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Die Jangada

Die Jangada

Titel: Die Jangada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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jener Zeit nicht von Manao abwesend seien, und beauftragte sogar Joam Garral, die betreffenden Herren von ihm zu grüßen. Aller Wahrscheinlichkeit nach langte die Jangada binnen höchstens sieben Wochen oder spätestens zwischen dem 20. und 25. August bei jener Stadt an.
    Gegen Abend nahmen die Gäste des Fazenders von der Familie Garral Abschied, und am nächsten Morgen, den 3. Juli, setzte die Jangada ihre Fahrt den Strom hinunter wieder fort.
    Gegen Mittag ließ man zur Linken die Mündung des Yacurupa liegen. Dieser Nebenfluß ist eigentlich nichts weiter als ein Kanal, denn er ergießt seinen Inhalt in den Iça, der selbst einen linksseitigen Zufluß des Amazonenstromes bildet. Es gehört auch zu den eigenthümlichen Erscheinungen, daß der Strom an manchen Stellen und zu gewissen Zeiten seine eigenen Nebenarme speist.
     

    Leicht wurde eine reichliche Beute eingeheimst. (S. 141.)
     
    Gegen drei Uhr Nachmittags kam die Jangada an der Mündung des Jandiatuba vorüber, der seine gewaltigen dunklen Wassermassen von Südwesten her dem Hauptstrome durch eine vierhundert Meter breite Pforte zuwälzt, nachdem er vorher die Gebiete der Culinos-Indianer bewässert hat.
    Daneben passirte man zahlreiche Inseln, wie Pimaticaira, Caturia, Chico, Motachina u. a. m., die einen bevölkert, die anderen öde, aber alle bedeckt mit herrlicher Vegetation, die vom Ursprunge des Amazonenstromes bis zu dem riesigen Delta, durch das er sich mit dem Atlantischen Ocean vermählt, eine lückenlose Guirlande bildet.
Fußnoten
    1 Zahlreiche Beobachtungen neuerer Reisender weichen in diesem Punkte von Humboldt’s Ansichten wesentlich ab.
Fünfzehntes Capitel.
Noch weiter stromab.
    Es war am Abende des 5. Juli. Seit dem vorhergehenden Tage lag eine drückende Schwüle in der Luft, welche auf nahe bevorstehende Gewitter deutete. Ueber der Wasserfläche flatterten große röthliche Fledermäuse schwerfälligen Flügelschlages dahin. Unter denselben erkannte man auch einige dunkler braune, am Bauche heller gefärbte »Perros voladors«, vor denen Minha und vorzüglich die junge Mulattin einen unwiderstehlichen Widerwillen empfanden.
    Es sind das jene schrecklichen Vampire, welche den Thieren das Blut aussaugen und sogar über den Menschen herfallen, der sich in den Campinen unklugerweise dem Schlummer überläßt.
    »O, diese häßlichen Geschöpfe, rief Lina, sich die Augen bedeckend, ich fürchte mich vor ihnen!
    – Sie sind auch wirklich zu fürchten, fügte das junge Mädchen hinzu, nicht wahr, Manoel?
    – Gewiß, antwortete der Gefragte. Diese Vampire besitzen einen besonderen Instinct, Blut an solchen Stellen abzusaugen, wo es am leichtesten fließt, und vorzüglich hinter dem Ohre. Während sie das thun, bewegen sie immerfort die Flügel und fächeln ihrem Opfer angenehme Kühlung zu, unter der es desto tiefer schläft. Man berichtet von Leuten, welche solchem Blutverluste stundenlang unbewußt ausgesetzt blieben, dann aber – überhaupt nicht wieder erwachten.
    – Halten Sie ein mit solchen Geschichten, Manoel, bat Yaquita, sonst wagt weder Minha noch Lina in dieser Nacht ein Auge zuzuthun.
    – O, keine Angst, antwortete Manoel. Wenn es darauf ankommt, werden wir ihren Schlummer bewachen.
    – Still, still! rief da Benito.
    – Was giebt’s? fragte Manoel.
    – Hörst Du von dorther nicht ein eigenthümliches Geräusch? erwiderte Benito nach dem rechten Ufer weisend.
    – Ja, wirklich! sagte Yaquita.
    – Woher mag das rühren? fragte das junge Mädchen. Es klingt, als ob Kieselsteine den Inselstrand hinabrollten.
    – Ah, jetzt weiß ich’s! sagte Benito. Morgen können Alle, welche auf Schildkröteneier und auf frische junge Schildkröten Appetit haben, befriedigt werden!«
    Ein Irrthum war nicht mehr möglich. Jenes Geräusch verursachten unzählige Chelonier (Seeschildkröten), welche, um Eier zu legen, nach den Inseln ziehen.
    Dort wählen diese Amphibien im Ufersande geeignete Stellen zum Ablegen der Eier. Sie beginnen ihr Werk mit Sonnenuntergang und sind bei Tagesanbruch damit fertig.
    Jetzt hatte die leitende Schildkrötenkönigin schon das Strombett verlassen, um eine passende Stelle zu suchen. Andere waren zu Tausenden beschäftigt, mit den Vorderfüßen einen sechshundert Fuß langen, zwölf Fuß breiten und sechs Fuß tiefen Graben auszuschachten; nach Ablegung ihrer Eier füllen sie die Stelle wieder locker mit Sand zu.
    Für die Ufer-Indianer des Amazonenstromes und seiner Nebenflüsse ist diese Zeit des

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