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Die Jangada

Die Jangada

Titel: Die Jangada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Pilot Araujo.
    Da er nun versicherte, daß der Leichnam nicht weiter als höchstens eine Meile bis nach jenem engen Kanal habe geschwemmt worden sein können, so mußte man ihn, wenn dieser Theil des Flusses sorgfältig untersucht wurde, offenbar wieder auffinden.
    Keine Insel, kein Eiland unterbrach übrigens in dieser Gegend das Bett des Amazonenstromes. Hieraus folgte, daß man, wenn die beiden Ufer bis nach jener Barre hin abgesucht waren, das nicht über fünfhundert Fuß breite Bett des Stromes selbst auf das Genaueste durchsuchen mußte.
    So ging man denn auch zu Werke. Die Fahrzeuge folgten dem rechten und dem linken Ufer; alle Rosenbüsche, alles andere Strauchwerk wurde mit den Bootshaken visitirt. Selbst von den kleinsten Vorsprüngen des Landes, an denen nur ein Körper hätte haften können, entging keiner der peinlichsten Nachforschung Araujo’s und seiner Indianer.
    Leider erwies sich Alles vergebens, und schon war der halbe Tag verstrichen, ohne daß der unauffindbare Körper auf die Oberfläche befördert worden wäre.
    Jetzt wurde den Indianern eine Stunde Rast gegönnt. Während derselben stärkten sie sich durch einige Nahrung und gingen dann von neuem an die Arbeit.
    Nun vertheilten sich die vier, von dem Piloten, von Benito, Manoel und Fragoso geführten Boote auf die ganze Strecke bis zur Barre von Frias in vier Zonen, denn jetzt galt es, das Bett des Stromes selbst abzusuchen. An einigen Stellen reichten freilich die Bootshaken nicht zu, um den Boden selbst zu betasten, man stellte also eine Art Schleppanker oder vielmehr Rechen her, indem man starke Netze theilweise mit Steinen und Eisenstücken füllte, diese an den Booten befestigte und langsam mit nachzog, so daß sie über den Grund hinstreifen mußten.
    Mit dieser etwas mühseligen Arbeit beschäftigten sich Benito und seine Begleiter bis zum einbrechenden Abend. Die mit Rudern fortgetriebenen Ubas und die Piroguen strichen langsam über die Wasserfläche bis zur Barre von Frias hin.
     

    Man zog sie vorsichtig herauf.
     
    Dabei gab es manche erwartungsvolle Minute, wenn diese improvisirten Schleppnetze an irgend einem Gegenstande hängen blieben. Man zog sie dann vorsichtig herauf, aber statt des so begierig gesuchten Leichnams brachte man damit nur einige schwere Steine oder Packete von Wasserpflanzen an’s Licht, welche von dem sandigen Grunde abgestreift worden waren.
    Niemand dachte jedoch daran, die einmal angefangene Untersuchung aufzugeben. Wo es der Rettung des geliebten Herrn galt, vergaßen die Leute alles Andere. Benito, Manoel und Araujo hatten es gar nicht nöthig, die Indianer zum Fleiße anzuhalten. Die braven Leute wußten, daß sie für den Fazender von Iquitos arbeiteten, für den Mann, dem sie in treuer Dankbarkeit ergeben waren, für das Haupt der großen Familie, zu welcher Alle fast ohne Unterschied gehörten.
    Wenn es nöthig gewesen wäre, würden sie gewiß die ganze Nacht über das weite Bassin sondirt haben, denn Alle waren sich bewußt, wie viel der Verlust jeder Minute bedeuten könne.
    Kurz vor Sonnenuntergang gab Araujo, der die Fortsetzung der Arbeit in dieser Weise für nutzlos hielt, den Booten ein Zeichen, zusammen zu kommen, und Alle vereinigten sich wieder am Ausflusse des Rio Negro, um nach der Jangada zurückzukehren.
    Trotz aller Anstrengung, trotz aller Sorgsamkeit hatte man kein greifbares Resultat erzielt!
    Als Manoel und Fragoso eintrafen, wagten sie in Gegenwart Benitos über diesen Mißerfolg kaum ein Wort zu äußern, da sie fürchteten, daß ihn die Entmuthigung zu irgend einem verzweifelten Schritte treiben könnte.
    Jetzt verließ den jungen Mann aber weder der Muth, noch die kühle Ueberlegung auch nur einen Augenblick. In seinem Herzen stand der Entschluß fest, diesen letzten Kampf um das Leben, um die Ehre seines Vaters bis zum Ende auszufechten.
    »Morgen weiter! rief er den Anderen zu. Wir beginnen unser Werk auf’s Neue und wenn möglich unter günstigeren Verhältnissen.
    – Ja, antwortete Manoel, Du hast recht, Benito. Wir dürfen doch kaum annehmen, das ganze Strombecken schon gründlich genug untersucht zu haben.
    – Nein, gewiß nicht, fiel Araujo ein, und ich wiederhole, was ich schon früher behauptete, daß der Leichnam Torres’ hier liegen muß, daß er über die Barre von Frias nicht hinausgekommen sein kann, daß er vor Ablauf mehrerer Tage nicht mit der Strömung weggeführt werden könne. Wahrhaftig, hier liegt er noch am Grunde, und meine Lippen sollen keinen

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