Die Janus-Vergeltung
beschlagnahmte er alles, was meine Familie über Jahre hinweg aufgebaut hatte, darunter eine neue Saphirmine, ein Energieunternehmen und eine Forschungseinrichtung. Er behauptete, das Land und die Gebäude würden der Regierung gehören, obwohl sich meine Familie schon vor Generationen dort niedergelassen hatte. Wir haben Straßen und Eisenbahnlinien gebaut und eine Stromversorgung installiert. Fast die ganze Infrastruktur in der Region haben wir Reddings mit unserer Arbeit errichtet.«
Smith verkniff sich die Bemerkung, dass die Reddings damit auch ein Vermögen gemacht hatten. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatten sich manche wie Raubritter große Flächen in Indien und Afrika angeeignet. Dennoch ließ sich nicht leugnen, dass die Familie für ihren Reichtum hart gearbeitet und das Land rund um ihre Besitzungen entwickelt hatte.
»Als einer unserer Wissenschaftler in der Forschungsanlage verschwand und seine Unterlagen gestohlen wurden, kam mir schon der Verdacht, dass Dattar und seine Handlanger dahintersteckten. Dattar hatte schon angedeutet, dass er die Anlagen der Reddings beschlagnahmen würde – und da beschloss ich, das Geld in Sicherheit zu bringen.«
»Welcher Wissenschaftler? Woran hat er gearbeitet?«
Bevor Nolan antworten konnte, setzte sich ein Mann auf den Stuhl neben ihnen: etwa Anfang zwanzig, Rucksack auf einer Schulter, in Jeans und Sweatshirt. Er nahm den Rucksack ab und stellte ihn auf den Tisch. Daraus nahm er einen Laptop und ein Chemie-Lehrbuch, dessen Rücken mit Klebeband zusammengehalten war. Als der Mann das Buch öffnete, sah Smith, dass einzelne Stellen mit gelbem Textmarker hervorgehoben waren. Seine Anspannung ließ etwas nach.
»Er hatte Bakterien entdeckt, die Strom leiten können«, sagte Nolan.
Die Kühlboxen , dachte Smith. Er rief sich den Namen der Bakterien in Erinnerung.
» Shewanella oneidensis MR-1?«
»Sie haben davon gehört. Na ja, kein Wunder. Ich hab im Internet ein paar Dinge über Sie gelesen. Ziemlich beeindruckend.«
»Was hat dieser Wissenschaftler mit den Bakterien gemacht?«
Sie zuckte die Achseln. »Ich weiß es nicht genau. Er hat sich jedenfalls mit der Idee beschäftigt, sie als alternative Energiequelle zu nutzen, aber auch als eine Art Transportsystem für gute Mikroben. Offenbar können diese Bakterien Strom sowohl leiten als auch erzeugen. Grayson Electric hat die Forschungsarbeit unterstützt.« Nolans Blick verhärtete sich. »Als man dann die Leiche des Wissenschaftlers fand, war mir klar, dass man Dattar aufhalten muss. Ich entdeckte, dass er das Geld unter mehreren falschen Namen versteckte – das Geld, das er sich von verschiedenen Unternehmen aneignete. Ein großer Teil wurde von Landon Investments verwaltet. Das hab ich weggeschafft. Es stammt aus unseren Familienbetrieben und hat also ohnehin uns gehört. Ohne das Geld kann er seine Killer nicht mehr bezahlen.«
Smith schüttelte den Kopf. »Sie irren sich. Er hat einen der Besten auf uns beide angesetzt. Sie haben sich vermutlich schon gedacht, dass er Sie verfolgen würde, nachdem Sie ihm das Geld weggenommen hatten?«
Sie nickte. »O ja, das war mir klar. Ich hab das Geld breit gestreut – es würde lange dauern, es wieder einzusammeln. Mit einer einzigen Transaktion wäre es nicht getan. Außerdem käme niemand außer mir an das Geld ran. Die größten Brocken sind mit meinem Stimm- und Fingerabdruck gesichert.« Sie seufzte. »Sie können sich vorstellen, wie froh ich war, als er festgenommen und verurteilt wurde. Aber dann hörte ich von seiner Flucht. Mir war klar, dass er recht schnell merken würde, dass das Geld weg ist, und etwas unternehmen würde.«
»Warum laufen Sie dann ständig vor mir weg? Ich bin auf Ihrer Seite.«
Sie musterte ihn eindringlich. »Ich weiß nicht recht, was ich von Ihnen halten soll. Irgendwas kommt mir seltsam vor, obwohl ich nicht genau sagen kann, was. Zum Beispiel, dass Sie nicht ins Krankenhaus wollen, nachdem man auf Sie geschossen hat. Oder dass Sie behaupten, es gäbe niemanden, an den Sie sich wenden können. Jeder hat irgendwen in seinem Leben. Wenn nicht, dann ist mit demjenigen einiges nicht in Ordnung, oder er lügt oder beides. Außerdem ziehe ich meine Dinge lieber allein durch. Schließlich werden Sie ja vom selben Killer verfolgt. Wir machen es ihm zu einfach, wenn wir zusammen sind.«
»Sie verlassen sich viel zu sehr darauf, es allein zu schaffen. Sie sind vielleicht eine Expertin in Finanzdingen, aber ich
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