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Die Jangada

Die Jangada

Titel: Die Jangada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Küche.
    Die Jangada erreichte also, wie oben erwähnt, frühzeitig am 2. Juli San Pablo d’Olivenza, wo eine Art langer, aus den Schalen des »Coco de piassaba« hergestellter Rosenkränze in großen Massen fabricirt werden, die hier einen geschätzten und gesuchten Handelsartikel bilden. Vielleicht wundert sich Jemand darüber, daß die alten Beherrscher des Landes, die Tubinambas und Tupiniquis darauf gekommen sind, als Hauptbeschäftigung die Herstellung solcher Gebrauchsgegenstände des katholischen Cultus zu betreiben. Man darf hierzu jedoch nicht vergessen, daß die heutigen Indianer nicht mehr die Ebenbilder ihrer Vorfahren sind; statt des früheren Nationalcostüms mit dem Stirnbande aus Arasfedern und der gewöhnlichen, aus Bogen und Blasrohr bestehenden Ausrüstung haben sie z. B. auch amerikanische Bekleidung angenommen und gehen jetzt in weißen Beinkleidern und dem landesüblichen Puncho aus Baumwolle einher, den ihre Weiber, welche darin hervorragende Geschicklichkeit erlangt haben, selbst zu weben pflegen.
    San Pablo d’Olivenza, eine verhältnißmäßig nicht unbedeutende Stadt, zählt zweitausend, aus allen Stämmen der näheren und entfernteren Umgebung zusammengewürfelte Einwohner. Jetzt die Hauptstadt des oberen Amazonenstromes, bildete sie früher nur eine einfache, von portugiesischen Carmelitern gegründete, später von jesuitischen Missionären verwaltete Station.
    Das Land hierselbst gehörte anfangs den Omaguas, ein Name, der so viel wie »Plattköpfe« bedeutet. Diesen Namen verdankten sie der barbarischen Gewohnheit der Mütter, den Kopf der Neugebornen zwischen zwei Brettern zu pressen, um ihrem Schädel die früher sehr beliebte längliche Form zu geben. Wie jede andere Mode, wechselt auch diese; die Köpfe behielten wieder ihre natürliche Gestalt, und an dem Schädel der hiesigen Rosenkranz-Fabrikanten
    würde man vergeblich eine Spur der früheren künstlichen Mißbildung aufzufinden suchen.
    Mit Ausnahme Joam Garral’s ging dessen ganze Familie an’s Land. Auch Torres zog es vor, an Bord zu bleiben, gab wenigstens kein Verlangen nach einem Besuche des ihm scheinbar noch unbekannten San Pablo d’Olivenza zu erkennen.
    Wenn den Abenteurer eine auffallende Schweigsamkeit auszeichnete, so war er wenigstens auch nicht neugierig.
    Benito wickelte bald die nöthigen Geschäfte ab und führte der Jangada weitere Frachtgüter zu. Seine Angehörigen und er selbst fanden bei den ersten Beamten der Stadt, dem Platzcommandanten und dem Vorstande des Zollamtes, eine sehr zuvorkommende Aufnahme. Ihre amtliche Stellung verhinderte die beiden Herren übrigens keineswegs an der Betreibung ergiebiger Handelsgeschäfte. Sie übergaben dem jungen Kaufmanne sogar auf Treu und Glauben verschiedene Landeserzeugnisse, um diese für ihre Rechnung in Manao oder Belem zu veräußern.
    Die Stadt selbst bestand aus etwa sechzig Häusern auf einer Ebene über dem abhängigen Stromufer. Einige derselben waren mit Ziegeln abgedeckt, was in diesen Gegenden eine Seltenheit ist. Dagegen schützte die kleine, den Heiligen Peter und Paul geweihte Kirche nur ein dürftiges Strohdach, das besser auf den Stall zu Bethlehem gepaßt hätte als auf ein kirchlichen Zwecken dienendes Gebäude in streng katholischem Lande.
    Der Platzcommandant, sein Stellvertreter und der Polizeichef nahmen eine Einladung, mit der reisenden Familie an Bord zu speisen, an und wurden von Joam Garral mit aller ihrem Range schuldigen Aufmerksamkeit empfangen.
    Nach der Tafel wurde Torres auch etwas redseliger als gewöhnlich; er erzählte von einigen seiner Ausflüge in das Innere Brasiliens in beredter Weise, die seine genaue Bekanntschaft mit dem Lande verrieth.
     

    »Du kannst es ohne Bedenken versuchen.« (S. 134.)
     
    Mitten unter diesen Schilderungen unterließ es Torres aber nicht, den Commandanten zu fragen, ob er Manao selbst kenne, ob sein College sich jetzt dort befinde, ob der Amtsrichter, der oberste Beamte der Provinz, nicht die Gewohnheit habe, während der heißen Jahreszeit von da wegzugehen. Es schien als ob Torres, als er diese Fragen stellte, immer Joam Garral dabei mit einem Auge beobachtete. Das geschah übrigens auffallend genug, um auch von Benito bemerkt zu werden, dem es überdies vorkam, als lausche sein Vater besonders aufmerksam auf diese etwas gar zu seltsamen Fragen des neuesten Passagiers.
    Der Commandant von San Pablo d’Olivenza versicherte dem Abenteurer, daß die Behörden, respective deren Vorstände zu

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