Die Jagd nach dem Meteore
statt. Man begann damit, die Frage Forsyth-Hudelson ganz von den Verhandlungen auszuschließen, was übrigens nicht mehr als fünf Minuten in Anspruch nahm. Die beiden Herren, die eigens nach der Bundeshauptstadt gereist waren, bemühten sich vergeblich, Gehör zu erlangen. Man wies ihnen aber hier wie unwillkommenen Eindringlingen einfach die Tür. Nun stelle man sich ihre Wut vor, als sie nach Whaston zurückkamen. Wahrheitsgemäß müssen wir freilich sagen, daß ihre Klagen ohne Erfolg blieben. In der Presse, die ihnen so lange Weihrauch gestreut hatte, fand sich kein einziges Journal. das für sie eingetreten wäre. Man hatte sie ja früher genug gefüttert mit einem »hochgeehrten Bürger Whastons«, mit einem »genialen Astronomen« und einem »ebenso hervorragenden wie bescheidenen Mathematiker«. Jetzt blies man eine andre Tonart.
»Was hatten die Phantasten überhaupt in Washington zu suchen?… Sie waren zwar die ersten gewesen, die das Auftauchen des Meteors gemeldet hatten, doch was weiter?… Verlieh ihnen dieser glückliche Zufall irgendwelche Rechte? Hatten sie etwas mit dessen Herabfallen zu tun?… Wahrlich, man hatte nicht die geringste Veranlassung, über so lächerliche Ansprüche ein Wort zu verlieren!« so lautete es jetzt in der Lokalpresse.
Sic transit gloria mundi!
Nach Erledigung dieser Frage begannen die ernsten Verhandlungen der Vorkonferenz.
Mehrere Sitzungen widmete man da der Aufstellung der Liste derjenigen selbständigen Staaten, die zur Teilnahme an der Konferenz berechtigt sein sollten. Viele von ihnen hatten in Washington keinen beglaubigten diplomatischen Vertreter. Es handelte sich deshalb darum, das Prinzip ihrer Berechtigung zur Mitarbeit unentschieden zu lassen bis zu dem Tage, wo die Konferenz ihre entscheidenden Verhandlungen beginnen würde. Die Aufstellung jener Liste ging nicht so glatt ab und die Verhandlungen darüber wurden bisweilen so lebhaft, daß man wegen der Zukunft besorgt werden konnte. So erhoben z. B. Ungarn und Finnland den Anspruch, unmittelbar vertreten zu sein, ein Anspruch, gegen den die Kabinette von Wien und Sankt Petersburg einen scharfen Protest erhoben. Anderseits bestand eine Uneinigkeit zwischen Frankreich und der Türkei wegen Tunesiens, deren Ausgleichung durch die persönliche Einmischung des Beys noch weiter erschwert wurde. Japan war wieder mit den Ansprüchen Koreas unzufrieden. Kurz, die Mehrzahl der Nationen stieß auf ganz ähnliche Schwierigkeiten, und nach sieben aufeinanderfolgenden Sitzungen war man noch zu keiner Entscheidung gekommen, als am 1. Juni ein unerwarteter Zwischenfall eine neue Erregung der Allgemeinheit veranlaßte.
Wie er versprochen hatte, gab J. B. K. Lowenthal jeden Tag von dem Meteor in Gestalt kurzer Noten in der Presse Nachricht. Bisher hatten diese Meldungen nichts Außerordentliches enthalten. Sie beschränkten sich darauf, aller Welt mitzuteilen, daß die Bewegung des Meteors noch immer kleinen Veränderungen unterliege, die zusammengenommen zwar dessen Herabfallen immer wahrscheinlicher machten, es jedoch noch keineswegs als gewiß ansehen ließen.
Die am 1. Juni veröffentlichte Mitteilung unterschied sich aber wesentlich von den früheren. Es schien wirklich so, als ob die Störungen der Feuerkugel ansteckend wirkten, denn J. B. K. Lowenthal zeigte sich jetzt selbst in ähnlicher Weise gestört.
»Nicht ohne wirkliche Erregung, schrieb er an genanntem Tage, bringen wir die seltsamen Erscheinungen zur öffentlichen Kenntnis, deren Zeugen wir gewesen sind, Tatsachen, die auf nichts Geringeres hinauslaufen als auf eine Erschütterung der Grundlagen, worauf die astronomische Wissenschaft, d. h. die Wissenschaft überhaupt, beruht, denn die menschlichen Kenntnisse bilden ein solidarisch verbundenes Ganzes. Wie unerklärt und unerklärlich jene Erscheinungen aber auch sind, können wir doch deren unwidersprechliche Gewißheit nicht verkennen.
Unsre frühern Mitteilungen haben das Publikum davon benachrichtigt, daß die Bewegung der Feuerkugel ununterbrochen einander folgende Störungen erfahren hat, deren Ursache und Gesetz zu erkennen bisher unmöglich gewesen ist. Das ist eine höchst abnorme Erscheinung. Der Astronom liest sonst im Himmel wie in einem Buche, und im allgemeinen geht dort nichts vor, was er nicht vorhergesehen hätte oder dessen Resultate er mindestens nicht hätte voraussagen können. So treten z. B. die Finsternisse, die schon Jahrhunderte vorher angekündigt waren, mit der bestimmten
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