Die Jangada
ganz gewöhnlichem Talg, dem er etwas wohlriechendes Oel beigemischt hatte, dafür klebte sie aber fest wie Cement.
Den von Fragoso’s Hand hervorgezauberten Kunstwerken hätte man mit Recht den Namen von Haargebäuden geben können, welche alle Stylarten der Architektur vertraten. Locken, Löckchen und Ringe, hoch aufgesteckte und geflochtene Zöpfe, krause Wülste, Rollen, lange Schmachtlocken und Haarwickel – Alles wurde dabei angebracht. Von etwas Falschem, von ganzen Touren, Chignons oder fremden Zöpfen war hier natürlich keine Rede. Die Haupthaare der Eingebornen ähnelten nicht einer durch Rodung erzielten oder durch natürlichen Ausfall entstandenen Lichtung, sondern dem Urwalde in all’ seiner ursprünglichen Jungfräulichkeit. Trotzdem hielt es Fragoso für angemessen, seinen Werken noch ein paar natürliche Blumen, einige lange Fischgräten oder seine Zierathen aus Knochen oder Kupfer hinzuzufügen, welche die putzsüchtigeren Ortsbewohnerinnen mitbrachten. Sicherlich hätten die Modenärrinnen aus der Zeit des Directoriums die Anordnung dieser hochphantastischen Coiffüren mit drei und vier Stockwerken aufrichtig bewundert, und der große Leonard selbst würde vor seinem transatlantischen Collegen ehrerbietig den Hut gezogen haben.
Da begann es denn bald, Vatems, ganze Hände voll Reïs – die einzige Münze, welche den Eingebornen am Amazonenstrome beim Waarenaustausch dient – in die Taschen Fragoso’s zu regnen, der diesen befruchtenden Segen mit sichtbarem Wohlgefallen entgegennahm. Voraussichtlich mußte jedoch der Abend herankommen, bevor er den Wünschen der stetig zunehmenden Kundschaft gerecht werden konnte. Es war nämlich nicht die Einwohnerschaft von Tabatinga allein, die sich vor der Thür der Loja ansammelte; die Nachricht von dem Eintreffen Fragoso’s hatte sich vielmehr sofort weiter verbreitet, und daraufhin strömten Eingeborne von allen Seiten hinzu: Ticunas vom linken, Mayorunas vom rechten Stromufer, solche, welche an den Ufern des Cajuru, wie solche, welche in den Dörfern am Javary wohnten. Auf dem Hauptplatze standen ganze Reihen von ungeduldig Harrenden. Die Glücklichen – Männer so gut wie Weiber – die aus Fragoso’s Händen hervorgingen, wanderten stolz von Haus zu Haus, brüsteten sich mit dem frischen Schmucke und bekümmerten sich nicht im geringsten darum, daß sie doch eigentlich nur die Rolle – großer Kinder spielten.
So hatte der mit Arbeit überhäufte Haarkräusler, als die Mittagsstunde schlug, natürlich nicht Zeit gefunden, zum Frühstück an Bord zurückzukehren, sondern mußte sich mit einem Schluck Assaï, etwas Maniocmehl und ein paar Schildkröteneiern begnügen, die er mitten unter der Arbeit verzehrte.
Aber auch der Schänkwirth machte sein gutes Geschäft, denn es versteht sich von selbst, das die Gebinde im Keller der Loja wiederholt angezapft werden mußten, um der Nachfrage nach Likör zu genügen. Wahrlich, es bildete ein Ereigniß für die gute Stadt Tabatinga, dieses unverhoffte Eintreffen des berühmten Fragoso, des ordentlichen und außerordentlichen Professors der Haarkräuselkunst bei den Volksstämmen des oberen Amazonenstromes!
Dreizehntes Capitel.
Torres.
Um fünf Uhr Abends befand sich der gänzlich erschöpfte Fragoso noch immer an derselben Stelle und fragte sich schon, ob er hier, um die noch wartende Menge zu befriedigen, nicht werde die Nacht zubringen müssen.
Da erschien ein Fremder auf dem Platze, der beim Anblick der versammelten Eingebornen auf das Wirthshaus zuging.
Kurze Zeit betrachtete der Fremdling aufmerksam und mit einer gewissen Vorsicht Fragoso und dessen Thätigkeit. Offenbar befriedigt von seinen Wahrnehmungen, trat er in die Loja ein.
Es war ein Mann von etwa fünfunddreißig Jahren. Er trug elegante Reisekleidung, welche seine Person in vortheilhaftem Lichte erscheinen ließ.
Sein starker schwarzer Bart, den gewiß seit langer Zeit keine Scheere berührt hatte, und die etwas zu weit herabhängenden Haare aber ließen die Hilfe eines Coiffeurs recht wünschhenswerth erscheinen.
»Guten Tag, Freundchen, guten Tag!« sagte er, leise auf Fragoso’s Schulter klopfend.
Letzterer drehte sich verwundert um, als er diese Worte in reinem Brasilianisch und nicht in dem gemischten Idiom der Einwohner vernahm.
»Ein Landsmann? erwiderte er fragend, doch ohne die kräftige Bearbeitung eines rebellischen Mayorunassen-Hauptschmuckes zu unterbrechen.
– Ja, bestätigte der Fremde, ein Landsmann, der Eurer
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