Die Jury
überführen.«
»Ich möchte einen Anwalt«, murmelte Willard.
Ozzie stöhnte leise. »Was erhoffen Sie sich davon, Pete? Glauben Sie, ein Anwalt könnte Ihnen die Nigger vom Leib halten? Himmel, ich bemühe mich, Ihnen zu helfen, und Sie spielen den Klugscheißer.«
»Hören Sie auf den Sheriff, mein Junge«, sagte Griffin. »Er versucht, Ihnen das Leben zu retten.«
»Es wäre möglich, daß Sie mit einigen Jahren in diesem Gefängnis hier davonkommen«, warf Rady ein.
»Hier ist es viel sicherer als in Parchman«, fügte Prather hinzu.
»Es liegt bei Ihnen, Pete«, meinte Ozzie. »Entweder sterben Sie in Parchman, oder Sie bleiben hier. Und wenn Sie sich gut betragen... Vielleicht ziehe ich sogar in Erwägung, Sie zum Kalfakter zu machen.«
Willard ließ einmal mehr den Kopf hängen und rieb sich die Schläfen. »Na schön. Einverstanden.«
Ozzie drückte die rote Taste.
»Wo haben Sie das Mädchen gefunden?«
»Auf irgendeiner Straße.«
»Auf welcher Straße?«
»Weiß nicht. Ich war betrunken.«
»Wohin brachten Sie es?«
»Ich erinnere mich nicht.«
»Nur Sie und Cobb?«
»Ja.«
»Wer vergewaltigte die Kleine?«
»Wir beide. Ray zuerst.«
»Wie oft?«
»Weiß nicht mehr. Wir haben Joints geraucht und Bier getrunken.«
»Das Mädchen wurde von Ihnen beiden vergewaltigt?«
»Ja.«
»Wo ließen Sie es zurück?«
»Keine Ahnung. Ich schwöre, daß ich mich nicht daran erinnere.«
Ozzie schaltete den Recorder aus. »Wir fertigen ein schriftliches Protokoll von Ihrer Aussage an, und anschließend unterschreiben Sie.«
Willard schüttelte noch einmal den Kopf. »Bitte sagen Sie Billy Ray nichts davon.«
»Keine Sorge«, beruhigte ihn der Sheriff.
4
P ercy Bullard rutschte unruhig im Ledersessel hin und her. Er saß am alten, ramponierten Schreibtisch des Richterbüros und wußte: Vorn im Gerichtssaal hatte sich eine große Menschenmenge eingefunden – Neugierige, die mehr über das Verbrechen erfahren wollten. Im kleinen Nebenzimmer versammelten sich Anwälte vor dem Kaffeeautomaten und sprachen über die Vergewaltigung.
Bullards schwarzer Talar hing in einer Ecke neben dem Fenster, das Ausblick auf den nördlichen Teil der Washington Street gewährte. Seine Füße steckten in Turnschuhen, Größe 38, die kaum den Boden berührten. Er war klein und nervös und machte sich selbst dann Sorgen, wenn ganz gewöhnliche Verhandlungen bevorstanden. Nach dreizehn Jahren als Richter gelang es ihm noch immer nicht, sich zu entspannen. Glücklicherweise brauchte er keine wichtigen Prozesse zu leiten – die blieben dem Bezirksgericht vorbehalten. Bullards Verantwortung galt allein dem Countygericht; damit hatte er den Höhepunkt seiner Karriere erreicht.
Der alte Gerichtsdiener Mr. Pate klopfte an die Tür. »Herein!« rief Bullard.
»Guten Tag, Richter.«
»Wie viele Schwarze sind dort draußen?« fragte Percy Bullard scharf.
»Der halbe Saal.«
»Das sind hundert Personen! So viele Zuschauer gibt's nicht einmal bei einem Mordprozeß. Was wollen die Leute?« Mr. Pate schüttelte den Kopf.
»Glauben sie etwa, die Angeklagten werden schon heute verurteilt?«
»Ich schätze, sie sind nur besorgt«, sagte der Gerichtsdiener sanft.
»Besorgt? Über was? Ich lasse die Kerle nicht frei. Es findet nur eine Vorverhandlung statt.« Bullard zwang sich zur Ruhe und sah aus dem Fenster. »Ist auch die Familie zugegen?«
»So hat es den Anschein. Ich kenne einige der Verwandten, aber nicht die Eltern.«
»Und das Sicherheitsproblem?«
»Der Sheriff hat alle Deputys und Reservisten in der Nähe des Gerichtssaals postiert. Die Besucher wurden an der Tür kontrolliert.«
»Irgend etwas gefunden?«
»Nein, Sir.«
»Wo sind die Burschen?«
»Beim Sheriff. Er bringt sie in einigen Minuten hierher.«
Der Richter nickte zufrieden, und Mr. Pate legte eine handschriftliche Notiz vor ihm auf den Schreibtisch.
»Was ist das?«
Der Gerichtsdie ner holte tief Luft. »Einige Fernsehjournalisten aus Memphis bitten um Erlaubnis, die Verhandlung zu filmen.«
» Was? « Bullards Gesicht lief rot an, und er erbebte am ganzen Leib. »Kameras!« entfuhr es ihm. »In meinem Gerichtssaal!« Er zerriß den Zettel und warf die Fetzen in Richtung Papierkorb. »Wo sind die TV-Fritzen?«
»In der Rotunde.«
»Sie sollen das Gebäude verlassen.«
Mr. Pate ging.
Carl Lee Hailey saß in der hintersten Reihe. Auf den gepolsterten Bänken in der rechten Hälfte des Saals umgaben ihn Dutzende von Verwandten. Die Plätze
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