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Die Judas-Papiere

Die Judas-Papiere

Titel: Die Judas-Papiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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und das auch noch im strömenden Regen. Das wäre alles andere als gentlemanlike gewesen. Und er ließ es sich trotz des starken Re gens auch nicht nehmen, sich mit eigenen Augen davon zu überzeu gen, dass der Kutscher seinen sperrigen Schrankkoffer sowie das Ge päck seiner Gefährten sicher auf der Droschke verstaute, mit einer Plane abdeckte und durch stramme Riemen sicherte.
    »Ja, ich weiß. Ich habe dem Gepäckträger und dem Kutscher be stimmt zu viel gegeben, Miss Chamberlain«, sagte Byron, als er schließlich mit triefnassem Mantel und Hut zu den anderen in die Kutsche stieg und Harriet ihn danach fragte.
    »Und wennschon!«, sagte Horatio und winkte ab. »Wenn unsere Reisekosten um ein paar Kronen höher zu Buche schlagen als vielleicht nötig, wird das Lord Pembroke sicherlich nicht in den Ruin treiben.«
    Wenig später fädelte sich die Droschke in den regen Kreisverkehr um den Praterstern ein, in dessen Mitte eine mit bronzenen Schiffsschnäbeln geschmückte Granitsäule aufragte, die das bronzene Standbild eines Seekriegshelden trug. An der dritten Ausfahrt ver ließ der Fiaker das Rondell und folgte im schnellen Trab der breiten Praterstraße in Richtung Donau.
    Byron und auch Horatio blickten aus dem Fenster, um einen ersten Eindruck von Wien zu bekommen. Doch alles, was sie in der Abend dämmerung bei dem Regen ausmachen konnten, waren der Schein von Gaslichtern, die wie ausgefranste gelbliche Lampions zwischen den kahlen Bäumen der Allee zu schwimmen schienen, dann und wann der deutlich hellere weiße Schein einer elektrischen Beleuch tung sowie die vorbeifliegenden dunklen Schatten von Fuhrwerken, Kutschen und Omnibussen.
    »Wie schade, dass es schon so dunkel ist und regnet«, bedauerte Harriet, als der Fiaker die Donau auf der Aspern-Brücke überquerte. »Wien ist eine so prächtige Stadt mit vielen herrlichen Gebäuden, Plätzen und Parkanlagen. Und hier von der Aspern-Brücke aus hat man einen wunderschönen Blick auf die Donau, den Franz-Joseph-Kai und den Wien-Fluss, der gleich dahinter in die Donau mündet.«
    »Vielleicht haben wir ja einen längeren Aufenthalt vor uns und Zeit genug, um uns die Stadt in aller Ruhe und bei klarem Himmel anzu sehen«, sagte Alistair und blickte Byron an. »Oder sind Sie unserem einfallsreichen Irren schon auf die Schliche gekommen, was er da in dem Namenssalat versteckt hat, Bourke?«
    »Leider nicht, Mister McLean«, sagte Byron, dem die kleinen Sticheleien des Spielers mittlerweile nicht mehr so viel ausmachten wie zu Beginn ihrer unfreiwilligen Bekanntschaft. Er hatte sich auch damit abgefunden, von ihm nur mit »Bourke« angesprochen zu werden.
    Auf dem rechten Ufer der Donau ging die Fahrt über den Stuben-und Parkring, der als breite Flanierstraße am Stadtpark vorbeiführte, und weiter über den kurzen Kolwatring, der an seinem Ende scharf nach rechts in den Kärntnerring überging.
    »So, da wären wir schon!«, sagte Harriet, als die Kutsche an der nächsten Kreuzung einem Rechtsbogen folgte und Augenblicke spä ter die Straßenseite wechselte. »Der hohe, sechsstöckige Kasten mit den beiden kurzen Rundtürmen dort drüben ist das Hotel Bristol! Das Hotel Imperial und das Grand Hotel, die beiden anderen exklusiven Hotels, liegen auch auf dieser Straße, dazu eine ganze Handvoll Ban ken. Denn hier verkehrt die vornehme Gesellschaft der Stadt.«
    »Na, dann sind wir hier ja goldrichtig!«, sagte Alistair mit einem freudig erregten Funkeln in den Augen.
    Dieses Funkeln gefiel Byron gar nicht und er fragte sich, ob Alistair womöglich die Absicht hatte, bis zur Entschlüsselung des Codes ei nen Teil ihres Aufenthalts in Wien irgendwo an einem Spieltisch zu verbringen. Und sosehr ihm dieser Gedanke auch missfiel, so wenig stand es ihm doch zu, Alistair irgendwelche Vorschriften zu machen. Das Einzige, was er tun konnte, war, darauf zu bestehen, dass jeder von ihnen erst einmal seinen Beitrag zur Lösung zu liefern versuchte, bevor er hier in Wien eigene Wege ging und die Entzifferung ihm überließ. Deshalb sagte er: »Ich schlage vor, dass wir uns gleich zu sammensetzen und noch einmal gemeinsam versuchen, diesen Namens-Code zu entziffern. Zudem gibt es noch einiges andere zu be sprechen.«
    Horatio nickte. »Ja, das sollten wir machen. Wollen wir uns nach dem Abendessen treffen oder wie haben Sie sich das gedacht, Mister Bourke?«
    Der Fiaker kam zum Stehen. Sofort eilte der livrierte Hotelportier herbei, ein grau melierter Mann von stattlicher

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