Die Juweleninsel
fallen; dadurch gerieth der Sprung zu hoch, und indem die gewandte Katze über ihn hinwegflog, that er mit seiner Tatze einen gedankenschnellen Griff – ein heißeres entsetzliches Brüllen erscholl, ein tiefes befriedigtes Brummen mischte sich darein: der Bär hatte dem Panther den Leib aufgerissen, so daß der Verwundete die Gedärme nach der Ecke schleppte, in welche er sich schleunigst retirirte.
»Alle Teufel, das konnte man nicht erwarten!« rief der Rittmeister. »Nicht wahr, Exzellenz?«
»Yes!«
»Das geschah nur ganz aus Zufall von diesem Tölpel von Bären. Nicht wahr, Mylord?«
»Yes!«
»Aber noch ist es nicht aus. Der Panther leckt sich und bringt seine Plessur in Ordnung. Er wird den Angriff wiederholen und dann unbedingt siegen!«
»Yes!«
Es war wirklich so, wie der Rittmeister sagte. Der Panther erhob sich bereits nach kurzer Zeit und näherte sich schnaubend und pustend dem Bären. Dieser öffnete den blutrothen Rachen, drehte die kleinen Augen im Kopfe herum und retirirte sich vorsichtig gegen die Wand der Arena. Er wollte sich jedenfalls rückenfrei machen.
»Er reißt aus!« jubelte der Rittmeister. »Exzellenz werden Ihre Wette unbedingt gewinnen!«
»Yes!«
Lieutenant Harry hörte dies.
»Es stehen hundert Pfund, Exzellenz?«
»Yes!«
»Sagen wir zweihundert?«
»Yes!«
»Exzellenz auf den Panther und ich auf den Bären?«
»Yes, yes!«
»Mylord müssen gewinnen!« versicherte der Rittmeister.
In diesem Augenblicke schnellte sich der Panther trotz seiner Wunde auf den Bären. Dieser lehnte mit dem Rücken an der Wand und empfing den Feind mit offenen Pranken. Es erfolgte nun ein höchst interessantes Schauspiel. Die beiden mächtigen Thiere hielten sich mit den Tatzen und Zähnen gepackt; sie fielen zur Erde und wälzten sich in dem Sande umher, daß der Staub eine dichte Wolke bildete. Das Fell des Panthers bildete für den Bären eine angreifbarere Fläche als der Zottelpelz des letzteren, welcher vortheilhafter Weise seine hintere Pranke in die Bauchwunde des Feindes gebracht hatte und nun in den Eingeweiden desselben wühlte. Der Panther stieß ein schreckliches und ununterbrochenes Brüllen aus, während man von dem Bären nicht einen einzigen Laut, nicht das geringste Brummen vernahm. Da krümmte sich der Panther zusammen, ein weithin brüllender entsetzlicher Schrei erscholl; ein dumpfes, gurgelndes, wimmerndes Röcheln folgte, dann trat eine Stille ein, die nur durch das knirschende Knacken und Krachen von Knochen unterbrochen wurde: der Bär hatte den Schädel seines besiegten Gegners zermalmt, um das Hirn desselben zu verzehren.
Laute Zurufe belohnten den Sieger für seine Tapferkeit. Man hatte ihm im Vorherein den Sieg nicht zugesprochen. Er kümmerte sich nicht um den Applaus, sondern zog sich, nachdem er das Gehirn verzehrt hatte, in die neben dem Käfige befindliche Ecke zurück.
»Schauderhaft!« bemerkte der Rittmeister. »So etwas konnte kein Mensch vermuthen. Nicht wahr, Mylord?«
»Yes!«
»Die Wette ist zum Teufel!«
»Yes!«
»Zweihundert Pfund.«
»Yes!«
»Pah! Es wird sich Gelegenheit finden sie zurück zu gewinnen. Nicht wahr, Exzellenz?«
»Yes!«
Während der eingetretenen Pause gab es in der vergitterten Loge ein leises Gespräch.
Es waren nur zwei Frauen zugegen: die Frau und die Schwester des Maharajah, welcher sein Weib so liebte, daß er keine zweite Frau an ihre Seite setzen wollte, sondern es nur liebte, einige Sklavinnen bewundern zu dürfen.
Die Königin von Augh war eine zart gebaute Indierin von außerordentlich sanften Gesichtszügen, die nur von Güte und Milde sprachen.
»Wie gefällt er Dir?« frug sie.
»Wer?« klang es ganz erstaunt.
»Nun, wer anders als dieser Franke?«
»Der Lord da drüben?«
»Oh! Der Frankhi bei Deinem Bruder!«
»Dieser?«
»Ja. Nun?«
»Was?«
»Wie er Dir gefällt?«
»Ja, dürfte er mir denn gefallen?«
»Warum nicht? Darf Dir nicht eine Blume, ein Thier, ein Haus, eine Gegend gefallen?«
»Also auch ein Mensch?«
»Natürlich. Also sage es!«
»Als ein Mensch gefällt er mir.«
Die Königin zuckte mit der zarten, in kostbaren durchsichtigen Mousselin gehüllten Schulter.
»Weiter nicht?«
»Warum weiter?«
»Rabbadah! Willst Du mich kränken?«
Bei diesen Worten kam Leben in die bisher kalten Züge der Begum. Sie legte die Arme um die Schwägerin, zog sie an sich und küßte sie innig.
»Er ist so schön, so stolz, so treu,« flüsterte sie ihr leise in das Ohr. »Aber
Weitere Kostenlose Bücher