Die Jury
zweifelt daran. Zumindest niemand, mit dem ich gesprochen habe.«
»Kommen Sie in der County herum, Sheriff?«
»Ja, Sir. Es ist meine Pflicht zu wissen, was vor sich geht.«
»Und Sie sprechen mit vielen Leuten?«
»Mit mehr, als mir lieb ist.«
»Kennen Sie jemanden, der noch nichts von Carl Lee Hailey gehört hat?«
Ozzie zögerte. »Der oder die Betreffende müßte taub, stumm und blind sein, um noch nie etwas von Carl Lee Hailey gehört zu haben«, antwortete er langsam.
»Kennen Sie jemanden, der sich keine Meinung über Schuld oder Unschuld des Angeklagten gebildet hat?«
»In dieser County gibt es keine derartigen Personen.«
»Kann hier ein fairer Prozeß gegen meinen Klienten geführt werden?«
»Nun, ich weiß nur eines: Es ist unmöglich, hier zwölf Männer und Frauen zu finden, die nichts von der Vergewaltigung und dem Doppelmord wissen.«
»Keine weiteren Fragen«, sagte Jake zu Noose.
»Ist Sheriff Walls Ihr letzter Zeuge?«
»Ja, Sir.«
»Möchten Sie ihn ins Kreuzverhör nehmen, Mr. Buckley?« Der Bezirksstaatsanwalt blieb sitzen und schüttelte den Kopf. »Gut«, brummte der Richter. »Ich ordne hiermit eine kurze Pause an. Die Anwälte begleiten mich bitte in mein Büro.« Dutzende von Gesprächen begannen im Gerichtssaal, als Buckley, Musgrove und Jake dem Richter und Mr. Pate durch die hintere Tür folgten. Noose schloß sie und streifte seinen Umhang ab. Mr. Pate brachte ihm eine Tasse schwarzen Kaffee. »Meine Herren, ich erwäge die Möglichkeit, Ihnen von jetzt an Schweigepflicht aufzuerlegen, bis zum Ende des Prozesses. Die große Publicity beunruhigt mich sehr, und ich möchte vermeiden, daß in diesem Fall die Presse das Urteil spricht.
Irgendwelche Kommentare?«
Buckley wirkte blaß und bestürzt. Er öffnete den Mund, brachte jedoch keinen Ton hervor.
»Gute Idee, Euer Ehren«, sagte Jake und versuchte, sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. »Ich habe bereits daran gedacht, eine solche Maßnahme vorzuschlagen.«
»Ja, da bin ich sicher. Mir ist aufgefallen, wie sehr Sie Journalisten verabscheuen. Mr. Buckley?«
»Äh, worauf bezöge sich die Anordnung?«
»Auf Sie, Mr. Buckley. Ihnen und Mr. Brigance wäre es verboten, irgendeinen Aspekt des Falles und des Prozesses mit Reportern zu erörtern. Die Schweigepflicht würde für alle Personen gelten, die der Kontrolle dieses Gerichts unterliegen. Damit meine ich Anwälte, Angestellte und auchden Sheriff.«
»Aber warum?« fragte Buckley.
»Um zu verhindern, daß Sie und Mr. Brigance den Fall in die Medien tragen. Ich bin nicht blind. Sie ringen beide um möglichst viel Rampenlicht, und der Prozeß hat noch nicht einmal begonnen. Er soll nicht zu einem Zirkus werden, zu einer Bühne, auf der Sie sich in Szene setzen.« Noose ging zum Fenster und murmelte etwas. Er schwieg einige Sekunden lang und murmelte erneut. Die beiden Anwälte wechselten einen kurzen Blick und sahen dann zu der schlaksigen Gestalt des Richters hinüber.
»Na schön.« Noose holte tief Luft. »Die Schweigepflicht gilt ab sofort, und zwar bis zum Ende des Prozesses. Wer gegen diese Anweisung verstößt, wird wegen Mißachtung des Gerichts belangt. Sie werden mit keinem Repräsentanten der Presse über das bevorstehende Verfahren sprechen. Fragen?«
»Nein, Sir«, sagte Jake ruhig.
Buckley starrte Musgrove an und schüttelte den Kopf. »Nun zur Anhörung. Mr. Buckley, Sie haben über zwanzig Zeugen erwähnt. Wie viele brauchen Sie?«
»Fünf oder sechs.«
»Das klingt schon besser. Wie heißen sie?«
»Floyd Loyd.«
»Wer ist das?«
»Beamter im Kreisverwaltungsvorstand, erster Bezirk, Ford County.«
»Und seine Aussage?«
»Er lebt seit fünfzig Jahren hier und ist schon über zehn Jahre im Amt. Er hält einen fairen Prozeß in Clanton für möglich.«
»Vermutlich hat er nie etwas von dem Fall Hailey gehört, wie?« fragte Noose mit unüberhörbarem Sarkasmus.
»Da bin ich nicht sicher.«
»Wer sonst noch?«
»Nathan Baker, Friedensrichter im dritten Bezirk, Ford County.«
»Die gleiche Aussage?«
»Im großen und ganzen ja.«
»Und weiter?«
»Edgar Lee Baldwin, früher Beamter im Kreisverwaltungsvorstand, Ford County.«
»Vor einigen Jahren hat man Anklage gegen ihn erhoben, nicht wahr?« warf Jake ein.
Buckleys Gesicht lief so rot an wie noch nie zuvor. Der große Mund klappte auf, und die Augen trübten sich.
»Er wurde nicht verurteilt«, sagte Musgrove.
»Es liegt mir fern, so etwas zu behaupten. Ich habe
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