Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)
die Bäume herum spielten Kinder. Eines drehte sich um und lächelte Josua zu. Das Kind winkte ihm, und Josua sah, dass dort kein Baum stand. Stattdessen nahm er eine Münze wahr. Und als er nochmals hinschaute, war die Münze verschwunden. Stattdessen war dort ein Schleier. Wenn ein Mensch das Böse besiegte, so zerriss er den Schleier und betrat das Reich Gottes. Hatte er seine spirituelle Reise vollendet, dann gelangte er auf die dritte Insel. Gleichnisse und Rätsel – diese Symbole suchten die spirituelle Reise zu erklären. Doch wie kann ein Mensch das Böse besiegen?, fragte Josua Theodore, denn nun erschien abermals der Schleier, wobei Josua ein furchterregendes Bild gewahrte. Er sah einen großen, fürchterlichen Geist und dahinter ein Heer, das so groß war, dass es die Sonne verdeckte. Es war diese Armee, die verhinderte, dass er sein Ziel erreichte – Geister, die sich daranmachten, gegen ihn in die Schlacht zu ziehen.
Als Antwort präsentierte ihm der Mönch abermals ein Bild. Josua erkannte einen Mann, der einen Fluss mit Hochwasser überquerte. In einer Hand hielt der Mann einen Stab, und auf den Schultern trug er ein kleines Kind. Während der Mann durch die Wassermassen watete, drohten sie ihn zu verschlingen. Zudem wurde das Kind auf seinem Rücken immer schwerer. Hin und wieder schien es, als würde der Mann von dem Fluss davongerissen. Schließlich gelangte er an das andere Ufer. Zugleich verschwand das Kind. Josua schlug die Augen auf; er war in die Welt der Lebenden zurückgekehrt. Auf der Erde war es Morgen.
»Was hast du gesehen?«, fragte Jussef.
Josua antwortete: »Wenn ein Mensch durch
diese
Welt reist, sollte er vor Besitztümern auf der Hut sein. Sie können eine Gier hervorrufen, die seine spirituelle Einsicht tötet, so dass er in die entgegengesetzte Richtung geht, in die er eigentlich gehen wollte. Und wenn ein Mensch durch die
spirituelle
Welt reist, trägt er im Geheimen Gott mit sich. Je weniger ein Mensch auf diesen beiden Reisen Übles tut, desto geringer das Leid. In der spirituellen Wüste liegt eine Oase – Eden. Dort finden sich die Früchte, die Tugenden, die einem Menschen ermöglichen, Zion zu erreichen. Lies mir den Rest vor!«
Jussef nahm die Bibel zur Hand.
»Weil du das getan hast, bist du verflucht unter allem Vieh und allen Tieren des Feldes. Auf dem Bauch sollst du kriechen und Staub fressen alle Tage deines Lebens.«
»Auf dem Bauch kriechen heißt, dass Satan gepeinigt und seinen Begierden unterworfen wird. Er wird Staub fressen alle Tage seines Lebens, weil alle seine Pläne sich zerschlagen. Der Mensch aber wird ewiges Leben erlangen.«
»Aber wie wird er ewiges Leben erlangen?«
»Er wird sterben. Das ist sein Eintritt in die Herrlichkeit Gottes.«
»Aber … was braucht er für seine spirituelle Reise?«
»Nur einen Stab – Weisheit.«
Zufällig fiel Jussef die Bibel aus der Hand. Als er sie vom Boden aufhob, fiel sein Blick auf einen Satz.
Nehmt nichts mit auf dem Weg, keinen Wanderstab und keine Vorratstasche, kein Brot, kein Geld und kein zweites Hemd.
»Wenn wir irgendetwas anderes mit auf eine spirituelle Reise nehmen, dann kommen wir nie an«, sagte Josua, »dann stürzen wir in der Wüste. Keine Besitztümer, keine Bindung an Besitztümer. Keine Dinge von dieser Welt.«
»Wir? Du hast gesagt: ›wir‹.«
»Du kommst mit«, sagte Josua und lächelte. »Und wir müssen auf dem Weg viele Menschen einsammeln. Wir werden sie natürlich nicht sehen.«
»Wir werden sie nicht sehen?«
»Nein, sie werden hinter uns herziehen.«
* * *
Im Vatikan begab sich der Papst auf einen mitternächtlichen Ausflug von seinen Gemächern zum Petersdom. Nachdem er sich dem Hochaltar genähert hatte, kniete er unter dem großen Baldachin von Donatello nieder. Eine der vier Säulen stammte angeblich aus dem Tempel Salomos – diejenige, an die Christus sich lehnte, als er im zarten Alter von zwölf Jahren mit den jüdischen Ältesten disputierte. Was hatte der große Meister – der Sohn Gottes – ihnen gesagt, dass sie derart staunten? Und wieso hatten sie – trotz ihrer vermeintlichen Spiritualität – nicht erkannt, dass der junge Mann, der da mit ihnen diskutierte, Gott selbst war, ein Gott, der die lange und schmerzliche Reise auf die Erde angetreten hatte. Er war Generation um Generation der Gottesfürchtigen herabgestiegen, um seine Lehre unter die Menschheit zu bringen – der einzige Weg, die Blinden zurück nach Hause zu
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