Die Jagdgesellschaft von Billingshurst
unsere Herberge zurück, wo mich Holmes bereits erwartete. Er sah erschöpft aus, war aber voller Tatendrang und begann, noch bevor ich richtig Platz genommen hatte, von seinen Beobachtungen zu berichten.
»Watson, die Person ist zwar schon seit etwa zwei Monaten tot, aber unser Pathologe hat einen wesentlichen Aspekt übersehen, denn man hat sie erst vor relativ kurzer Zeit bei John Drummond im Garten vergraben. AuÃerdem wurde die Person nicht in der Gegend von Billingshurst ermordet. Dafür gibt es einen klaren Hinweis, doch will ich noch ein Experiment abwarten, das mir genauere Informationen verschaffen wird. Unser Mr. Archer mag vielleicht gewissenhaft erscheinen, aber er ist es keineswegs.«
»Was ist das für ein Experiment?«
»Wenn ich die Fakten zusammen habe, werden Sie es erfahren. Ich habe so eine Ahnung. Wir sollten uns erst mal ein wenig ausruhen und dann zu Abend essen.«
Nach dem Essen gingen wir auf unser Zimmer und beendeten dort bei einem Brandy den Abend. Holmes saà noch lange in Gedanken versunken da und rauchte eine Pfeife nach der anderen. Im Zimmer war es kaum zu ertragen, aber er lieà sich nicht davon abhalten. Eines war für mich ziemlich deutlich geworden, es gab mit Ausnahme der Leiche keinen greifbaren Anhaltspunkt für die Lösung des Falls. Ich war mit meinen eigenen Ãberlegungen nicht weitergekommen. Die ganze Situation war überaus verworren, vor allem die Schwierigkeit, wie man die Fährte des Mörders aufnehmen wollte, schien mir unlösbar. Selbst Holmes hatte zugegeben, dass ohne ein wenig Fortune bei der Leichenuntersuchung kaum mehr eine Möglichkeit bestanden hätte, die Spur des Täters aufzunehmen. Nur, wo gedachte er jetzt anzusetzen? Er hüllte sich in Schweigen. Immer wieder, wenn ich ihm neue Ideen unterbreitete, brummte er nur und wies sie zurück.
Mittwoch, 15. April
Die Jagdgesellschaft
Am kommenden Morgen machten wir uns auf, um die Mitglieder der Jagdgesellschaft zu befragen. Wir beschlossen, morgens Sir Thomas Winston und Andrew Whitelane, nachmittags dann Dr. August Franklin und Timothy Manrow einen Besuch abzustatten. Da die gesamte Jagdgesellschaft zur Zeit der Entdeckung des Körpers vor Ort gewesen war, stellte sie neben der Leiche unsere wichtigste Informationsquelle dar. Als wir bei Sir Thomas Winston ankamen, wurden wir von seinem Butler in Empfang genommen. Der Morgen war herrlich, eigentlich zu warm für diese Jahreszeit, und die Sonne stand hoch am Himmel. Wir wurden zur Terrasse hinter dem Haus gebracht und dort vom Hausherrn begrüÃt. Er war ein ruhiger, kultivierter Herr in den Fünfzigern, schlank, elegant gekleidet und in bester physischer Verfassung.
»Mr. Sherlock Holmes und Dr. Watson. Sehr erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen. Darf ich Sie zu einem Kaffee an meinen Tisch bitten?«
Wir folgten seiner Aufforderung und setzten uns zu ihm an den Gartentisch. Holmes schien ausgelassener Stimmung zu sein.
»Sie wissen, warum wir hier sind?«
»Ich denke, dass das leicht zu erraten ist. John Drummond wird Sie beauftragt haben, ihn aus dieser misslichen Lage zu befreien. Haben Sie denn schon etwas herausfinden können?«
»Wir haben einige Hinweise, aber es ist noch zu früh, um von einer Wende zum Positiven sprechen zu können. Ich möchte Ihnen ein paar Fragen stellen.«
»Aber bitte.«
»Sir Thomas, am Tag des Leichenfundes, ist Ihnen da im Anschluss an die Jagd vielleicht etwas Ungewöhnliches aufgefallen? Verhielt sich einer der Teilnehmer oder Ihr Gastgeber in irgendeiner Weise merkwürdig oder war nervös?«
»Nein, Mr. Holmes. John war guter Dinge, nichts deutete auf irgendwelche Probleme hin. Der Fund der Leiche war für uns völlig überraschend.«
Sir Thomas wies eine Bedienstete an, Holmes und mir den Kaffee zu reichen. Ich fragte ihn, ob er sich vorstellen könne, wer die Person war, die in Drummonds Garten gefunden wurde. Er verneinte, auch vermisse er niemanden aus seinem Bekanntenkreis. In der unmittelbaren Gegend um Billingshurst sei ihm kein Fall einer verschwundenen Person bekannt. Strutton hatte diesbezüglich Nachforschungen angestellt und war zu dem gleichen Ergebnis gelangt, worüber wir von Luton am heutigen Morgen informiert worden waren. Die Suche würde nun Schritt für Schritt ausgedehnt werden.
»Sir Thomas, könnten Sie sich vorstellen, wer John Drummond in eine solche Situation
Weitere Kostenlose Bücher