Die Jagd nach Millionen
sah er ein, daß
jeder Widerstand unnütz gewesen wäre.
Prickett fuhr mittlerweile nach Hause und entdeckte sofort
seinen neuen Bekannten, der in der Nähe seiner Wohnung auf und
ab ging.
»Sie sind Hans Harcourt,« begann Prickett,
nachdem er ausgestiegen war, »zeitweise Jakob Walter oder
Johann Hardy?«
»Mein Name ist Harcourt,« versetzte der alte
Herr, in der Sprache wie im Aeußern ein gebildeter Mann, der
Pricketts barsches Wesen peinlich zu empfinden schien.
Die beiden traten zusammen ins Haus und in Pricketts Zimmer.
»So, jetzt reden Sie und ich will hören.
Eine junge Person, die sich Ihre Tochter nennt, hat mir eine lange
Geschichte erzählt.«
»Die junge Dame ,«
sagte der Gast mit Nachdruck, » ist meine
Tochter.«
»Nun möchte ich diese Geschichte auch von
Ihnen hören.«
»Was wünschen Sie zu wissen?«
»Die junge Dame hält sich unter einem
Vorwand hier auf. Sie hat mir Gründe dafür angegeben
– nun möchte ich hören, wie Sie die Anwesenheit
Ihrer Tochter in diesem Haus erklären.«
»Hat sie Ihnen von dem Menschen erzählt, der
mich heut verfolgte und mit dem Sie sprachen?«
»Sie brauchen sich gar nicht darum zu
kümmern, was sie mir erzählt hat,« sagte
Prickett im Tone, wie man ein ungebärdiges Kind beschwichtigt.
»Sie ist hier und ist in Gefahr, das allein haben Sie zu
bedenken. Wie kam sie hierher? Was will sie hier?«
Es kostete geraume Zeit, den alten Herrn zum Reden zu bringen;
was er aber schließlich sagte, stimmte genau mit der Aussage
der Tochter überein.
»Nach dem, was Sie mir sagen, werden Sie also in den
Vereinigten Staaten von den Behörden gesucht?« fragte
Prickett.
»Ich will die Wahrheit nicht bemänteln
– ich werde steckbrieflich verfolgt.«
»Und Engel nicht?«
»Selbstverständlich, er auch.«
»So so, selbstverständlich. Sie sind Ihrer
Meinung nach unschuldig, verstecken sich aber trotzdem und lassen sich
von einem offenkundigen Dieb und Betrüger wie Engel verfolgen
und ängstigen?«
»Er hat ein solches Lügennetz um mich
gesponnen, daß ich ganz hilflos bin!« rief der arme
Mann.
»Ja, hilflos sind Sie freilich,« bemerkte
Prickelt wegwerfend, »das brauchen Sie mir nicht erst unter
die Nase zu reiben! Wie wär's aber, wenn Sie nach Amerika
zurückkehrten? Haben Sie die Mittel, Ihren Gläubigern
gegenüber zu treten?«
»Nein, ich bin ein Bettler,« sagte Harcourt
mit zuckendem Gesicht und thränenfeuchten Augen. »Von
meinem ganzen Vermögen habe ich fünfhundert Pfund
gerettet. Ist die Summe verbraucht, so weiß ich nicht, was aus
mir werden soll. An mir ist wahrhaftig nicht viel gelegen. Ich war ein
schwacher, thörichter Mensch und muß dafür
büßen, aber was soll aus meiner Tochter
werden?«
»Falls Sie von mir Rat annehmen,« sagte
Prickett, »so stellen Sie sich den Gerichten und lassen dem
Prozeß seinen Lauf. Machen Sie genaue Angaben über
Engels Verfahren – dann brauchen Sie sich wenigstens nicht
mehr zu verkriechen.«
»Das kann ich nicht, das kann ich nicht!«
klagte der Unselige. »Ich habe keinerlei Beweismittel gegen
ihn. Der Mann ist ein Teufel an Schlauheit – jetzt sehe ich
klar, aber damals habe ich ihm vertraut ...«
Die Worte kamen stoßweise heraus, die Stimme klang so
matt und mutlos, daß den Hörer etwas wie Mitleiden
beschlich.
»Jedenfalls kenne ich meine Pflicht,«
erklärte Prickett. »Ich habe mein Leben im Dienst der
Gerechtigkeit verbracht und weiß, was ich zu thun habe
– ich muß Sie angeben.«
»Sind Sie Vater, Herr Prickett?« fragte
Harcourt einfach.
»Gott sei Dank, nein,« entfuhr es Prickett.
»Ja, Sie mögen Gott wohl dafür
danken,« seufzte der andere, in sich zusammensinkend.
»Ich weiß, was ich zu thun habe,«
wiederholte Prickett, aber es lag eine merkwürdige
Unsicherheit in seinem Ton, »was ich wenigstens hatte thun
müssen, wenn ich zwei Monate früher von der Sache
erfahren hätte – doch nein! Daran hat sich gar
nichts geändert. Es ist Pflicht jedes Bürgers, dem
Gesetz zur Erfüllung zu helfen, geschweige denn eines Mannes,
der so lange sein Brot gegessen hat! Herr Harcourt, ich muß
der Londoner Polizei Ihren Aufenthalt angeben und von der Ihrer eigenen
Aussage nach über Ihnen schwebenden Anklage Mitteilung machen.
Ich bin jetzt fest entschlossen dazu, aber ich gebe Ihnen noch einmal
den Rat – stellen Sie sich selbst den Gerichten. Ich werde
mit Ihnen gehen, mich für Sie verwenden und dafür
Weitere Kostenlose Bücher