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Die Jahre am Weiher: Der zweite Fall für Winnie Heller und Hendrik Verhoeven (German Edition)

Die Jahre am Weiher: Der zweite Fall für Winnie Heller und Hendrik Verhoeven (German Edition)

Titel: Die Jahre am Weiher: Der zweite Fall für Winnie Heller und Hendrik Verhoeven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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Bilderbuchfamilie und seiner Vorzeigehäuslichk eit? Mit einem Kind, das überall herumsprang und vor lauter Kraft und Lebenslust nur so sprühte? Was wusste denn ausgerechnet er von sieben Jahren Kampf um eine noch so kleine Reaktion, von den verzweifelten Versuchen, das zerstörte Gehirn wieder zum Leben zu erwecken, eine Antwort zu erhalten, ein Lächeln, einen Blick? 
    Er will nur nett sein, versuchte sie sich zu beruhigen. Er war gewesen, als du die Todesnachricht bekommen hast. Er war auf Ellis Begräbnis, das du dir nur von weitem ansehen konntest, weil du es nicht ertragen hättest, an der Seite zweier gottverdammter Heuchler im Elternkostüm auf den Sarg deiner Schwester herunterzublicken. Er will einfach nur nett sein. Sich kümmern. Interesse zeigen. Das hält er nun mal für seine Pflicht als Vorgesetzter … 
    „Meine Eltern werden ganz gut damit fertig“, stieß sie hervor, bemüht, alle Gefühle niederzuringen, die in diesem Moment in ihr aufstiegen. Weitaus besser als ich, ergänzte sie in Gedanken. Aber das liegt vielleicht daran, dass meine Eltern meine Schwester schon sieben Jahre vor ihrem Tod abgeschrieben haben, wissen Sie? Gleich nachdem mein betrunkener Vater sie ins Koma gerast hatte. Laut sagte sie: „Sie haben ohnehin nicht geglaubt, dass Elli wieder …“ Sie schluckte. Ihre Kehle war plötzlich wie ausgedörrt. Warum hatte sie sich den verdammten Eistee nicht besser eingeteilt? „Dass sie … Na, Sie wissen schon.“
    Auf der anderen Seite des Tisches nickte Verhoeven, und in seinen Augen lag ein Ausdruck von Verständnis, der sie nur noch mehr aufbrachte. „Aber Sie haben das geglaubt, nicht wahr?“
    „Was?“
    „Sie waren bis zuletzt davon überzeugt, dass Ihre Schwester eines Tages wieder aufwacht, nicht wahr?“
    „ Klar.“ Schön blöd, was? Hätte Ihnen natürlich nie passieren können – schließlich sind Sie mehr der realistische Typ!
    Sie wandte den Blick ab, angeekelt von seinen ungeschickten Fragen und von dem Gespräch, das sie nicht führen wollte. Gleichzeitig lauerte sie insgeheim darauf, dass ihr Vorgesetzter weitere Fragen stellte. Fragen, die sie in Gefahr oder doch zumindest in Verlegenheit brachten.
    Doch Verhoeven schwieg.
    Irgendwann klingelte sein Handy. Er meldete sich, sprach ein paar Worte und hörte anschließend eine Weile schweigend zu. „Das Wasser in Lilli Dahls Lungen stammt aus dem See“, verkündete er, nachdem er das Gespräch beendet hatte. „Die Diatomeenkonzentration stimmt mit den Proben überein, die Dr. Gutzkows Leute genommen haben.“
    Winnie beobachtete ihre Hände, die ihren abgegessenen Teller auf dem Tisch hin und her schoben. Du musst dich unbedingt mehr zusammenreißen, dachte sie, du wirkst total neurotisch! Und hinterher wunderst du dich, wenn Mister Perfekt in deine Personalakte schreibt, dass du wie ein Schwein frisst, hypernervös bist und deutlich antisoziale Tendenzen zeigst.
    Sie warf ihrem Vorgesetzten einen feindseligen Blick zu. „Ist Ihnen eigentlich schon mal in den Sinn gekommen, dass Jasper Fennrich Lilli auch isoliert haben könnte, um sie vor ihrem Vater zu beschützen?“, fragte sie. „Immerhin war sie noch sehr jung, als sie heirateten, und ich glaube, sie erwähnt an einer Stelle auch, dass Fennrich ihr versprochen habe, sich um sie zu kümmern.“
    Verhoevens Augen nahmen einen anderen Ausdruck an. „Gute Idee“, sagte er. „Ich werde ihn danach fragen.“
    Sie zog überrascht die Augenbrauen hoch. „Sie wollen noch mal zu ihm?“
    „Ja.“
    „Heute?“
    Er nickte.
    Winnie nickte und sah an ihm vorbei zum Eingang, wo Sven Brüning gerade in Begleitung zweier seiner Mitarbeiter die Gaststube betrat und offenkundig entsetzlich schlechte Laune hatte.
    Als er Verhoeven entdeckte, kam er zielstrebig auf ihren Tisch zu. „Ist das Essen hier so gut wie das Ambiente verspricht?“, fragte er mit einem ironischen Blick auf die verstaubten Plastikblumen in den Fenstern.
    „Die Fritten sind genießbar“, antwortete Winnie betont aufgeräumt. Doch im Stillen war sie noch immer verärgert darüber, dass ihr Vorgesetzter offenbar schon wieder allein zu Fennrich wollte. War es das, was er sich unter Teamwork vorstellte? Dass sie die Laufarbeit machte, während er die wirklich interessanten Leute besuchte, Gespräche führte und Eindrücke sammelte? „Allerdings bedürfen sie einer ordentlichen Portion Mayonnaise, um das leicht holzige Aroma des alten Palmfettes zu kompensieren, dessen Allgegenwart Ihre

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