Die Jagdgesellschaft von Billingshurst
hervor und entzündete sie. So saÃen wir noch eine gute Stunde zusammen und plauderten über vergangene Zeiten, kamen aber nicht mehr auf die Ereignisse zu sprechen, die uns nach Billingshurst geführt hatten.
Dienstag, 14. April
Die Autopsie der Kronzeugin
Als ich am kommenden Morgen aufstand, war mein Gefährte bereits von einem Spaziergang zurückgekehrt. Er brachte eine feuchte Kühle mit in unser Zimmer und war bester Laune. Holmes, der ja nur in Phasen geistiger Aktivität Exkursionen dieser Art unternahm, war so aufgeräumt, dass es mir geradezu merkwürdig vorkam.
»Was ist los mit Ihnen, Holmes? Haben Sie zu allem auch schon gefrühstückt?«
Er grinste in mein noch verschlafenes Gesicht und wies den Gedanken an ein Frühstück entschieden zurück.
»Essen behindert die genaue Beobachtung, Watson. In solchen Momenten macht es einen träge und bequem. Ich freue mich darauf, diese Autopsie durchzuführen. Sie wird mir, so hoffe ich, weitere Ergebnisse für meine Monographie liefern und für unseren Fall fundamentale Informationen zutage fördern.«
Wir hatten uns für halb neun mit Luton vor unserer Herberge verabredet, von wo aus wir zur Leichenhalle gebracht werden sollten. Holmes schien mir entschieden zu begeistert, eine Autopsie durchführen zu wollen, ohne ein herzhaftes Frühstück genossen zu haben.
»Holmes, können wir diese Konversation fortführen, nachdem ich meine Morgenmahlzeit eingenommen habe? Mir scheint, die Untersuchung einer halb verwesten Leiche ist nicht unbedingt ein geeignetes Thema beim Aufstehen.«
Er sah mich verständnislos an, drehte sich um und verlieà das Zimmer. So hatte ich nun wenigstens Zeit für meine Morgentoilette und konnte ein den folgenden Aufgaben angemessenes Frühstück zu mir nehmen. Pünktlich um halb neun stand ich vor unserer Herberge. Sergeant Luton kam, wie auch Holmes, ein paar Minuten später, dann fuhren wir gemeinsam zum Leichenschauhaus nach Horsham. Hier wurden wir einem älteren, etwas gequält aussehenden Dr. Archer vorgestellt, dem zuständigen Pathologen. Als wir auf dem Weg zur Leichenhalle waren, trug dieser uns seine Ergebnisse vor.
»Die Person war etwa 45 Jahre alt, weiblich und lag wohl bereits seit etwa zwei Monaten in Drummonds Garten. Sie wurde durch einen Schlag mit einem stumpfen Gegenstand auf den Hinterkopf ermordet, ihr Schädel wurde durch die Wucht des Schlages stark in Mitleidenschaft gezogen. Sie scheint keine körperliche Arbeit verrichtet zu haben. AuÃerdem ist sie ohne Ring oder andere persönliche Gegenstände gefunden worden. Ansonsten konnte ich keine weiteren Besonderheiten feststellen.«
Holmes nickte abwesend, doch schien er nicht gerade beeindruckt von dem, was ihm Archer berichtet hatte. Als wir zur Leiche gelangten, veränderte sich sein Verhalten plötzlich, er war nicht mehr ansprechbar. Mein Gefährte erinnerte an einen witternden Spürhund, lief zweimal recht zügig um die Tote auf dem Seziertisch herum, blieb dann hinter dem Schädel stehen, zog seine Lupe hervor und betrachtete die Kopfwunde.
»Ja, Archer, ich denke, die Todesursache ist zweifelsohne der Schlag gewesen. Wären Sie so freundlich und würden mir eine Pinzette und eine Schale reichen? Es stört Sie doch nicht, wenn ich etwas extrahiere?«
Der Pathologe verneinte und reichte Holmes die Utensilien. Es dauerte ein paar Minuten, bis er zwei Maden in die Schale befördert hatte.
»Die Dame war Rechtshänderin, las wahrscheinlich viel und war ziemlich kurzsichtig. Sie scheint recht wohlhabend gewesen zu sein, betrachtet man die wenigen fleischlichen Hinweise, die uns der Körper noch bietet. Sehen Sie, Archer, die Fingernägel waren sehr gepflegt, ihre Zähne wurden mehrfach behandelt. Ein Blick auf den Nasenhügel zeigt, dass die Dame schon seit ihrer Jugend eine schwere Brille getragen haben muss. Beachten Sie die Tiefe der Augenhöhlen. Und die noch sichtbare Muskulatur des rechten Arms ist deutlich stärker ausgebildet als am linken Arm.«
Holmes bat sich noch mehr Zeit aus, um die Tote sowie die extrahierten Tiere eingehender untersuchen zu können. Wir verabredeten uns für den späten Nachmittag zum Tee in der Wirtsstube der Herberge. Ich verbrachte meinen Tag mit einem langen Spaziergang, kehrte am Mittag in einer Wirtschaft in Kensington ein und kam schlieÃlich zur verabredeten Zeit in
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