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Die Jahre mit Laura Diaz

Die Jahre mit Laura Diaz

Titel: Die Jahre mit Laura Diaz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Fuentes
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gestellt, das habe ich ihr gesagt, wie den Mörder Toral und seine Komplizin, die Mutter Conchita, noch eine Frau, da siehst du's.«
    »Mit wem wolltest du dich gutstellen, Juan Francisco? Mit mir hast du es für immer verdorben.«
    Sie wollte keine Erklärungen hören, und Juan Francisco wagte es nicht, welche zu geben. Laura packte einen Koffer, ging hinaus auf die Avenida, hielt ein Taxi an und nannte die Adresse ihrer Jugendfreundin Elizabeth Garcia-Dupont.
    Juan Francisco lief ihr nach, riß heftig die Taxitür auf, packte sie am Arm und wollte sie aus dem Auto zerren, schlug ihr ins Gesicht. Der Taxifahrer stieg aus und gab Juan Francisco einen Stoß, warf ihn zu Boden und fuhr so schnell, wie er konnte, los. Laura richtete sich mit Elizabeth in einem modernen Appartement in der Colonia Hipödromo ein. Die Jugendfreundin nahm sie freudig auf, mit Umarmungen, Schmeicheleien, Zärtlichkeiten und Küssen, genau, wie Laura erwartet hatte. Dann, im Nachthemd, erzählten sich die beiden ihre Lebensgeschichten. Elizabeth hatte sich gerade vom berühmten Eduardo Caraza scheiden lassen, der sie bei den Bällen auf der Hazienda San Cayetano ganz in seinen Bann gezogen hatte und sie auch weiter in seinem Bann hielt, als sie heirateten und in die Hauptstadt zogen, weil Caraza mit dem Finanzminister Alberto Pani befreundet war. Pani ordnete wie durch ein Wunder die Staatsfinanzen nach der Inflation der Revolutionszeit, als jede Partei ihr eigenes Papiergeld, die berüchtigten »Bilimbiques«, gedruckt hatte. Eduardo Caraza hielt sich für unwiderstehlich, er nannte sich selbst »ein Gottesgeschenk an die Frauen«, und er gab Elizabeth zu verstehen, er habe ihr einen großen Gefallen getan, indem er sie heiratete.
    »Weil ich dich so sehr darum gebeten hatte, Eduardo.« »Du darfst dich glücklich schätzen, meine Liebe. Du hast mich, aber ich brauche viele Frauen. Es ist besser, daß wir uns da richtig verstehen.«
    »Und ich habe dich, aber ich brauche auch andere Männer.« »Elizabeth, du redest wie eine Hure.« »Dann bist du der Hurenbock, mein lieber Lalo.« »Entschuldige, ich wollte dich nicht beleidigen. Es war nur ein Spaß.«
    »Nie habe ich etwas Ernsteres von dir gehört. Du hast mich beleidigt, und ich wäre ungeheuer dumm, wenn ich hierbliebe und weitere Demütigungen ertrüge, nachdem ich mir deine Lebensphilosophie angehört habe, Liebster. Weil du ein Recht auf alles hast und ich auf nichts. Ich bin eine Hure, und du bist ein Macho. Ich bin ein leichtes Mädchen, und du bist sozusagen ein Gentleman, was auch immer geschieht, nicht wahr? Leb wohl, leb wohl.«
    Zum Glück hatten sie keine Kinder – wie auch, wenn sich dieser Lalo als Nachtschwärmer verausgabte und um sechs Uhr morgens schlapper als ein nasser Sack heimkam?
    »Nein, Juan Francisco war anders, er hat mich immer respektiert. Bis heute nacht, als er mich schlagen wollte.« »Wollte? Sieh dir bloß deine Backe an.« »Also gut, er hat mich geschlagen. Aber er ist nicht so.« »Laura, meine Liebste, ich merke schon, wenn es so weitergeht, verzeihst du ihm alles, und in einer Woche steckst du wieder im Käfig. Besser, wir amüsieren uns. Ich lade dich ins Teatro Lirico ein, dort kannst du den Dickwanst Roberto Soto in ›Der Zusammenbruch‹ sehen, einer Satire auf den Gewerkschaftsboß Morones, und es heißt, daß man dort herzlich lacht. Da kriegen alle ihr Fett ab. Gehen wir hin, bevor sie es verbieten.«
    Sie nahmen eine Loge, um besser vor Blicken geschützt zu sein. Roberto Soto war das getreue Ebenbild von Luis Napoleon Morones, er hatte alles doppelt, Kinn, Bauch, Lippen, Backen, Augenlider. Das Stück spielte in Tlalpan, auf dem Landgut des Gewerkschaftsführers, der als Meßknabe kostümiert erschien und sang: »Als ich ein Meßknabe war.« Sogleich umringten ihn neun oder zehn halbnackte Mädchen mit Lendenschurzen aus Bananen, wie Josephine Baker sie in den Pariser Folies-Bergère in Mode gebracht hatte, und mit an den Brustwarzen klebenden Sternchen. Sie zogen dem Dicken das Meßgewand aus und sangen: »Es lebe das Proletariat.« Ein großer, dunkelhäutiger Mann im Overall schenkte unterdessen Champagner für Soto-Morones ein.
    »Danke, lieber Bruder Lopez Greene, du bedienst mich besser als jeder andere. Du brauchst bloß noch deinen Namen in Lopez Red zu ändern, damit er nicht stört, weißt du? Wir hier sind alles alte Rote, keine grünen Alten, stimmt's, Mädchen? Ach, das ist ja zum…!«
    »Mutti, kümmere dich um die Kinder,

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