Die Jahre mit Laura Diaz
Autos und ihre Betten, um sich Eintrittskarten für die Arena leisten zu können und Manolete zu sehen. Ob das stimmt?« fragte Danton.
»Zum erstenmal gibt es wöchentlich drei Corridas auf der Plaza«, erklärte Juan Francisco. »Das hat bestimmt seinen Grund.«
Der galante Torero frequentierte die Zentren des Nachtlebens der neuen kosmopolitischen Stadt – das Casanova, das.Minuit und das Sans Souci, zusammen mit Fernanda Montel, einer Frau von Walkürengröße, die die Tiefe ihres Dekolletes durch die Höhe ihrer Frisuren ausglich, wahrhaftige Türme in blauen, grünen und rosa Farbtönen.
In Coyoacân führte der entthronte rumänische König Carol seine Pudel spazieren, er hatte einen Schnurrbart wie eine Regenwolke, Austernaugen und ein zurückweichendes Kinn, und er war mit seiner Geliebten Magda Lupescu zusammen, die sich mehr um ihre Silberfüchse als um ihren König im Exil kümmerte. An einem Tisch des Giro's im Hotel Reforma entwarf Carmen Cortina mit ihren alten Bundesgenossen – der Schauspielerin Andrea Negrete, dem Dickarsch del Rosal und der englischen Malerin Felicity Smith – Schlachtpläne, um die ganze internationale Fauna zusammenzutrommeln, die mit der Flut des Krieges nach Mexiko gekommen war. »Gott segne dich, Adolf Hitler!« flüsterte die Gastgeberin Cortina seufzend ihrer Gruppe zu, die nicht weit vom Chef des Ciro's saß, einem Zwerg mit Krawattennadel, der A.C. Blumenthal hieß und Strohmann des Hollywoodgangsters »Bugsy« Siegel war, dessen abgelegte Geliebte Virginia Hill – deren zitterndes Kinn und ausgeblichenes Haar jenen plötzlichen Trübsinn bezeugten, der manche Frauen aus Los Angeles befällt – einen Martini nach dem anderen trank, wie sie auch der Romancier John Steinbeck mit seinen Gordon's-Gin-Augen voller verlorener Schlachten seinem abgerichteten Krokodil mit einer Saugflasche einflößte. Er war für die Verfilmung seines Romans »Die Perle« nach Mexiko gekommen und übertrumpfte die prahlerischen Kühnheiten des Regisseurs Emilio »El Indio« Fernândez noch, der gern all die mit der Waffe in der Hand bedrohte, die nicht mit seinen Drehbuchideen einverstanden waren, und der in die Schauspielerin Olivia de Havilland verliebt war: Ihr zu Ehren hatte er der Straße, in der er wohnte, den Namen »Dulce Olivia« gegeben, er wohnte in einem Schloß, das sich »El Indio« mit den Gagen seiner Erfolgsfilme hatte bauen lassen – »Flor Silvestre«, »Maria Can-delaria«, »Enamorada«…
Laura Dïaz mußte ins Ciro's, weil Diego Rivera dort gerade eine Reihe von Frauenakten malte, inspiriert von seiner meteorhaften Liebe zu der Schauspielerin Paulette Goddard, einer intelligenten, ehrgeizigen Frau, die nur mit Laura sprach, um Diego demonstrativ nicht zu beachten und so zu reizen, während Laura mit einer Ironie, die so sanft war wie der Name jener Straße, in der »El Indio« wohnte, die zusammengeströmten Leute betrachtete, die sie seit fünfzehn Jahren nicht mehr gesehen hatte: Carmen Cortina und die Satelliten, die ihren Tisch aufsuchten und wieder verließen, wie den Maler Tizoc Ambriz aus Guadalajara, der sich hartnäckig, obwohl er längst die Fünfzig erreicht hatte, als Eisenbahner kleidete. Die unauslöschliche Spur der Zeit war allen Gesichtern eingeprägt, die in ihren Ambitionen unverwundbar blieben, in Wirklichkeit aber zerfressen waren wie ein Pantheon aus Wachsfiguren: Die »Bunte Kuh« Andrea war äußerst dick, der ehemals dicke und rotwangige Spanier Onomastico Galan war zusammengeschrumpft und runzlig wie ein benutztes Kondom, der britische Maler James Saxon ähnelte in seiner Gesamterscheinung immer mehr dem Haus Windsor, und seine alte Gefährtin aus Xalapa, Elizabeth Dupont-ex-Caraza, war schlaff wie eine Mumie, ihre eine Hand zitterte hartnäckig, während sie mit der anderen die Hand eines jungen, braunhäutigen, schnurrbärtigen Mannes drückte, der den unerschütterlichen Eindruck eines Zuhälters machte.
Jemand berührte Lauras Schulter. Sie erkannte Laura Rivière, die Geliebte des Artemio Cruz, die die vergangenen fünfzehn Jahre siegreich überstanden hatte, was sie einer eleganten, funkelnden Schönheit verdankte, die sich in ihrem melancholischen, zärtlichen, nie alternden Blick verdichtete.
»Besuche mich, wann du willst. Warum hast du mich nie besucht?«
Und da trat mit einem Homburg in der Hand Orlando ein, Orlando Ximénez, und Laura verlor jedes Zeitmaß und konnte in seinem Gesicht nur das gleiche jugendliche Gesicht wie
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