Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Jury

Titel: Die Jury Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
Vom Netzwerk:
Getränkeautomaten am Ende des Flurs galten als erstrebenswert, und die vierzehn wechselten sich damit ab. Eine schwere Bürde aus Langeweile lastete auf ihnen.
    Zu beiden Seiten des Korridors bewachten jeweils zwei Soldaten die Finsternis und Einsamkeit. Es kam nur dann zu Unterbrechungen der ereignislosen Stille, wenn sich die systematisch geplanten Notfälle von Geschworenen wiederholten, die Kleingeld für den Automaten brauchten.
    Man ging früh zu Bett, und als die Wächter um sechs Uhr am Donnerstagmorgen anklopften, waren die Jurymitglieder bereits wach, einige von ihnen sogar angezogen. Sie verschlangen das Frühstück – Pfannkuchen und Würstchen –, und um acht begann die Fahrt nach Clanton.
    Auch am vierten Verhandlungstag wartete schon um acht Uhr eine große Menge in der Rotunde. Das Publikum wußte inzwischen, daß es nach halb neun keine freien Plätze mehr gab. Prather öffnete die Tür, und Dutzende von Personen schritten durch den Metalldetektor, vorbei an wachsamen Deputys und in den Gerichtssaal. Dort wandten sich die Schwarzen nach links und die Weißen nach rechts. Hastings reservierte die vordere Sitzbank einmal mehr für Gwen, Lester, die Kinder und andere Verwandte. Agee und die übrigen Angehörigen des Priesterkonzils saßen in der zweiten Reihe, zusammen mit den Familienmitgliedern, die vorn keinen Platz mehr gefunden hatten. Bischof Agees Dienst betraf sowohl den Prozeß als auch das Organisieren von Demonstrationen auf dem Platz. Er selbst zog das Beobachten im Gerichtssaal vor, weil er sich hier sicherer fühlte, aber er vermißte die vielen Kameras und Journalisten vor dem Gebäude. Rechts von ihm, auf der anderen Seite des Mittelgangs, warteten die Familien und Freunde der beiden Opfer. Bisher hatten sie sich gut benommen.
    Einige Minuten vor neun wurde Carl Lee hereingeführt. Einer der Polizisten, die ihn eskortierten, nahm ihm die Handschellen ab. Er blickte zu Gwen und den Kindern hinüber, lächelte zuversichtlich und setzte sich. Kurz darauf trafen auch die Anwälte ein, und das Gemurmel verebbte. Ein anderer Gerichtsdiener sah durch die Tür neben der Geschworenenbank, nickte zufrieden und geleitete die Jury in den Saal. Mr. Pate stand vor der Tür des richterlichen Büros, und als alles bereit war, rief er: »Bitte erheben Sie sich!«
    Ichabod trug wieder seinen alten, zerknitterten Umhang, hastete zum Richterstuhl und forderte die Anwesenden auf, sich zu setzen. Er begrüßte die Geschworenen und fragte, ob nach dem vergangenen Verhandlungstag irgend etwas geschehen sei.
    Dann wandte er sich an die Anwälte. »Wo ist Mr. Musgrove?«
    »Er kommt später, Euer Ehren«, erwiderte Buckley. »Aber die Anklage ist trotzdem bereit.«
    »Rufen Sie Ihren nächsten Zeugen auf«, sagte Noose. Der gerichtsmedizinische Pathologe betrat den Saal. Normalerweise wäre er viel zu beschäftigt gewesen und hätte einen Mitarbeiter beauftragt, beim Prozeß auszusagen und der Jury die genaue Todesursache von Cobb und Willard zu erklären. Aber dies war der Fall Hailey, und er fühlte sich verpflichtet, höchstpersönlich im Zeugenstand Platz zu nehmen. Die Sache sei ganz einfach, meinte er. Man fand die beiden Leichen unmittelbar nach der Tat, und die Waffe lag bei ihnen. In den Körpern hätten genug Kugeln gesteckt, um Billy Ray Cobb und Pete Willard mehrmals zu töten. Wie dem auch sei: Der Bezirksstaatsanwalt beharrte auf gründlichen, umfassenden pathologischen Beschreibungen, und so saß der Pathologe stundenlang auf dem Stuhl des Zeugen und erläuterte Autopsiefotos und bunte anatomische Karten.
    Vorher, im Büro des Richters, hatte sich Jake bereit erklärt, die Todesursache als gegeben hinzunehmen, aber davon wollte Buckley nichts wissen. »Nein, Sir, Euer Ehren« sagte er, »ich möchte, daß die Geschworenen alle Einzelheiten erfahren.«
    »Die Verteidigung bestätigt, daß die Opfer mit der als Beweisstück protokollierten M-16 erschossen wurden«, meinte Jake.
    »Nein, Sir.« Buckley blieb stur. »Ich habe ein Recht darauf, die Todesursache zu beweisen.«
    »Aber das ist doch gar nicht nötig«, entgegnete Noose verblüfft. »Mr. Brigance zieht sie nicht in Zweifel.«
    »Ich habe ein Recht darauf, sie zu beweisen«, wiederholte Rufus.
    Und er bewies sie. Er bewies sie mit einem klassischen Fall von staatsanwaltschaftlichem Kahlschlag. Drei Stunden lang sprach der Pathologe darüber, wie viele Kugeln Cobb und Willard getroffen hatten, wo die Geschosse in den Körper eingedrungen

Weitere Kostenlose Bücher