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Die Jahre der Toten: Roman (German Edition)

Die Jahre der Toten: Roman (German Edition)

Titel: Die Jahre der Toten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Z. A. Recht
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und zu mysteriös war, um die Gefahr, die sie darstellt, akkurat zu beurteilen. Hätten wir ein Team ohne hundertprozentiges Wissen ausgesandt, hätte sich ein Angehöriger dieses Teams infizieren und den Erreger bei uns einschleppen können. Nun, da wir wissen, wie er übertragen wird, können wir besser mit ihm fertigwerden.«
    » Und wie verbreitet sich der Morgenstern-Erreger von einem Wirt zum nächsten, Colonel?«
    » Nun, nicht durch die Luft. Viren wie Grippe neigen dazu, sich durch die Luft zu übertragen– was heißt, dass man sie verbreitet, indem man jemanden anhustet oder ihm ins Gesicht atmet. Wir sollten Gott, dem Glücksstern oder allem anderen, woran wir glauben, dankbar dafür sein. Der Morgenstern-Erreger wird durch Körperflüssigkeiten übertragen. Wir haben Kadaver untersucht und festgestellt, dass sich im Speichel der Überträger eine hohe Konzentration von Viren befindet, aber auch in Samen- und Vaginalflüssigkeiten. Und natürlich im Blut.«
    » Das heißt also, man kann sich diese Krankheit durch die Berührung einer infizierten Flüssigkeit zuziehen?«
    » Nicht durch jede Berührung. Theoretisch könnten Sie, sofern sie keine Schnitte oder Brüche in der Haut haben, eine Hand in infiziertes Blut tauchen. Dann bräuchten Sie es nur abzuwaschen und fertig. Aber die meisten Menschen, die mit kontaminiertem Material in Berührung kommen, nehmen die Bedrohung nicht ernst genug. Sie vergessen entweder, dass sie ihre Haut gründlich sterilisieren müssen, oder gehen davon aus, dass Wasser ausreicht. Später reiben sie sich vielleicht die Augen oder schieben sich einen Finger in die Nase– und dann haben sie sich angesteckt.«
    » Noch eine letzte Frage…« Julie nahm einen neuen Notizzettel in die Hand.
    » Okay.« Anna beugte sich leicht vor.
    » Glauben Sie, dass ein wesentliches Risiko besteht, dass der Morgenstern-Virus auch in den USA ausbrechen könnte?«
    Anna zögerte. Sie öffnete den Mund, schien etwas sagen zu wollen, sagte aber dann doch nichts. Ihr Blick huschte zur Seite und verweilte kurz dort. Dann schaute sie wieder in die Kamera.
    » Nein, Julie«, sagte sie. Ihre Stimme klang schwer und gedämpft. » Ich glaube nicht, dass wir Grund zur Sorge haben.«
    » Tja, danke, dass Sie mit uns gesprochen haben, Colonel.«
    » Es war mir eine Ehre.«
    » Das war Lieutenant Colonel Anna Demilio von der Medizinischen Forschungsabteilung der US Army. Nach einer kurzen Werbung sind wir mit den neuesten Nachrichten aus dem Krieg gegen das Morgenstern-Virus wieder da. Hier ist Julie Ortiz. Danke, dass Sie die Nachrichten auf Kanal Dreizehn anschauen.«
    Der Kameramann hob einen Finger, um Julie zu signalisieren, dass sie noch warten sollte. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht blieb sie geduldig sitzen, bis er den Finger senkte.
    » …und Ende der Sendung!«, sagte er und ließ die Kamera auf den Sockel sinken. Er nahm die Kopfhörer ab und grinste. » War ’ne schöne Sendung, Julie!«
    Julie Ortiz hörte ihm jedoch schon nicht mehr zu. Sie warf einen finsteren Blick zur Sendeleitung hinauf.
    » Was war das denn für eine Scheiße, Jim?«, fragte sie und erhob sich hinter ihrem Tisch.
    » Das war genau der Scheiß, den die Leute hören wollen, Julie«, sagte der Sendeleiter durch die Gegensprechanlage.
    » Und die letzte Frage…über den Ausbruch dieser Seuche hier bei uns…Die Antwort der Frau Doktor war doch so verlogen, dass ich nicht weiß, ob ich jetzt noch den Mumm habe, mich Journalistin zu nennen!«
    » Jetzt reicht es, Julie! Wir senden das, was die Regierung uns zu senden aufträgt! Das Letzte, was wir hier brauchen, ist eine rebellierende Nachrichtentante, die sich in den Informationsfluss einschaltet!«
    » Weißt du was, Jim?«, sagte Julie. » Sende doch das!«
    Sie zeigte ihm den Mittelfinger.
    » Du bewegst dich auf dünnem Eis, Julie«, erwiderte der Sendeleiter. » Setz dich hin, lächle, mach einen hübschen Eindruck– oder verschwinde und such dir einen neuen Job.«
    Julie knurrte vor sich hin und ließ sich langsam in den Sessel zurücksinken.
    » Ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalte«, sagte sie.
    Der Kameramann schenkte ihr einen mitleidigen Blick. » Mach dir keine Sorgen. Die Regierung weiß schon, was sie macht. Wahrscheinlich hat sie es da drüben schon unter Kontrolle.«
    Julie verzog das Gesicht. » Das würde ich wirklich auch gern glauben.«
    Suez
    31 . Dezember 2006
    20 . 43 Uhr
    Ein ständiger Fährenstrom arbeitete sich über den Suezkanal.

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