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Die Jagd nach Millionen

Titel: Die Jagd nach Millionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David C. Murray
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Gesinnung aus seinem Blick.
    »Ich fühle wohl,« sagte er in
bedeutend freierem Ton, »daß Sie es gut mit mir
meinen und meinem Wort bis auf einen gewissen Grad trauen. Ich bin
jetzt im Unglück, aber mein Verhalten und meine
Gründe dafür mögen gerechtfertigt werden.
Wenn das geschieht und wenn ich die Freiheit wiedererlange, so mag dies
Silberstück« – er ließ es
über den Tisch rollen – »immerhin noch
etwas zu bedeuten haben und mich in stand setzen, Ihnen nicht nur mit
Worten zu danken.«
    »Gut, daß Sie sich diesen Trumpf bis zuletzt
aufgespart haben, Herr Harcourt!« warf Prickett lachend hin.
»Denn das ist ja nichts mehr und nichts weniger als ein
Bestechungsversuch! Meinen Sie nicht, wir sollten jetzt zum
Schluß kommen? Darf ich einen Wagen herbeirufen?«
    Prickett trat vor die Hausthüre und ließ mit
Hilfe seines Hausschlüssels einen fachmännisch
schrillen Pfiff ertönen. Er wartete dann noch den Erfolg
seines Kunststücks, die Ankunft einer Droschke,
draußen ab, um Vater und Tochter eine längere Frist
zum Abschied zu gönnen, ein Zartgefühl, das ihm
selbst beinahe unheimlich vorkam, und das ihn sogar
veranlaßte, seine Rückkehr ins Zimmer durch ein
vorsichtiges Klopfen anzumelden. Die beiden hielten sich noch
umschlungen, als er eintrat, trennten sich aber willig.
    »Leb' wohl, mein Herzenskind! Wir werden ja
voneinander hören. – Herr Prickett, ich
übergebe Ihnen mein Kind als ein heiliges Pfand!«
    »Hat sich was mit der Heiligkeit!« rief
Prickett mit gutmütigem Spott. »Sie soll gut
behütet werden, da braucht's gar keine Beschwörungen.
Hier hinaus, Herr Harcourt...«
    Die beiden Männer stiegen ein und fuhren davon.

Achtes Kapitel
    In der Nacht, die auf diesen wichtigen Tag folgte, sollte der
Exgewaltige, der geriebene, schlaue, gewitzigte, kühne
Inspektor Prickett, der Schrecken aller Schurken in London, zur
tiefsten Demütigung seines ganzen Lebens erwachen.
    Er befand sich in pechschwarzer Finsternis; er war an den
Fußknöcheln und an den Knieen, an den Handgelenken
und an den Ellenbogen gefesselt, und sein Blut sauste und schwirrte in
dem wahnsinnig schmerzenden Kopf. Im übrigen befand er sich in
einem Bett, und die Berührung mit der Wange ließ ihn
erkennen, daß dessen Bezug aus feiner Leinwand bestand. Dies
war aber auch die einzige Beobachtung, die er anzustellen vermochte,
bis er von der Straße herauf Hufschlag und
Räderrollen vernahm. Er konnte daraus erkennen, daß
er sich in einem hochgelegenen Vorderzimmer befand und daß die
Straße mit Asphalt belegt war.
    Jetzt versuchte er's mit dem Nachdenken, aber sein Gehirn
versagte eine geraume Weile den Dienst. Nur seine Kopfschmerzen und
seine Fesseln waren Gewißheit für ihn.
Wahrscheinlichkeit war, daß er sich noch in London befand.
Allmählich lichtete sich's ein wenig in ihm und er konnte sich
auf einiges besinnen – viel war's freilich nicht. Er war die
Gowerstraße entlang gegangen, die zwar heute nicht mehr zu den
vornehmen zählt, aber doch einem höchst
anständigen, ruhigen Quartier angehört und die jeder
Londoner zu den sichersten rechnen würde. Einer der ersten
Herbstnebel war gefallen, nicht so dicht, daß man sich nicht
mehr ausgekannt hätte, aber immerhin dick genug, daß
die Wagen gespenstisch an einem vorüberhuschten und man die
Häuser auf der andern Seite der Straße nicht
erkannte. Er nahm auch zu an Dichtigkeit, und es wurde dabei so kalt,
daß Prickett stehen blieb, um seinen Ueberzieher
zuzuknüpfen. Er entsann sich jetzt, einen raschen Schritt
hinter sich gehört zu haben – dann ein
betäubender Schlag, Schwindel, tanzende Feuerfunken
– das war alles.
    Die Thatsache ließ sich nicht wegleugnen. Er war auf
offener Straße überfallen, zu Boden geschlagen und
geknebelt worden, er, der Inspektor Joseph Prickett. Das erste, was ihm
völlig zum Bewußtsein kam, war der gallenbittere
Geschmack dieser Demütigung. Wenn das einem andern
zugestoßen wäre, würde er sich kaum
gewundert haben, denn in einer Stadt wie London geschehen derartige
außerordentliche Dinge mehr als einmal im Jahr, und er hatte
so oft damit zu thun gehabt, daß sie ihm ganz
alltäglich vorkamen. Aber daß er – er
– Joseph Prickett in dieser Weise hatte behandelt werden
können, das war erstaunlich, so erstaunlich, daß man
den Verstand darüber verlieren konnte! Er war sich ja wohl
bewußt, Hunderten von Menschen während seiner

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