Die Jury
Jake durch die Mangel gedreht, aber es hätte schlimmer sein können. Buckley wollte Blut sehen, und Jake meinte, er bekäme jede Menge davon, wenn sich sein Gesicht noch mehr verfärbe. Buckley regte sich fürchterlich auf, schrie und warf Jake vor, die Jury ganz bewußt aufzuhetzen. Jake lächelte nur und erwiderte: ›Entschuldigen Sie bitte, Gouverneur.‹ Buckley mußte sich diese Bezeichnung mehrmals anhören und geriet jedesmal aus dem Häuschen. ›Er nennt mich Gouverneur, Richter‹, wandte er sich an Noose. ›Unternehmen Sie etwas dagegen.‹ Und Noose antwortete: ›Meine Herren, ich erwarte von Ihnen, daß Sie sich wie Profis verhalten.‹ Und dann meinte Jake jedesmal ›Vielen Dank, Euer Ehren.‹ Anschließend wartete er einige Minuten lang und sprach Buckley erneut mit ›Gouverneur‹ an.«
»Warum hat er dafür gesorgt, daß die beiden alten Damen in Tränen ausbrachen?«
»Es war ein hervorragender Schachzug, Harry Rex. Er zeigte der Jury, Noose, Buckley und allen anderen, daß es sein Gerichtssaal ist und daß er sich vor niemandem darin fürchtet. Jake hat zum erstenmal zugeschlagen. Buckley ist jetzt so nervös, daß er sich während des Prozesses nie wieder ganz beruhigen wird. Noose respektiert Jake, weil er sich nicht von ihm einschüchtern läßt. Die Geschworenen waren schockiert, aber sie sind jetzt hellwach und wissen, daß im Saal eine Art Krieg stattfindet. Ja, ein ausgezeichnetes Manöver.«
»Der Meinung bin ich auch.«
»Es schadete uns nicht. Buckley wollte mit den Frauen Mitleid erregen, doch Jake erinnerte die Jury an das Verbrechen der ach so lieben Söhne.«
»Zwei Dreckskerle.«
»Und wenn einige Geschworenen verärgert sind... Bestimmt haben sie ihren Groll vergessen, wenn der letzte Zeuge aussagt.«
»Jake hat echt was auf dem Kasten, wie?«
»Er ist gut. Sehr gut. Ich kenne keinen besseren Anwalt in seinem Alter.«
»Warten Sie nur bis zu seinem Schlußplädoyer. Ich habe ihm dabei einige Male zugehört. Er könnte selbst einem Exerzierplatzschleifer Mitgefühl abringen.«
Jake kehrte zurück und genehmigte sich einen kleinen Drink.
Nur einen ganz kleinen, für die Nerven. Harry Rex schüttete eine Margarita nach der anderen in sich hinein.
Nach der Mittagspause rief die Staatsanwaltschaft Ozzie Walls in den Zeugenstand. Buckley holte bunte Pläne vom Erdgeschoß und dem ersten Stock des Gerichtsgebäudes hervor, und darauf kennzeichnete er den Weg zum Tatort.
Kurze Zeit später präsentierte er große Fotografien, die Cobb und Willard tot auf der Treppe zeigten. Es waren scheußliche Aufnahmen. Jake hatte viele Bilder von Leichen gesehen. Naturgemäß handelte es sich in keinem Fall um hübsche Darstellungen, aber manchmal blieb einem dabei Entsetzen doch erspart. Er erinnerte sich an ein Opfer, das durch einen Herzschuß gestorben und einfach auf seiner Veranda umgefallen war. Es gab kein Blut, nur ein kleines Loch im Overall und ein zweites in der Brust. Der Mann sah aus, als sei er eingeschlafen oder von Alkohol betäubt, so wie Lucien.
Solche Fotos boten kaum etwas Spektakuläres, doch viele andere Mordfall-Aufnahmen konfrontierten den Betrachter mit schrecklichen Einzelheiten, mit Blut an Wänden und Decke, mit zerfetzten Körpern. Bei solchen Gelegenheiten benutzte der Bezirksstaatsanwalt dann Vergrößerungen, fügte sie mit ausgefeilter Theatralik dem protokollierten Beweismaterial hinzu und fragte Zeugen nach allen Details. Im Anschluß an die Aussagen bat er höflich um Erlaubnis, die Bilder der Jury zeigen zu dürfen, und der Richter lehnte nie ab. Dann beobachteten Buckley und alle anderen aufmerksam die entsetzen, von Grauen erfüllten Geschworenen. Jake hatte zwei Jurymitglieder gesehen, die sich übergaben, als man ihnen Fotografien von einer entstellten Leiche vorlegte.
Solche Aufnahmen führten zu Voreingenommenheit, doch das oberste Gericht hatte entschieden, daß sie bei einem Prozeß zulässig waren. Angeblich erleichterten sie es der Jury, eine Vorstellung von dem Verbrechen zu gewinnen und die Wahrheit zu finden. Seit neunzig Jahren entschieden die Gerichte von Mississippi immer wieder die Zulässigkeit von Mordfotos.
Jake hatte die Bilder von Cobb und Willard vor einer Woche betrachtet und schriftlichen Einspruch gegen ihre Verwendung beim Verfahren erhoben. Noose wies ihn natürlich zurück.
Diesmal zog Buckley eine besondere Show ab und befestigte die vergrößerten Aufnahmen an einer Tafel. Er erläuterte sie nacheinander, nahm
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