrer Sprache zu verhandeln, und die beherrsche ich gut genug, um damit zurechtzukommen.«
»In Ordnung.« Macro nickte. »Ich überlasse dir die Führung.«
Langsam löste sich die Karawane aus dem Hitzeflimmern und kam auf die Signalstation zu. Macro beobachtete sie vom Turm aus und sah, dass es sich um mindestens hundert Kamele handeln musste; die Tiere transportierten große Körbe mit Tuchballen, zahlreiche dicht gepackte, strohumhüllte Glasbehälter und noch viele andere Waren, die er nicht genau erkennen konnte. Im vorderen Bereich der Karawane befanden sich zwei große Ochsenkarren, voll mit langen Baumstämmen beladen, die wohl als Bauholz dienen würden. Die Kamele bewegten sich mit regelmäßigen Schritten leicht schwankend vorwärts. Neben ihnen gingen die Kameltreiber, die die Tiere gelegentlich mit einem leichten Schnippen ihrer schmalen Rohrstöcke weiterdrängten. Zu beiden Seiten der Karawane ritten eine Handvoll Wachen: in dunkle Roben gehüllte Krieger, ausgerüstet mit Schwertern und Bogen, die von den Holzrahmen ihrer Kamelsättel herabhingen. Auf Macro wirkten sie ziemlich beeindruckend, doch sie waren nur zu zwölft, und das würde kaum genügen, um einen entschlossenen Angriff abzuwehren.
Unter ihm, im Hof der Signalstation, befahl Postumus seinen Männern aufzusitzen, und mit einem letzten Blick auf die sich nähernde Karawane stieg Macro vom Turm, um sich ihnen anzuschließen. Sobald er im Sattel saß, gab Postumus das Zeichen zum Aufbruch, und die Soldaten ritten aus dem Schatten der Station hinaus in das gleißende Licht der Wüste. Sofort schwärmten sie aus und bildeten eine zwei Reihen starke Barriere, die quer zur unbefestigten Wüstenstraße verlief. Dabei bezogen die Standartenträger beider Schwadronen deutlich sichtbar vor ihren Kameraden Position.
»Nur um ihnen zu zeigen, dass wir Römer sind«, sagte Postumus zu Macro. »Es hat keinen Sinn, sie in Panik zu versetzen.«
Trotzdem hielt die Karawane an. Einige Mitglieder der Eskorte bildeten eine kleine Gruppe, die zusammen mit den für die Karawane verantwortlichen Kaufleuten vorsichtig auf die Römer zuritt. Sobald sie sich so weit genähert hatten, dass beide Parteien miteinander sprechen konnten, blieben sie stehen, und einer der Kaufleute hob die Hand zum Gruß.
»Nicht vergessen, Herr«, murmelte Postumus. »Ich übernehme das Reden.«
»Nur zu.«
Postumus schnalzte mit der Zunge und ritt langsam nach vorn. Macro folgte ihm, hielt sich jedoch ein kleines Stück hinter Postumus. Ein paar Schritte vor der Abordnung der Karawane zügelten sie ihre Pferde.
Mit seinem breitesten Lächeln begrüßte Postumus die Männer auf Griechisch. »Ich heiße euch in der römischen Provinz Judäa willkommen. Spricht jemand von euch Griechisch?«
»Ich beherrsche es. Ein wenig.« Einer der Männer löste das Tuch, das seinen Mund bedeckte, sodass Postumus sehen konnte, wer für die Karawane sprach. »Was kann ich für dich tun, Römer?«
»Es geht eher darum, was ich für euch tun kann.« Postumus verbeugte sich. »Dieser Weg wird immer wieder von Räubern aus der Wüste überfallen. Ihr werdet eine stärkere Eskorte brauchen, als eure zwölf Begleiter sie euch bieten können, auch wenn sie noch so beeindruckende Kämpfer sein mögen. Wenn ihr wollt, können meine Männer und ich euch eine sichere Passage durch diese Gegend bis nach Gerasa anbieten.«
»Das ist überaus freundlich von dir, Römer. Ich vermute, du erwartest, dass wir dich für diesen Dienst bezahlen.«
Postumus zuckte mit den Schultern. »Eine kleine Aufmerksamkeit wäre angebracht, mehr
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