Die Jagdgesellschaft von Billingshurst
entschied ich mich dafür, die reizvolle Vegetation zu bewundern und die Toten, Verschwundenen und Vermissten erst einmal sich selbst, beziehungsweise Sherlock Holmes zu überlassen. Nach einer guten Weile drehte ich mich zu Holmes um, der ausgestreckt auf seiner Sitzbank lag und das Deckenmuster unseres Abteils fixierte.
»Wie können Sie nur einen klaren Gedanken fassen, wenn Sie eine den Blick versperrende Wand anstarren?«, fragte ich ihn.
»Watson, Sie kennen doch Hamlets Ausspruch, dass man aus einer Nussschale die gesamte Welt herauslesen könne. Warum die Welt bewandern, wenn ein kleiner Schritt nach innen alle Antworten birgt? Sie müssen nur beobachten und analysieren.«
»Aber passen Sie auf, dass es Ihnen nicht wie dem einbeinigen Zinnsoldaten ergeht.«
»Keine Angst, lieber Freund. Ich bin in meiner Nussschale schon weit gereist und glauben Sie mir, diese Fahrt habe ich schon ein paar Mal gemacht.«
Er vertiefte sich wieder in sein Deckenmuster, und ich wandte meinen Blick erneut den Schönheiten der Landschaft von Sussex zu.
Als wir nach einer geruhsamen und angenehmen Reise Seaford erreichten, wurden wir am Bahnsteig von Inspektor Johnson begrüÃt. Holmes hatte mit ihm den Fall der verschwundenen Bahnschranke gelöst, bei dem sich der Inspektor als engagiert und begabt gezeigt hatte. Nur zu gerne war er bereit, meinem Gefährten die in seiner Macht stehende Hilfe zu gewähren. Vom Bahnhof aus ging es auf direktem Weg zu einem Haus in die Surrey Road, zu einem Mr. Edward Miles, der dort Nachmieter einer gewissen Martha Sims war. Unsere Fahrt führte uns hinunter zum Strand und von dort aus in eine der ParallelstraÃen der Promenade. Dort lag das zweistöckige Wohnhaus, in dem Mr. Miles in einem ansehnlichen Apartment im zweiten Stock logierte. Wir stellten uns kurz vor, und Holmes bat darum, sich in der Wohnung umsehen zu dürfen. Edward Miles schien erst ein wenig irritiert, aber Inspektor Johnson konnte ihn von der Notwendigkeit der Untersuchung überzeugen. Mein Gefährte widmete seine Aufmerksamkeit erst der Küche, dann den beiden Wohnräumen und schlieÃlich dem Bad und dem Schlafzimmer. Nach etwa 20 Minuten stieà er wieder zu uns. Johnson hatte in der Zwischenzeit unseren Mr. Miles mit allerlei Fragen zu seiner Person und dann auch über Miss Sims behelligt, aber es schien unzweifelhaft, dass er sie nicht gekannt hatte. Miles war erst vor vier Wochen unerwartet von London abgezogen und nach Seaford versetzt worden, worüber er nicht gerade erfreut war. Holmes interessierte sich auch für unseren Gastgeber, obwohl mir das nicht unbedingt einleuchtete, war er doch mehr oder minder zufällig und erst vor Kurzem hierher gekommen.
»Mr. Miles, könnten Sie mir ein paar der Gegenstände nennen, die Ihnen von Ihrer Vormieterin zurückgelassen wurden?«, fragte ihn der Detektiv.
»Die Möbel stammen gröÃtenteils aus dem Bestand der Landlady, jedoch fast der komplette Bestand der Küchengeräte, der Spiegel im Flur und auch der sehr schöne Schrank im Schlafraum sind von meiner Vormieterin. Sie wundern sich sicherlich, warum ich das alles so genau weiÃ, doch bei älteren Landladies erfährt man so einiges, ob man es nun wünscht oder nicht.«
»Was ist mit der Vase auf der Anrichte im Eingang?«
»Die Vase gehört ebenfalls dazu. Sie ist wirklich ein schönes Stück, die alte Dame will sie allerdings in den nächsten Tagen abholen lassen.«
Holmes zog aus seiner Manteltasche eine Gabel und einen Dessertteller hervor. Er bat Mr. Miles darum, die beiden Küchenutensilien und die Vase für ein paar Tage ausleihen zu dürfen. Unser Mieter sah meinen Gefährten erstaunt an, dann blickte er zu Inspektor Johnson hinüber, der ihm aufmunternd zunickte, so dass er nach kurzer Ãberlegung einwilligte. Johnson versicherte ihm, dass er sich darum kümmern würde, die Landlady von der kurzzeitigen Ausleihe der Vase zu unterrichten. Wir verabschiedeten uns daraufhin von ihm und verlieÃen das Apartment. Auf der Treppe zündete sich Holmes eine Zigarette an und blieb bedeutungsvoll auf dem Treppenabsatz im ersten Stock stehen. Er hielt uns Gabel und Teller so entgegen, als trüge er Schild und Schwert. Die Vase hatte ich vorsichtshalber an mich genommen, auch wenn sie nach meinem Dafürhalten keinen besonderen Wert darstellte.
»Diese Serviceteile sowie die Vase
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