Die Janus-Vergeltung
drückte sie einen Knopf an ihrem Schreibtisch. »Gerald, können Sie einen Moment die Pharma-Titel für mich im Auge behalten? Ich muss zu einer kurzen Besprechung.« Sie nahm ihr Headset ab und nickte ihm zu. »Wir gehen in mein Büro.«
Sie winkte ihn nach rechts, und sie schritten an den Schreibtischen vorbei zu einer Milchglastür, die in einen Flur mit grauen Wänden und einem dicken Teppich führte. Für Smith strahlte alles in diesen Räumen Reichtum, Ruhe und Kompetenz aus. Die teuren Möbel konnte man leicht kaufen, aber diese gediegene, ruhige Atmosphäre ließ sich nicht so einfach herstellen, dachte Smith. Die Finanzmärkte waren extremen Schwankungen ausgesetzt, und viele Investmentberater mussten heutzutage Millionenverluste hinnehmen, wahrscheinlich auch hier bei Landon. Sie blieb vor einer offenen Tür stehen und forderte ihn mit einem Kopfnicken auf einzutreten.
Das Eckbüro war minimalistisch eingerichtet. Auf dem schwarzen Walnussschreibtisch standen weitere drei Monitore, auf denen verschiedene Finanznachrichtendienste ihre Informationen lieferten. Rebecca Nolan warf einen kurzen Blick auf die Bildschirme, ehe sie die Tür schloss. Smith sah sich in dem kahl wirkenden Büro um. Eine Kaffeemaschine stand auf einem Büfett hinter dem Schreibtisch, daneben ein Tablett mit schwarzen Kaffeetassen. Ein abstrakter Kunstdruck an der Wand rechts von Smith war das einzig Schmückende im Zimmer. Keine Diplome, Auszeichnungen, Bilder von Berühmtheiten oder auch nur Familienfotos. Die Leinenjalousien waren heruntergelassen, um die Vormittagssonne nicht hereinzulassen.
»Möchten Sie einen Kaffee oder Espresso?«, fragte sie.
»Kaffee, schwarz«, sagte Smith. Sie ging zur Maschine und legte ein Kaffeepad ein.
»Bitte, setzen Sie sich.«
Smith ließ sich auf dem schwarzen Lederstuhl vor dem Schreibtisch nieder. Die Kaffeemaschine piepte, sie reichte ihm die Tasse und nahm ihren Platz hinter dem Schreibtisch ein. Die Bildschirme standen links von ihr, doch diesmal warf sie keinen Blick darauf. »Erzählen Sie mir bitte, was es mit dieser Sache auf Leben und Tod auf sich hat.«
Smith hatte sich im Zug eine, so hoffte er, glaubwürdige Geschichte zurechtgelegt. Doch jetzt beschlich ihn angesichts ihrer Ruhe das Gefühl, es könnte ein wenig hysterisch klingen.
»Ich habe Grund zur Annahme, dass eine pakistanische Terrororganisation einen Mordanschlag auf Sie plant.«
Rebecca Nolans Augen weiteten sich einen Moment lang, doch sie zeigte keine Überraschung oder gar Angst, wie er es erwartet hatte. Das allein war schon interessant. Entweder sie glaubte ihm nicht oder es steckte irgendetwas anderes dahinter.
»Das ist eine starke Behauptung, Mr. Smith. Wie kommen Sie an solche Informationen? Sind Sie beim FBI ? Können Sie sich ausweisen?«
Sie blieb ruhig, doch ihre Stimme klang misstrauisch. Smith erkannte, dass sie ihn für etwas verrückt hielt. Fast erwartete er, sie könnte gleich den Sicherheitsdienst rufen. Erneut musterte sie seine Kleidung, wie um seinen Geisteszustand zu prüfen, bis ihr Blick auf seine Militäruhr fiel.
Er reichte ihr seinen Führerschein, dazu seine Karte vom USAMRIID . Während sie beides studierte, beeilte er sich, das Schweigen zu überbrücken.
»Ich bin gerade aus Den Haag zurückgekommen. Ich habe im Grand Royal gewohnt, als der Anschlag passierte. Wenn Sie die Berichte verfolgt haben, werden Sie mich vielleicht draußen am Fenster im dritten Stock gesehen haben. Dort erfuhr ich auch, dass die Terroristen es auf Sie abgesehen haben. Oder können Sie mir irgendwie erklären, warum ein Terrorist vom anderen Ende der Welt Ihr Foto eingesteckt haben sollte?«
Sie musterte ihn eindringlich. »Natürlich habe ich mitbekommen, was im Grand Royal passiert ist. Ich habe die Berichte gesehen. Auch den Mann, der aus dem Fenster gestiegen ist – und wenn das Sie waren, freut es mich, dass Sie überlebt haben. Der Anschlag hat sich auch auf die Finanzmärkte ausgewirkt. Das Unternehmen, dem das Hotel gehört, musste starke Kursverluste hinnehmen.«
Smith war einen Moment lang sprachlos; ihre Reaktion war einfach unglaublich, und er verlor langsam die Geduld mit ihr. Seit dem Anschlag hatte er sich den Kopf zerbrochen, wie er sie finden und warnen konnte – und sie dachte nur an die sinkenden Hotelaktien.
»Ganz ehrlich, Ms. Nolan, es ist mir scheißegal, wie die Aktien der Hotelkette stehen. Ich will Ihnen gerade klarmachen, dass Ihr Leben in Gefahr ist. Ich kann Ihnen keine
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