Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)
tot. Jefferson schleuderte das Telefon in die Ecke und schaltete das Licht aus. Im Dunkeln schluchzte er. Er würde auch Ariel und seine Frau verlieren, da war er sich sicher. Seine Macht als Präsident war nichts mehr wert. Er und seine Familie waren zu Geiseln der Epidemie und der Ärzte geworden.
»Warum?«, schrie er im Finstern einer Gottheit entgegen, an die er nicht glaubte.
46
In Felsen haut er Stollen ein und lauter Kostbarkeiten
erblickt sein Auge.
Hiob 28,10
D ürfen wir das?«
»Ach, Herrgottnochmal!«
Kardinal Rienzi hob verärgert den Blick. Das war das Problem mit einigen Kardinälen: Die waren so ängstlich, dass es schon verwunderte, wenn sie sich trauten, sich am Morgen anzukleiden. Wirklich, im Vatikan ging es manchmal zu wie im Kindergarten. Rienzis eigener Mut wurde von der Aufgabe diktiert – seiner Mission –, ein Geheimnis aufzudecken.
»Schauen Sie«, sagte er und wandte sich im Dunkeln zu seinem Gefährten um. »Die halbe Welt liegt im Sterben. Finden Sie denn nicht, dass wir wenigstens versuchen sollten, eine Antwort darauf zu finden?«
»Doch«, erwiderte der Kardinal aus Mailand kleinlaut. Sie machte Spaß, diese Verschwörung, vorausgesetzt, man musste nicht allzu aktiv daran mitwirken. Sich um zwei Uhr morgens die Marmortreppe zur Krypta des Petersdoms hinunterzuschleichen entsprach allerdings nicht seiner Vorstellung von Spaß. Außerdem könnte er stürzen und sich das Bein brechen – und wer würde ihn dann nach oben tragen? Er vermutete fast, dass Rienzi ihn seinem Schicksal überlassen würde. In letzter Zeit schien das jeder so zu tun.
»Nur noch ein paar Stufen.«
Sie kamen am Fuße der Treppe an; Rienzi schloss das bronzene Tor auf, trat hindurch und verschloss es hinter sich; sie wollten ja nicht von ungebetenen Besuchern gestört werden.
»Meine Taschenlampe ist ausgegangen!«
Rienzi griff hinter sich, riss dem Kardinal die Taschenlampe aus der Hand und schüttelte sie; sie ging wieder an. Das war das Problem mit Verschwörern: Sie waren oft bedauerlich schlecht vorbereitet. Die beiden schritten durch die kleine Gruft, in der sich das Grab so manch eines berühmten kirchlichen Würdenträgers und Papstes befand. In einer Ecke stand ein Altar mit einem marmornen Ablagebrett. Auf diesem lagen die Pallien für die neuen Bischöfe, die den Segen des heiligen Petrus erhalten sollten. Hinter dieser Ablage befand sich ein Hohlraum, der zum Grab des ersten Apostels führte. Er war zu eng, als dass eine Person dort hinunterkriechen konnte, wenngleich Rienzi und den Mailänder Kardinal das gereizt hätte. Sein Neffe hatte ihm jedoch ein langes Glasfaserkabel mit Kamera besorgt, das sein Gefährte trug. Rienzi beugte sich über die Öffnung und verspürte einen kalten Luftzug. Er leuchtete mit seiner Taschenlampe hinunter. Es ging ungefähr vier Meter steil nach unten, am Grund war Erde zu sehen.
»Reichen Sie mir das Glasfaserkabel, schnell!«
Mannhaft hob der Achtzigjährige es von seiner Schulter. Rienzi hatte angeboten, das Kabel und die Tasche mit Werkzeug zu tragen, dann jedoch erklärt, er habe Krampfadern. Also trug der Mailänder Kardinal beides für ihn, denn er hielt Krampfadern für lebensbedrohlich. Es war eine echte Mühsal gewesen, aber er hätte nicht im Traum daran gedacht, sich zu beklagen. Keuchend legte er nun Kabel und Tasche auf den Boden.
»Nicht hinsetzen!«, sagte Rienzi. »Ich benötige Ihre Hilfe. Nehmen Sie das Kabel und lassen Sie es durch das Loch nach unten, während ich die Taschenlampe halte.«
Ungeduldig wartete er, während sich der Alte mit dem Kabel zu schaffen machte und es durch das Loch nach unten hinabließ, wobei er die ganze Zeit kurzatmig schnaufte. Als das erledigt war, schaute Rienzi in das Gerät am anderen Ende.
»Was sehen Sie?«
»Da ist ein Grab«, rief Rienzi aufgeregt. »Ein Steingrab.«
»Können Sie hineinschauen?«
»Nein, natürlich nicht. Aber da ist noch etwas anderes.«
»Was?«
Rienzi schwenkte das Kabel hin und her. Die Grabkammer war geräumiger, als er geglaubt hatte. Sie musste Jahrzehnte nach der hastigen Bestattung des ersten Apostels ausgehöhlt worden sein. Möglicherweise während der Regierungszeit Konstantins des Großen, als er die Petersbasilika über dem römischen Friedhof bauen ließ. Der Raum war so groß, dass eine Person neben dem Grab stehen konnte.
»Großer Gott!«
»Wie bitte?«
»Nichts.« Hastig zog Rienzi das Glasfiberkabel wieder nach oben. »Ich gehe hinunter zu
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