Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
Vom Netzwerk:
blonde kleine Mädchen aus, aber Kivrin hätte wetten mögen, daß sie die ältere Schwester der Kleinen war. »Shay pighte renninge ahndist eyres, Modder.«
    Wieder »Mutter«, und shay war »sie«, und pighte mußte »fallen« sein. Der Tonfall hatte irgendwie französische Anklänge, aber der Schlüssel dieser Sprache war Deutsch, wahrscheinlich Niederdeutsch. Kivrin spürte, wie gut es paßte.
    »Na traeste horr thusselwys«, sagte die ältere Frau. »Shay hathnau wunda. Hoor teres west vorniht mais gayn din pitye.«
    »Hoor ney ganfel blodic«, sagte die Frau, aber Kivrin hörte sie nicht. Sie hörte statt ihrer Übersetzung des Dolmetschers, noch unbeholfen und offensichtlich mehr als einen Takt im Rückstand, aber endlich eine Übersetzung!
    »Verhätschele sie nicht, Eliwys. Sie ist nicht verletzt. Sie weint nur, um deine Aufmerksamkeit zu heischen.«
    Und die Mutter, deren Name Eliwys war: »Ihr Knie blutet.«
    »Rossmunt, brangand oorwarsted vannekofre«, sagte sie und zeigte zum Fußende des Bettes und der Dolmetscher war ihr schon dicht auf den Fersen. »Rosemund, bring mir das Tuch von der Truhe.« Die Zehnjährige lief sofort zur Truhe am Fußende des Bettes.
    Das ältere Mädchen war Rosemund, das kleine war Agnes, und die unmöglich junge Frau mit Haube und Kopftuch war Eliwys.
    Rosemund brachte ihr einen ausgefransten Leinenstreifen, denselben, den Eliwys zuvor von Kivrins Stirn gewickelt hatte.
    »Nicht anfassen! Nicht anfassen!« schrie Agnes, und dafür hätte Kivrin nicht einmal den Dolmetscher gebraucht. Er kam noch immer nicht ganz mit.
    »Ich nehme den Stoff nur, um die Blutung zu stillen«, sagte Eliwys und nahm Rosemund den Lappen aus der Hand. Agnes versuchte ihn wegzustoßen. »Der Stoff wird dir nicht…« – es folgte eine Pause, als könnte der Dolmetscher sich nicht für ein Wort entscheiden, dann: »…Agnes.« Das fehlende Wort war offensichtlich »schaden« oder »weh tun« und Kivrin wunderte sich, daß der Dolmetscher das Wort nicht hatte und warum er nicht aus dem Zusammenhang eine Annäherung zustande gebracht hatte.
    »Hit weerd wewe don!« rief Agnes, und der Dolmetscher hinkte hinterher: »Es wird…« und ließ wieder diese Leerstelle. Anscheinend geschah dies, damit sie das tatsächliche Wort hören und ihre eigene Vermutung über seine Bedeutung anstellen konnte. Es war keine schlechte Idee, aber der Dolmetscher war so weit im Rückstand, daß Kivrin das Wort nicht hören konnte, das sie hören sollte. Wenn er es jedesmal so machte, wenn er ein Wort nicht erkannte, würde es Schwierigkeiten geben.
    »Es wird weh tun«, winselte Agnes und stieß die Hand der Mutter von ihrem Knie weg. »Es wird schmerzen«, flüsterte der Dolmetscher, und Kivrin war erleichtert, daß er jetzt doch mit etwas gekommen war.
    »Wie konntest du so fallen?« fragte Eliwys, um Agnes abzulenken.
    »Sie rannte die Treppe hinauf«, sagte Rosemund. »Sie rannte um dir zu sagen, daß… gekommen ist.«
    Der Dolmetscher ließ wieder eine Leerstelle, aber diesmal griff Kivrin das Wort auf. Gawyn, was wahrscheinlich ein Eigenname war, und der Dolmetscher war offenbar zur gleichen Schlußfolgerung gelangt, denn als Agnes schrie: »Ich wollte Mutter sagen, daß Gawyn gekommen ist«, schloß er es in die Übersetzung mit ein.
    »Ich wollte es sagen«, sagte Agnes weinerlich und vergrub das Gesicht am Hals der Mutter, die prompt die Gelegenheit nutzte, den Verband um Agnes’ Knie zu wickeln.
    »Du kannst es mir jetzt sagen«, sagte sie.
    Agnes schüttelte den Kopf, ohne ihn zu heben.
    »Du bindest den Verband zu locker, Schwiegertochter«, sagte die alte Frau. »Er wird abfallen.«
    Der Verband schien Kivrin fest genug zu sitzen, und jeder Versuch, ihn fester zu ziehen, würde offensichtlich zu erneutem Geschrei führen. Die alte Frau hielt noch immer den Nachttopf in beiden Händen. Kivrin fragte sich, warum sie nicht ging und ihn ausleerte.
    »Schhh, schhh«, sagte Eliwys, schaukelte das kleine Mädchen sanft und tätschelte ihm den Rücken. »Ich würde es gern von dir hören.«
    »Hochmut kommt vor dem Fall«, sagte die alte Frau, anscheinend entschlossen, Agnes wieder zum Weinen zu bringen. »Du bist selbst schuld, daß du gefallen bist. Du hättest nicht so rennen sollen.«
    »Hat Gawyn einen Schimmel geritten?« fragte Eliwys.
    Einen Schimmel. Konnte Gawyn der Mann sein, der ihr auf sein Pferd geholfen und sie zu diesem Haus gebracht hatte?
    »Nein«, sagte Agnes in einem Ton, der erkennen ließ,

Weitere Kostenlose Bücher