Die Jangada
in’s Wasser geriethen, aber anders. Sie bemühen sich in jeder Art und Weise, möglichst weit daraus hervorzuragen, erheben den Kopf und die Arme, und sowie diese Theile nicht mehr vom Wasser getragen werden und dadurch ihr Gewicht ausgeglichen wird, sinkt dann der Körper, wenigstens vorübergehend, vollständig unter. Gelangt dann erst Wasser in den Mund und von da aus, unter Verdrängung der Luft, gar in die Lungen, so vermehrt sich das specifische Gewicht so sehr, daß der Körper auf den Grund hinabsinkt.
Wenn ein Mensch dagegen schon todt in’s Wasser geräth, so befindet er sich in wesentlich anderen und zum Schwimmen weit günstigeren Bedingungen, da von den oben erwähnten Bewegungen natürlich keine Rede sein kann, und wenn er auch untersinkt, weil allmählich Wasser in die Lungen dringt, so ist das doch, nur in geringem Maße der Fall, da jede Athembewegung fehlt, und so erscheint der Körper auch schneller wieder auf der Oberfläche.
Manoel hatte also ganz recht, als er den Unterschied zwischen einem lebenden und einem todten in’s Wasser fallenden Menschen betonte. Im ersteren Falle vergeht bis zum Wiedererscheinen auf der Oberfläche entschieden mehr Zeit als im zweiten.
Hat ein Körper nun mehr oder weniger lange Zeit völlig unter Wasser gelegen, so taucht er allein wieder auf durch die beginnende Zersetzung, in Folge welcher sich in ihm Gase entwickeln, die das Zellgewebe der Organe anschwellen machen; so wächst das Volumen desselben, ohne daß sein Gewicht zunimmt, und da er nun leichter wird, als die von ihm verdrängte Wassermasse, muß er natürlich nicht nur schwimmen, sondern auch in die Höhe steigen.
»Obwohl also alle Bedingungen günstig sind, fuhr Manoel fort, da Torres nicht mehr lebte, als er in den Fluß fiel, so kann er doch, selbst wenn die Zersetzung des Leichnams nicht durch irgend welche unbekannte Ursache verzögert wird, vor Ablauf dreier Tage nicht wieder sichtbar werden.
– Drei Tage sind aber nicht unser, antwortete Benito, Du weißt, daß wir nicht warten können. Wir müssen also neue Nachsuchungen beginnen, aber dabei anders zu Werke gehen.
– Was willst Du damit sagen? fragte Manoel.
– Ich denke selbst auf den Grund des Flusses hinabzutauchen, erwiderte Benito, mit eigenen Augen, mit eigenen Händen zu suchen…
– Ja, ja, hundertmal, tausendmal hinabtauchen! rief Manoel; ich bin zwar ganz Deiner Meinung, daß wir directe Nachforschungen anstellen müssen und nicht mehr gleich Blinden mit Schleppnetzen und Bootshaken suchen dürfen; doch wenn wir tauchen, emporkommen und wieder hinuntergehen, so bleibt dabei nur sehr kurze Zeit für die eigentliche Nachsuchung übrig. Nein, das ist unzureichend, nutzlos, wir liefen dabei ein zweites Mal Gefahr, uns vergeblich zu bemühen, und müssen doch noch vor Verlauf dreier Tage ein positives Resultat erreicht haben.
– Bist Du im Stande ein wirksameres Mittel vorzuschlagen, Manoel? fragte Benito, der den Freund mit ängstlicher Erwartung anblickte.
– Nun, höre mich. Ein ganz zufälliger Umstand könnte uns sehr zu statten kommen.
– So sprich doch! Sprich!
– Als ich gestern durch Manao ging, bemerkte ich, daß man mit der Reparatur eines der Quais am Ufer des Rio Negro beschäftigt war. Die Arbeiten unter dem Wasser wurden da mit Hilfe eines Skaphanders ausgeführt. Nehmen, leihen, kaufen wir diesen Apparat um jeden Preis, so werden wir im Stande sein, unsere Nachforschungen unter den günstigsten Bedingungen wieder aufzunehmen.
– Rufe Araujo, Fragoso, die anderen Leute, und wir brechen unverzüglich auf!« gab Benito zur Antwort.
Der Pilot und der Barbier wurden von dem gefaßten Entschlusse und von Manoels Vorschlag in Kenntniß gesetzt. Man kam darin überein, daß Beide sich mit den Indianern und vier Booten nach dem Bassin von Frias begeben und dort die beiden jungen Männer erwarten sollten.
Manoel und Benito gingen sofort an’s Land und begaben sich nach dem Quai von Manao. Daselbst boten sie dem Unternehmer der Uferarbeiten eine solche Summe, daß dieser ihnen seinen Taucherapparat ohne Zögern für den ganzen Tag zur Verfügung stellte.
»Wünschen Sie, daß Sie einer meiner Leute begleitet, fragte er der Ihnen helfen könnte?
– Geben Sie uns einen Werkführer und einige Mann zur Bedienung der Luftpumpe mit, antwortete Manoel.
– Wer wird aber den Skaphander anziehen?
– Ich, erklärte Benito.
– Du, Benito! rief Manoel.
– Ich will es!«
Jeder Widerspruch schien hier
Weitere Kostenlose Bücher