Die Jangada
der Insel Araria, dem Archipel der Calderon-Inseln, der Insel Capiatu und vielen anderen vorüber, deren Namen zur Kenntniß der Geographen noch nicht gekommen sind. Am 30. Juni meldete der Steuermann am rechten Ufer das Dörfchen Jurupari-Tapera, wo zwei bis drei Stunden lang gehalten werden sollte.
Mauoel und Benito begaben sich in die Nachbarschaft zur Jagd und brachten als Beute etwas Federwild mit, das in der Speisekammer sehr willkommen war. Gleichzeitig hatten die beiden jungen Leute ein Thier gefangen, auf das jeder Naturforscher freilich mehr Werth gelegt hätte als die Köchin der Jangada.
Es war ein dunkelhaariger Vierfüßler, der etwa einem großen Neufundländer ähnelte.
»Ein Ameisenfuchs! rief Benito, als er das Thier auf das Deck des Floßes warf.
– Und ein prächtiges Exemplar, setzte Manoel hinzu, das keinem Museum zur Schande gereichen würde.
– Ist es Euch leicht geworden, dieses merkwürdige Thier zu erlangen? fragte Minha.
– O nein, Schwesterchen, antwortete Benito, und Du warst auch nicht zur Hand, ihm Gnade auszuwirken. Sie haben ein sehr zähes Leben, diese Hunde da, und es bedurfte nicht weniger als drei Kugeln, um dem Burschen hier den Garaus zu machen!«
Der Ameisenfuchs mit seinem langen buschigen Schweife, dem einzelne graue Haare beigemischt sind, sah wirklich prächtig aus; die lange spitze Schnauze zwängt er in Ameisenbauten hinein, deren Bewohner seine Hauptnahrung bilden; er hat ziemlich lange, dünne Pfoten mit fünf Zoll langen, spitzigen Krallen, die er gleich den Fingern einer Hand schließen kann. Und was für eine Hand besitzt dieser Ameisenfuchs! Was diese gepackt hat, kann man nur daraus befreien, wenn man sie gleich abschneidet. Der Reisende Emile Carrey bemerkt ganz richtig, daß »selbst ein Tiger unter der Umarmung dieser Krallenhand umkommen würde«.
Am 2. Juli des Morgens langte die Jangada bei San Pablo d’Olivenza an, nachdem sie an zahlreichen, zu jeder Jahreszeit mit üppigem Grün bedeckten und von herrlichen Bäumen beschatteten Inseln vorübergekommen war, als deren bedeutendste etwa Jurupari, Rita, Maracanatena und Cururu-Sapo zu nennen wären. Wiederholt passirte sie auch die Mündungen verschiedener Iguarapes oder Nebenflüsse mit sehr dunklem Wasser.
Diese Färbung ist eine sehr merkwürdige Erscheinung und findet sich bei verschiedenen großen und kleinen Zuflüssen des Amazonenstromes.
Manoel machte auf die tiefe Färbung dieser Fluthen aufmerksam, welche man sich sehr deutlich von den weißeren Wellen des Hauptstromes abheben sieht.
»Man hat sich vielfach bemüht, sagte er, diese Färbung auf die eine oder andere Weise zu erklären, doch scheint mir, daß es noch keinem Gelehrten gelungen ist, eine befriedigende Lösung des Räthsels zu finden.
– Diese Gewässer sind wirklich fast schwarz mit prächtigen goldenen Reflexen, bemerkte das junge Mädchen, auf die leichten Wellen zeigend, welche sich an der Jangada brachen.
– Ja wohl, bekräftigte Manoel, schon Humboldt hat seinerzeit dasselbe beobachtet. Sieht man jedoch genauer hin, so findet man, daß die Farbe der Sepia am meisten hervortritt.
– Schön, rief Benito, also wieder eine Erscheinung, über welche die Gelehrten nicht einig sind!
– Vielleicht könnte man darüber von den Kaimans Aufschluß erlangen, warf Fragoso ein, oder von den Delphinen und Lamantins (Seekühen), denn das Gesindel hält sich mit Vorliebe in dem schwärzlichen Wasser auf.
– Es ist ganz richtig, antwortete Manoel, daß dieses jene Thiere besonders anlockt, um eine Erklärung dieser Thatsache würde man aber wieder in Verlegenheit sein. Ob die Färbung von einem reichen Gehalte an Kohlenwasserstoff oder davon herrührt, daß das Wasser über Torf-und Moorboden, oder über Steinkohlen-und Anthracitschichten hinfließt, oder ob sie endlich der ungeheueren Menge kleinster pflanzlicher Organismen, welche im Wasser schweben, zuzuschreiben ist, darüber weiß Niemand etwas Bestimmtes. 1 Jedenfalls liefern jene Zuflüsse ein ausgezeichnetes Trinkwasser von angenehmer, im Tropenklima desto höher geschätzter Frische, ohne jeden Nachgeschmack und sicher ohne Nachtheil für die Gesundheit. Wir wollen ein wenig von diesem Wasser schöpfen, liebe Minha, koste es einmal, Du kannst es ohne Bedenken versuchen.«
Das Wasser war wirklich klar und erquickend frisch. Es hätte in Europa füglich an jeder Tafel gereicht werden können. Man füllte auch hier damit einige Fässer zum Gebrauche in der
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