Die Jagd - Laymon, R: Jagd - The Endless Night
jedenfalls. Sein Körper war jedoch noch der eines kleinen Jungen. Jeder Cop, der einen Blick auf uns warf, hätte uns sofort angehalten – und Hester im Kofferraum gefunden. Zu diesem Zeitpunkt lebte sie noch, also hätten sie uns zumindest nicht wegen Mord drankriegen können.
Doch wir wurden nicht aufgehalten.
Wir waren nervös, aber alles lief glatt. Scheinbar war ganz L. A. – die Bullen eingeschlossen – bei diesem Tennisturnier.
Sobald wir die Einfahrt zum Haus von Tommys Eltern erreicht hatten, entspannten wir uns.
Es ist eine ziemlich lange, kurvenreiche Einfahrt. Tommy hielt an, bevor wir das Haus überhaupt sehen konnten. Inzwischen war es Hering gelungen, die Waffe zu laden. Damit konnte er Hester zwingen, alles zu tun, was er wollte.
Wir ließen sie aus dem Kofferraum steigen und vor uns in ein kleines Wäldchen gehen. Sie zitterte und schluchzte, was ziemlich eklig war, aber sie versuchte weder wegzulaufen noch rief sie um Hilfe. Ich nehme mal an, dass sie befürchtete, Hering würde sie erschießen.
Es war ein wunderschöner Nachmittag. Manche Leute behaupten ja, in L. A. gäbe es keine Jahreszeiten, aber das stimmt nicht. An Herbstnachmittagen zum Beispiel hat die Sonne diesen samtenen Schein, der alles mit einem rotgoldenen Schleier bedeckt.
Es war heiß, aber eine Brise sorgte für etwas Abkühlung. Eine sehr angenehme Brise, die durch mein Haar und meine Klamotten fuhr. Ohne Klamotten wäre es noch viel angenehmer gewesen.
Wie gesagt: Das Ganze war nicht als Mord geplant.
Das glaube ich zumindest.
Eigentlich wollten wir ihr nur eine Lektion erteilen, damit sie uns in Zukunft in Ruhe ließ. Außerdem sollte sich Hering für den ganzen Ärger, den sie gemacht hatte, revanchieren dürfen. Aber umbringen wollten wir sie nicht.
Nur eine kleine Abreibung. Nichts Ernstes.
Doch als wir ihr in das Wäldchen folgten, war plötzlich alles ganz anders.
Wir begriffen, dass wir sie in unserer Gewalt hatten. Niemand konnte sehen, was wir taten.
Wir konnten alles mit ihr anstellen.
Das allgemeine Schweigen und die nervösen, erwartungsvollen Blicke, die ausgetauscht wurden, sagten mir, dass auch die anderen zu diesem Schluss gekommen waren.
Wir konnten tun und lassen, was wir wollten. Niemand würde es jemals herausfinden.
Irgendwann kapierte es sogar Hester.
Sie sah über ihre Schulter, traurig und schmollend. Ganze zwei Sekunden lang. Dann hatte auch sie die Veränderung gespürt und geriet in Panik. Keuchend rannte sie los.
Hering legte an und drückte ab.
Der Schuss war kaum lauter als ein Händeklatschen.
Ich hörte den Einschlag der Kugel. Mit einem »Uff« ging sie in die Knie.
Es hatte ihre rechte Schulter erwischt. Auf ihrem T-Shirt war ein Blutfleck zu sehen.
Sie wandte den Kopf, um das Einschussloch sehen zu können, und streckte den Arm aus. Doch ihre Finger konnten die Wunde nicht erreichen.
Wir gingen zu ihr. »Du hast auf mich geschossen!«, rief sie. »Was ist los mit dir? Du hast auf mich geschossen ! Bist du irre?«
»Ja«, sagte Hering. »Gefällt’s dir?« Er richtete wieder die Waffe auf sie.
»Nicht! Bitte nicht! Das tut weh ! Mann!«
»Nicht«, flüsterte Tommy, als er gerade abdrücken wollte. »Sie soll noch nicht sterben. Jetzt noch nicht.«
Ranch fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund. »Was sollen wir mit ihr machen?«, fragte er mit zitternder Stimme.
»Na, einfach alles«, sagte Tommy. »Erst mal müssen wir uns ausziehen, damit unsere Klamotten nichts abbekommen. «
Wir zogen uns aus und legten die Sachen auf einen Haufen. Mit den Taschenmessern, die wir ständig bei uns trugen, gingen wir wieder zu ihr.
Es war toll, nackt zu sein. Ich spürte die Sonne und den Wind. Äste und Zweige knackten unter meinen bloßen Füßen.
Hester wehrte sich nicht.
Sie saß einfach nur da und heulte und bettelte, während wir ihr die Kleider vom Leib rissen.
Oh Mann.
Es dauerte etwa drei Stunden, bevor sie den Geist aufgab. Das merkten wir daran, dass sie sich nicht mehr rührte, als Ranch auf sie einstach.
»Was ist mit ihr?«, fragte Hering.
»Tja, wo soll ich anfangen?«, fragte ich. Manchmal kann ich echt witzig sein.
»Sie ist tot, ihr Blödmänner«, sagte Ranch.
»Moment«, sagte Tommy. »Sehen wir mal nach, ob ihr Herz noch schlägt.«
Dann ging es richtig zur Sache.
Bald hielt Tommy ihr Herz in seinen Händen. »Schlägt es noch?«, fragte er und grinste.
»Da bin ich überfragt«, sagte ich.
Er lachte und warf mit dem Herz nach mir. Es
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