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Die Jahre am Weiher: Der zweite Fall für Winnie Heller und Hendrik Verhoeven (German Edition)

Die Jahre am Weiher: Der zweite Fall für Winnie Heller und Hendrik Verhoeven (German Edition)

Titel: Die Jahre am Weiher: Der zweite Fall für Winnie Heller und Hendrik Verhoeven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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Wie viel von dem Schlimmen brennt sich in so einen kleinen Kopf ein und hinterlässt dort eine Spur, die nicht mehr zu tilgen ist?
    Es gab Psychologen, die die These vertraten, dass es in Fällen wie diesem das Beste sei, kein Wesen um die Sache zu machen. Sein Blick glitt über das niedliche Gesicht, das nach wie vor zu ihm herübersah. Machen wir am Ende alles nur noch schlimmer?
    Kinder wissen grundsätzlich viel mehr, als man ihnen zutraut , erinnerte ihn ein imaginärer Grovius. Also worauf wartest du? Frag sie!
    „Erinnerst du dich, ob ihr in einem Auto gefahren seid, der fremde Mann und du?“ Es war die wahrscheinlichste Möglichkeit, und Corinna nickte, sobald er die Frage gestellt hatte. „Auch an dem Morgen, als der Mann dich wieder zurück in deine Tagesstätte gebracht hat?“
    Das Mädchen schlug sich die zarten Händchen vors Gesicht, und Verhoeven glaubte zuerst, dass sie Verstecken spielen wollte. Aber dann merkte er, dass hinter der Geste mehr steckte. Verstecken, dachte er. Unsichtbar machen. Dunkelheit?
    „War es noch dunkel, als der Mann dich zurückgebracht hat?“
    Nicken.
    „Hattest du Angst?“
    Nicken.
    „Seid ihr lange gefahren, bis ihr wieder bei der Tagesstätte wart?“
    Keine Reaktion.
    Zu komplex , tadelte Grovius hinter seiner Stirn. Kinder in diesem Alter haben noch kein Zeitgefühl.
    „Aber irgendwann seid ihr ausgestiegen?“
    Jetzt nickte sie wieder. Ernsthaft, auch wenn Verhoeven seine Frage im Nachhinein vollkommen blödsinnig fand.
    „Hat der Mann dir gesagt, dass du zur Schaukel gehen sollst?“
    Nein.
    „Es war deine Idee, dort auf Mama zu warten?“
    Nicken.
    Er lächelte ihr aufmunternd zu. „Das war sehr klug von dir. Die Schaukel ist ein guter Ort.“
    Corinna lächelte auch, aber ihre Augen drifteten weg.
    Verhoeven spürte, dass er ihre Aufmerksamkeit verlor. „Hat der Mann hin und wieder mit dir gesprochen?“
    Nicken.
    „Und weißt du vielleicht auch noch, was er gesagt hat?“
    „Ma-ma …”
    Verhoeven drehte sich wieder nach dem Spiegel um. „Ja doch, Mama ist gleich wieder bei dir.“
    In ihrem Blick lag jene plötzliche Strenge, die Kinder an den Tag legen, wenn sie sich unverstanden fühlen, und Verhoeven wusste, dass er einen Fehler gemacht hatte. Corinna sprach nicht von ihrer Mutter. Sie sprach von …
    „War der Mann immer allein mit dir?“
    Nicken.
    „Und hast du außer seiner Stimme noch eine andere Stimme gehört?“
    Nein.
    „Auch nicht die von einer Frau?“
    Nein.
    Nicht? War er vielleicht doch auf dem Holzweg? Was war passiert in diesen achtundvierzig Stunden? War überhaupt etwas passiert? Oder war jemand rechtzeitig gekommen, dazwischen gekommen, bevor es … Wozu kommen konnte? Hatten sie es mit einem harmlosen Spinner zu tun? Mit einem Menschen, der sich einfach gerne mit Kindern unterhielt? Der sich am Ende gar als deren Mutter ausgab? Der irgendwelche seltsamen Rollenspielchen spielte? Suchten sie nach einem Verklemmten?
    „Habt ihr etwas gespielt, der Mann und du?“
    Nicken.
    Kinder beantworten Fragen genau so, wie sie gestellt werden , erinnerte ihn Grovius.
    „Zeigst du mir, wie das Spiel ging?“
    Ihre Augen wurden noch größer. Offenbat kämpfte sie mit sich und schien zu überlegen, ob sie ihm vertrauen konnte.
    Verhoeven konnte sehen, wie das offene, kontaktfreudige Kind, das sie bis vor achtundvierzig Stunden gewesen war, mit dem verunsicherten, misstrauischen Mädchen rang, zu dem die Erfahrung plötzlichen Auf-sich- Allein-Gestellt-Seins sie gemacht hatte. Er wartete geduldig, während es um sie herum immer wärmer und stiller zu werden schien.
    Irgendwann stand Corinna auf und machte einen Schritt auf ihn zu.
    Verhoeven blieb vollkommen reglos sitzen.
    Auch dann noch, als sie sich vor ihm auf den Boden legte. Erst als sie sich das dünne Baumwollröckchen hochschob, griff er ein.
     
     
     
     
    10
     
    Als sie wieder im Auto saß, versuchte Winnie zu ordnen, was sie in Erfahrung gebracht hatte. Jasper Fennrich war verdächtigt worden, zwei Kinder entführt zu haben, und trotzdem hielten ihn die Mütter beider Mädchen offenbar für unschuldig. Mehr noch: Margo Krempinski hatte sich regelmäßig mit Fennrich getroffen, um zu reden. Angeblich, weil er ein Mensch gewesen war, der gut zuhören konnte. Zwar war Winnie schon lange genug bei der Polizei, um zu wissen, dass man den Instinkten der Opfer in Bezug auf die Täter nicht unbedingt immer trauen konnte, doch sie wagte auch nicht, Hannah Benders Aussagen zu

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