Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Jagdgesellschaft von Billingshurst

Die Jagdgesellschaft von Billingshurst

Titel: Die Jagdgesellschaft von Billingshurst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Jackob
Vom Netzwerk:
verabschieden. Just in diesem Moment fing er an, über den Stand seiner Ermittlungen zu sprechen: »Selbst in einem Fall wie diesem, der sich durch eine geringe Anzahl von Hinweisen auszeichnet, gibt es unter bestimmten Voraussetzungen eine sichere Methode, sowohl den Ort des Verbrechens als auch den Todeszeitpunkt eines nicht identifizierten Opfers herauszufinden. Zum einen sind der Verwesungszustand und zum anderen diese Larven sowie das tote Kerbtier, die ich aus der Toten extrahiert habe, sehr aufschlussreich. Der Eintritt des Todes sollte bis auf einen oder zwei Tage genau bestimmt werden können. Ebenso wie der Zeitpunkt, an dem die Leiche in Billingshurst vergraben wurde.«
    Holmes sah mich an und wartete auf eine Reaktion meinerseits.
    Â»Wie wollen Sie anhand einer halb verwesten Leiche und ein paar Insektenlarven den Todeszeitpunkt so exakt bestimmen? Sie wissen doch noch nicht einmal, wo die Person ermordet wurde. Abgesehen davon ist diese Art der Untersuchung geschmacklos und moralisch betrachtet einfach inakzeptabel. An Parasiten zu arbeiten, die man Toten entnommen hat, geht mir persönlich ein wenig zu weit.«
    Ich antwortete ganz nach seiner Erwartung. Auf diese Weise gab ich ihm die Gelegenheit, seine gesammelten forensischen Kenntnisse vor mir auszubreiten. So konnte ich mich trotz seiner in Momenten unerträglich überheblichen Art an seinem außerordentlichen Wissen erfreuen. Zudem blieb mir so eine weitere Diskussion erspart. Holmes wies meine Bemerkung über die Parasiten als unkorrekt zurück und beschränkte sich darauf, seine Sicht der Beziehung zwischen Mord und Moral zu erläutern.
    Â»Sie wissen, dass ich Moral schon immer unter einem eher privaten als staatstheoretischen Gesichtspunkt betrachtet habe. Und Ihre Bemerkung bezüglich der Geschmacklosigkeit kann ich nur als höchst sekundär zurückweisen.«
    Ich grinste vor mich hin, auch wenn ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen. Holmes fuhr mit seinen Ausführungen unverdrossen fort.
    Â»Die Polizei behandelt staatstheoretische oder moralische Fragen nicht immer in meinem Sinne. Da ich kein Beamter dieses Apparates bin, erlaube ich mir deshalb, in bestimmten Fällen meine Schlüsse und Folgerungen für mich zu behalten. Moral ist immer eine relative Größe, abhängig von unterschiedlichen Faktoren wie dem Staatssystem, der Religionsauffassung oder der kulturellen Eigenheit in einer Gesellschaft. Ich setze daher ab und an persönliche Motivationen über staatliche Richtlinien. Ich versuche, in jedem Fall die Wahrheit herauszufinden, doch ob sie dann letztendlich ans Licht kommen muss? In unserem Falle geht es darum, John Drummond vor dem Strick zu bewahren und dazu ist mir jedes Mittel recht. Ganz zu schweigen davon, dass uns Inspektor Strutton beinahe so viele Probleme bereitet wie der Täter. Natürlich ist es auch eine Frage des professionellen Ehrgeizes, der einen antreibt. Sie als Arzt sollten ein etwas anderes Verhältnis zu verwesenden Körpern haben.«
    Â»Holmes, das habe ich auch. Letztlich geht es Ihnen doch aber vor allem um die persönliche Genugtuung, den Fall zu lösen. Das können Sie unmöglich einfach abstreiten.«
    Â»Nicht ganz, Watson, nicht ganz. Übrigens war die kleine schauspielerische Einlage eben recht beachtlich für Ihre Verhältnisse.«
    Ich war einfach zu erschöpft, um nun eine Diskussion mit ihm zu führen und legte mich hin. Als ich nach ein paar Stunden erholsamen Schlafes erwachte und in den gemeinsamen Wohnraum trat, war Holmes nicht da, doch hörte ich merkwürdige Summgeräusche, die aus der Richtung des Arbeitstisches herüberklangen. Als ich hinübergehen wollte, fand ich auf dem Beistelltisch am Kamin einen an mich gerichteten Zettel, worauf mich Holmes anwies, die unter einem Brotnetz gefangenen Fliegen nicht anzurühren oder gar zu befreien. Reichlich irritiert bat ich Mrs. Hudson, mir Tee zu bringen und begab mich zu Holmes’ Arbeitsplatz. Unter dem Brotnetz waren zwei Fliegen verschiedener Arten zu sehen, die wohl, während ich geschlafen hatte, aus den Larven geschlüpft waren. Eine schien eine Graue Fleischfliege, eine
Sarcophaga carnaria
, zu sein, die andere war wohl eine gemeine Schmeißfliege. Weiterhin sah ich verschiedene Typen Erde und Sand in unterschiedlichen Petrischalen auf dem Tisch. Kurze Zeit später brachte Mrs. Hudson mir den Tee, konnte sich aber kaum

Weitere Kostenlose Bücher