Die Jagd - Laymon, R: Jagd - The Endless Night
prallte von meiner Schulter ab. Ich hob es auf und warf es zurück. Er fing es mit einer Hand auf, und wir spielten ein bisschen damit herum. Es war schon ein seltsames Bild: vier nackte, blutverschmierte Jungs, die in einem Kreis um ein totes Mädchen herumstanden und sich gegenseitig ihr Herz zuwarfen. Ranch pfiff »Sweet Georgia Brown«, die Erkennungsmelodie der Harlem Globetrotters.
Tja, das war unser erster Mord.
Wir dachten, dass Hester da, wo sie lag, ziemlich gut aufgehoben war. Wegen der Bäume könnte man sie nicht einmal von einem Hubschrauber aus erkennen. Das Haus war weit genug entfernt, und eine Mauer verlief um das gesamte Grundstück. Tommy erlaubte seiner Mutter
nicht, irgendwelche Leute anzustellen, also würde auch kein Gärtner oder sonst jemand zufällig auf sie stoßen.
Wir mussten uns nicht mal die Mühe machen, sie zuzudecken oder zu vergraben oder so. Wir ließen sie einfach so liegen.
Im Vorgarten spritzten wir uns mit dem Gartenschlauch gründlich ab (Tommys Mutter beobachtete uns von einem Fenster im ersten Stock aus – das war komisch, erregte mich aber auch irgendwie. Tommy war völlig unbekümmert, lachte und winkte ihr zu). Das Wasser war eiskalt. Ich erinnere mich, wie ich zitterte und bibberte und Gänsehaut bekam.
Danach sprangen wir alle in den Pool hinter dem Haus. Schließlich legten wir uns auf die Liegestühle und warteten, bis uns die Sonne trocknete.
»Deine Mom wird uns doch nicht verraten, oder?«, fragte Hering.
»Du machst wohl Witze.«
»Und was, wenn sie die Leiche findet?«, fragte ich.
»Wird sie schon nicht. Und wenn doch, wird sie sicher nichts unternehmen. Sie weiß genau, was dann mit ihr passieren würde.«
Schließlich gingen wir in das Wäldchen zurück, um unsere Klamotten zu holen. Schweigend zogen wir uns an und sahen immer wieder zu der Leiche hinüber, die ein paar Meter von uns entfernt lag. Schon hatten sich die ersten Fliegen darüber hergemacht.
Hering reichte Tommy die Pistole. »Ist besser, wenn du sie behältst. Wenn ich sie mit nach Hause nehme, findet sie meine Mom früher oder später. Und dann kriege ich richtig Ärger.«
Tommy stopfte die Pistole in die Hosentasche.
Dann nahm er Hester in Augenschein.
»Das hat sie jetzt davon«, sagte Hering. Er klang nicht besonders begeistert.
»Wenn wir sie doch nur wieder lebendig machen könnten«, sagte Tommy.
»Was?« Ich traute meinen Ohren nicht. »Wieder lebendig machen?«
»Klar. Dann könnten wir noch mal von vorne anfangen. «
Darüber mussten wir alle lachen.
Später fuhr uns Tommy nach Hause. Meine Eltern saßen im Garten und schlürften Cocktails. Ich nahm mir eine Handvoll Erdnüsse.
»Was habt ihr bei Tommy so gemacht?«, fragte meine Mutter.
»Also … wir haben Fangen gespielt und sind im Pool geschwommen … es war toll!«
Später warf Dad den Grill an.
Apropos – ich verhungere. Seit dem kümmerlichen Sandwich, das ich gegessen habe, während ich Benedict im Kühlschrank verstaute, habe ich nichts mehr zwischen die Zähne bekommen.
Das Dumme ist nur, dass ich mit meiner Glatze nicht aus dem Haus gehen kann und auch keine Lust habe, mir Hillarys blöde Haare noch mal aufzusetzen. Ich brauche eine vernünftige Perücke.
Und vorher was zu essen.
Ich hab’s! Ich lasse mir was bringen.
Dazu müsste ich jedoch das dreckige Telefon anfassen.
Das muss ich erst mal sauber machen.
Also, das war’s fürs Erste von mir. Weitere Abenteuer gibt’s dann nach dem Essen.
21
Okay. Da bin ich wieder. Ich habe mir übrigens chinesisches Essen bestellt. Schweinefleisch süßsauer.
Liegt wahrscheinlich an Hester, dass ich plötzlich so einen Appetit auf Schweinefleisch hatte.
War ziemlich lecker.
Bevor ich zur Tür ging, um das Essen in Empfang zu nehmen, wickelte ich mir ein Handtuch um den Kopf. Genau wie es die Mädels machen, wenn ihr Haar noch nass ist. Hat prima geklappt.
Aber zurück zu meinen Schandtaten.
Was wir mit Hester anstellten, veränderte alles. Es war unglaublich aufregend, in sexueller und so ziemlich jeder anderen Hinsicht. Es war mit Abstand das Aufregendste, was ich bis dahin getan hatte. Den anderen ging es genauso. Das weiß ich, weil wir darüber geredet haben. Himmel, wir quatschten ständig darüber.
Doch wohl war uns bei der ganzen Sache nicht. Einerseits hatten wir Angst, gefasst und wegen Mordes angeklagt zu werden. Aufgrund unseres geringen Alters hatten wir zwar vom kalifornischen Rechtssystem nicht viel zu befürchten. Ein paar Jahre
Weitere Kostenlose Bücher