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Die Jagd nach dem Meteore

Die Jagd nach dem Meteore

Titel: Die Jagd nach dem Meteore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Papier vor sich hin und ergriff einen Bleistift.
    »Angenommen, daß die Erde – sagte er während des Rechnens – fünfzehnhundert Millionen Bewohner hat, so ergäbe… ergäbe das auf den Kopf dreitausendachthundertneunundfünfzig Francs und siebenundzwanzig Centimes.
    – Mehr nicht? murmelte Kate enttäuscht.
    – Nein, mehr nicht,« versicherte ihr Mr. John Proth, während Kate den Himmel traumverloren ansah.
    Als sie dazu kam, sich wieder der Erde zuzuwenden, bemerkte sie nahe dem Eingange zur Exeterstraße zwei Personen, auf die sie die Aufmerksamkeit ihres Herrn hinlenkte.
    »Sehen Sie doch dort, Herr Proth, die beiden Damen, die offenbar warten…
    – Ja ja, Kate, die sehe ich schon.
    – Fassen Sie die eine ins Auge… die größere… die, die so ungeduldig umhertrippelt.
    – Richtig! Jetzt stampft sie mit dem Fuße auf, Kate. Ich weiß aber nicht, wer die Dame ist.
    – Ach, Herr Proth, das ist ja dieselbe, die vor mehr als zwei Monaten sich hier vor uns als Zeugen trauen ließ, ohne dazu vom Pferde zu steigen.
    – Die Miß Arcadia Walker? fragte John Proth.
    – Jetzt Mistreß Stanfort.
    – Ja, richtig, das ist sie, bestätigte der Richter.
    – Was mag sie aber hier wollen?
    – Davon habe ich keine blasse Ahnung, antwortete Mr. Proth, und ich würde auch keinen Farthing drum geben, es zu erfahren.
    – Sollte sie Ihre Dienste schon wieder nötig haben?
    – Das ist kaum glaublich, da die Bigamie im Gebiete der Vereinigten Staaten gesetzlich verboten ist, sagte der Richter, indem er das Fenster schloß. Was sie aber auch vorhaben mag, ich darf nicht vergessen, daß es Zeit ist, nach dem Gerichte zu gehen, wo heute eine wichtige Verhandlung bezüglich der Feuerkugel stattfinden soll, die Sie ja so sehr interessiert. Wenn die Dame da drüben hierher kommen sollte, um mich zu sprechen, so werden Sie mich bei ihr entschuldigen.«
    Während dieser Worte hatte sich Mr. John Proth schon zum Ausgehen fertig gemacht. Ruhigen Schrittes begab er sich die Treppe hinunter, ging durch die kleine, nach der Potomacstraße zu gelegene Tür und verschwand bald in dem seinem Hause auf der andern Straßenseite gegenüberliegenden Justizpalaste.
     

    »Einem Ballon, Madame, da sehen Sie?« (S. 132.)
     
    Kate hatte sich nicht getäuscht: es war wirklich Mrs. Arcadia Stanfort, die sich an diesem Morgen mit ihrer Kammerzofe Berta in Whaston befand. Beide gingen unruhigen Schrittes auf und ab und sahen forschend die lange, abfallende Exeterstraße hinunter.
    Eben schlug es an der Rathausuhr zehn.
    »Das ist stark… er ist noch nicht da! rief Mrs. Stanfort.
    – Vielleicht hat er den Tag des Zusammentreffens vergessen, meinte Berta.
    – Vergessen! wiederholte die junge Frau mit Entrüstung in der Stimme.
    – Wenigstens wird er nicht ordentlich daran gedacht haben, fuhr Berta fort.
    – Nicht daran gedacht!« wiederholte ein zweites Mal ihre Herrin noch erregter.
    Dann ging sie, die Kammerjungfer ihr auf den Fersen, einige Schritte die Exeterstraße hinunter.
    »Du siehst ihn nicht? fragte sie nach einigen Minuten voller Ungeduld.
    – Nein, Madame!
    – Das ist wirklich stark!«
    Mrs. Stanfort wandte sich wieder dem freien Platze zu.
    »Nein… niemand… noch immer niemand! sprach sie ärgerlich vor sich hin. Mich so warten zu lassen, nach dem, was zwischen uns verabredet ist. Und heute haben wir doch den achtzehnten Mai.
    – Ja freilich, Madame.
    – Und es wird bald halb elf Uhr sein.
    – In zehn Minuten.
    – Nun, er soll nicht etwa glauben, meine Geduld erschöpfen zu können. Ich halte hier den ganzen Tag aus und wenn nötig noch länger!«
    Die Dienerschaft des Hotels am Konstitutionsplatze hätte heute das Hin-und Hergehen der jungen Frau ebenso beobachten können, wie vor zwei Monaten die Ungeduld des Reiters, der diese damals erwartete, um sich mit ihr zu dem Richter und Standesbeamten zu begeben. Jetzt freilich dachten alle, Männer, Frauen und Kinder, an ganz andere Dinge… an etwas, woran in ganz Whaston Mrs. Stanfort als die einzige nicht dachte. Alle andern hatten nur das wunderbare Meteor im Kopfe und sprachen über seinen Lauf am Himmel, sowie von seinem allerdings für verschiedene Tage prophezeiten Sturz auf die Erde. Die auf dem Konstitutionsplatze versammelten Gruppen, die Portiers an den Hoteltüren… niemand bekümmerte sich um die Anwesenheit der Mrs. Stanfort.
    Wir wissen nicht, ob der Mond, wie es der Volksglaube bezüglich der Mondsüchtigen annimmt, auf das Gehirn des Menschen einen

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