Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Jury

Titel: Die Jury Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
Vom Netzwerk:
Wähler, die ihre Stimme Ozzie Walls gaben.«
    »Nun, wenn ein Weißer freigesprochen würde und ein Schwarzer damit rechnen müßte, verurteilt zu werden... Bitte erklären Sie mir, wie das System beide fair behandelt.«
    »Es gibt keine absolut faire Behandlung.«
    »Ich verstehe nicht ganz...«
    »Das System spiegelt die Gesellschaft wider. Es ist so fair, wie es hier, in New York, Massachusetts oder Kalifornien sein kann. Es setzt sich aus befangenen, voreingenommenen und emotionalen Menschen zusammen.«
    »Soll das heißen, Ihren Mandanten erwartet hier die gleiche Fairneß wie in New York?«
    »Es soll heißen, daß es in New York ebensoviel Rassismus gibt wie in Mississippi. Nehmen Sie unsere Schulen – in ihnen ist die Rassentrennung aufgehoben.«
    »Laut gerichtlicher Anweisung.«
    »Ja, doch was ist mit den Gerichten in New York? Jahrelang habt ihr frömmlerischen Mistkerle mit dem Finger auf uns gezeigt und Desegregation verlangt. Wir führten sie ein, und deshalb ging die Welt nicht unter. Aber Sie haben Ihre eigenen Schulen ignoriert, Ihre rein weißen Jurys und Stadträte und so weiter. Wir hatten damals unrecht und mußten einen hohen Preis dafür bezahlen. Inzwischen haben wir aus unseren Fehlern gelernt: Die Veränderungen sind langsam und schmerzlich, doch wir geben uns Mühe – während Sie noch immer mit dem Finger auf uns zeigen.«
    »Ich möchte die Schlacht von Gettysburg nicht wiederholen.«
    »Entschuldigen Sie. Wie geht die Verteidigung vor? Nun, ich weiß es nicht. Es ist noch zu früh, um über eine Strategie zu entscheiden. Erst muß mein Klient angeklagt werden.«
    »Zweifeln Sie daran?«
    »Warten wir's ab. Wann erscheint dieses Interview in Ihrer Zeitung?«
    »Vielleicht am Sonntag.«
    »Nun, spielt keine Rolle. Hier liest ohnehin niemand Ihr Blatt. Ja, es wird eine offizielle Anklageerhebung erfolgen.«
    McKittrick sah auf die Uhr, und Jake schaltete seinen Kassettenrecorder aus.
    »Ich will Ihnen nicht ans Leder«, meinte der Journalist.
    »Wie wär's, wenn wir irgendwo ein Bier trinken und das Gespräch fortsetzen?«
    »Unter uns gesagt: Ich trinke nicht. Aber ich nehme Ihre Einladung an.«
    Die Erste Presbyterianerkirche von Clanton stand der Ersten Vereinten Methodistenkirche direkt gegenüber, und beide waren in Sichtweite der viel größeren Ersten Baptistenkirche. Zur Gemeinde der Baptisten zählten mehr Mitglieder mit mehr Geld, aber am Sonntag fanden die Gottesdienste der Presbyterianer und Methodisten früher statt – dadurch gewannen sie den Wettlauf zu den Restaurants. Die Baptisten trafen dort um zwölf Uhr dreißig ein und standen Schlange, während Presbyterianer sowie Methodisten langsam aßen und ihnen von ihren Tischen aus zuwinkten.
    Jake schätzte sich glücklich, kein Baptist zu sein. Er hielt sie für zu engstirnig und zu streng; bei ihnen dauerte der sonntägliche Abendgottesdienst eine halbe Ewigkeit, und es hatte Brigance immer Schwierigkeiten bereitet, diese Tradition zu achten. Carla wuchs als Baptistin auf, Jake als Methodist. Vor der Heirat einigten sie sich auf einen Kompromiß und wurden beide zu Presbyterianern. Sie waren zufrieden mit ihrer Kirche und besuchten fast immer die Messe am Sonntagmorgen.
    Dabei nahmen sie ihren üblichen Platz ein, ließen Hanna zwischen sich schlafen und ignorierten die Predigt. Jake schenkte ihr keine Beachtung, indem er den Pfarrer beobachtete und sich vorstellte, im Gerichtssaal Buckley gegenüberzutreten, in der Gegenwart von zwölf anständigen, unbescholtenen Geschworenen und mehreren Kameras. Carla überhörte sie, indem sie den Pfarrer beobachtete und in Gedanken das Eßzimmer neu tapezierte. Jake spürte einige neugierige Blicke der anderen Kirchgänger und vermutete, daß es sie mit Ehrfurcht erfüllte, eine Berühmtheit in ihrer Mitte zu wissen. Er bemerkte mehrere unvertraute Gesichter: entweder reuige Gemeindemitglieder oder Reporter. Er war nicht ganz sicher, bis ihn einer der Fremden längere Zeit anstarrte; daraufhin wußte er, daß es sich um einen Journalisten handelte.
    »Ihre Predigt hat mir sehr gefallen, Reverend«, log Jake, als er dem Pfarrer draußen auf der Treppe die Hand schüttelte.
    »Freut mich, daß Sie gekommen sind, Jake«, erwiderte der Geistliche. »Wir haben Sie alle im Fernsehen gesehen. Meine Kinder sind immer ganz aufgeregt, wenn Sie auf der Mattscheibe erscheinen.«
    »Danke. Beten Sie für uns.«
    Sie fuhren nach Karaway, um das Mittagessen bei Jakes Eltern einzunehmen. Gene und

Weitere Kostenlose Bücher