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Die Janus-Gleichung

Die Janus-Gleichung

Titel: Die Janus-Gleichung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Spruill
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sich an das noch immer lebendige Bild, wie sie auf den Teppich geglitten waren, wie sie dort zusammen gelegen hatten, wie er sie plötzlich von sich gestoßen hatte, erinnerte, so fühlte er trotzdem nicht den Schmerz, den er eigentlich erwartet hatte. Seine emotionale Spannkraft erstaunte und ermutigte ihn. Es war, als ob er allein Zeuge seiner Scham gewesen wäre, als ob Jill sein Versagen als die natürlichste Sache der Welt verstanden und akzeptiert hätte. Ihr Verlangen nach ihm schien ungebrochen, ja, schien sich sogar noch gesteigert zu haben. Essian erinnerte sich mit einem seltsamen Wohlbehagen daran, wie sie ihn an der Tür festgehalten hatte, wie sich ihre Finger im Rücken seines Jumpsuits festgekrallt hatten. Kommst du morgen wieder? hatte sie mit einer Stimme frei von Mitleid gefragt, mit einer Stimme, die nicht nach Erklärungen verlangte. Die Worte hatten nur eine einzige Bedeutung gehabt: Sie wollte ihn.
    Und er wollte sie. Während er da saß und auf Adamly wartete, wußte er, daß er sie in diesem Augenblick gewollt hätte, wenn sie dagewesen wäre. Essian lächelte, als er die Widersinnigkeit dieses Verlangens angesichts der vielen Dinge sah, die geschehen waren, aber es kümmerte ihn nicht. Jill war wichtiger, und die Gefühle, die sie in ihm geweckt hatte, schienen lebendiger und wirklicher zu sein, als jede Gefahr. Die Tatsache, daß er sogar in diesem Augenblick ein kurzes flüchtiges Glücksgefühl spüren konnte, machte ihm Mut, deutete auf eine Art Vertrauen hin. Irgendwie würde er schon zurechtkommen – mit seinem eigenen Dämon und auch mit Janus; und mit den Männern im Keller. Auch wenn er Angst hatte, selbst wenn er noch mehr Fehlschläge einstecken mußte, es gab einen Weg, um zu überleben.
    Aus Furcht davor, daß seine Entschlossenheit ihn verlassen könnte wenn er nicht augenblicklich etwas unternahm, griff Essian zum Telefonhörer, um Roshoff anzurufen, legte ihn aber wieder auf, als die Schatten von zwei Füßen auf der Türschwelle erschienen und die Tür langsam aufschwang.
    Adamlys Gesicht, das fast komisch betroffen dreinschaute, als er eintrat, zeigte erst offensichtliche Erleichterung und dann seine übliche Teilnahmslosigkeit, als er Essian entdeckte.
    »Es wird als höfliches Benehmen angesehen, wenn man anklopft«, sagte Essian.
    »Wo zum Teufel haben Sie gesteckt?«
    »Mein Übereinkommen mit Roshoff hat an sich nicht besagt, daß Sie auch mit ihrem Handabdruck meine Tür öffnen können.«
    Adamly starrte ihn an, als ob er etwas völlig Unverständliches gesagt hätte. »Dr. Essian, ich muß jetzt wissen, wo Sie während der letzten halben Stunde gesteckt haben.«
    »Hier natürlich. Sie meinen, daß Sie mich aus den Augen verloren haben?«
    Adamly kam die Stufen herunter zur Sofaecke, wobei er Essian nicht aus den Augen ließ, als ob er nochmals zu verschwinden drohte. Endlich setzte er sich auf die äußerste Kante eines Stuhles und blickte zu Boden, während er eine Zigarette aus seiner Jackentasche holte.
    »Es wäre mir lieber, Sie würden nicht rauchen.« Verwirr ihn noch weiter, dachte Essian. Bring ihn dazu, seine eigenen Fehler zu überdenken – damit er sich nicht mit dir befassen kann und womöglich das Beben in deiner Stimme hört, damit er nicht deine Hände zittern sieht. Adamly schob die Zigarette in die Packung zurück und fing an, nervös seine Hände zu kneten, bis die Knöchel knackten.
    »Ich verliere Leute nicht einfach aus den Augen«, sagte er. »Ich bin direkt von Miss Selbys Wohnung aus hierher gegangen«, erwiderte Essian. »Ich dachte, Sie seien die ganze Zeit über genau hinter mir gewesen, aber das scheint offensichtlich ein Irrtum zu sein.«
    »Und Sie haben sich keinmal umgedreht, um es nachzuprüfen?«
    »Warum sollte ich?«
    »Weil Sie es von dem Augenblick an, als ich angefangen habe Sie zu beschatten, alle paar Minuten getan haben.«
    »Ich hatte den Entschluß gefaßt, Sie zu ignorieren, in der Hoffnung, daß Sie dann verschwinden würden. Offenbar hat es gewirkt.«
    »Machen Sie keine dummen Witze. Ich hatte Sie im Blickfeld. Dann ist mir diese Gruppe von Besuchern genau dazwischengelaufen. Ich habe Sie nur einen einzigen Moment lang nicht gesehen. Dann bemerkte ich, wie Sie das Rollband wechselten und sich auf den Weg zum Vergnügungscenter machten. Ich blieb hinter Ihnen, bis ich feststellte, daß Sie es gar nicht waren. Es war jemand anderes, der haargenau so angezogen war, dasselbe dunkle Haar – es stimmte alles.« Essian

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