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Die Kälte Des Feuers

Die Kälte Des Feuers

Titel: Die Kälte Des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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nichts jene Verdrossenheit zu erkennen, die er später als Erwachsener entwickelte, und Holly begriff, daß ihn der frühe Tod seiner Eltern stark verändert hatte. Der unbekümmerte, fröhliche Knabe existierte nicht mehr.
    Eine Schwarzweiß-Aufnahme weckte ihr besonderes Interesse. Sie zeigte Mr. Ironheart auf einem Stuhl mit hoher Rückenlehne. Ein etwa siebenjähriger Jim saß auf dem Schoß seines Vaters. Beide trugen einen Smoking. Mrs. Ironheart stand hinter ihrem Mann und hatte ein reizvolles, mit Pailletten besetztes Cocktailkleid an, das ihre ausgezeichnete Figur betonte. Alle drei sahen direkt in die Kamera. Im Gegensatz zu den anderen Fotos nahmen sie eine sorgfältige Pose ein, und als Hintergrund diente nur ein drapiertes Tuch. Offenbar stammte dieses Bild von einem professionellen Fotografen.
    »Sie waren wundervoll«, sagte Jim von der Tür her. Holly hatte ihn überhaupt nicht gehört. »Kein Kind kann sich bessere Eltern wünschen.«
    »Ihr seid viel gereist?«
    »Ja. Sie waren praktisch ständig unterwegs und liebten es, mir neue Orte zu zeigen, mir Erfahrungen aus erster Hand zu ermöglichen. Eines steht fest: Meine Eltern wären sehr gute Lehrer gewesen.«
    »Womit verdienten sie sich ihren Lebensunterhalt?«
    »Mein Vater war Buchhalter bei Warner Brothers.«
    »Meinst du die Filmstudios?«
    »Ja.« Jim lächelte. »Wir wohnten damals in Los Angeles. Meine Mutter wollte Schauspielerin werden, aber sie bekam nur wenige Angebote. Sie gab sich schließlich damit zufrieden, als Kellnerin in einem Restaurant an der Melrose Avenue zu arbeiten, nicht weit von Paramount entfernt.«
    »Ihr seid glücklich gewesen, nicht wahr?«
    »Immer.«
    Holly deutete auf das Bild mit den drei förmlich gekleideten Ironhearts. »Eine besondere Gelegenheit?«
    »Bei Anlässen, die eigentlich nur meine Eltern betrafen - zum Beispiel Hochzeitstage -, bestanden sie darauf, daß ich ebenfalls an der Feier teilnahm. Sie gaben mir ständig das Gefühl, etwas Spezielles zu sein und geliebt zu werden. Als jene Aufnahme entstand, war ich sieben; ich erinnere mich daran, daß sie große Pläne hatten. Sie wollten hundert Jahre lang verheiratet bleiben und in jedem Jahr glücklicher sein - sie wollten die ganze Welt sehen, bevor sie zusammen im Schlaf starben. Aber nur drei Jahre später schlug der Tod zu.«
    »Es tut mir leid, Jim.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Es ist lang her. Fünfundzwanzig Jahre sind seitdem vergangen.« Er sah auf die Armbanduhr. »Komm, es wird Zeit. Wir brauchen vier Stunden, um die Farm zu erreichen, und es ist schon neun.«
    Im Laguna Hills Motor Inn zog sich Holly rasch um - sie wählte Jeans und eine blaue, karierte Bluse - und packte dann die restlichen Sachen zusammen. Jim nahm ihre Reisetasche entgegen und legte sie in den Kofferraum.
    Als sie am Empfangstresen den Zimmerschlüssel zurückgab und die Rechnung bezahlte, saß er am Steuer des Wagens, und Holly spürte seinen Blick auf sich ruhen. Nun, sie wäre enttäuscht gewesen, wenn er sie nicht beobachtet hätte. Aber als sie den Kopf drehte und durch das große Glasfenster sah, wirkte Jim so kühl und unnahbar, daß sie seine intensive Aufmerksamkeit mit Unbehagen erfüllte.
    Sie fragte sich, ob es richtig war, ihn zum Santa Ynez Valley zu begleiten. Wenn sie das Motel verließ und auf dem Beifahrersitz seines Wagens Platz nahm, gab es außer ihm niemand, der ihren Aufenthaltsort kannte. Ihre Notizen über ihn befanden sich in der Reisetasche und mochten mit ihr zusammen verschwinden. Dann bin ich eine von vielen Frauen, die sich während des Urlaubs in Luft auflösten, keine Spuren hinterließen.
    Als der Angestellte das Kreditkartenformular ausfüllte, überlegte Holly, ob sie ihre Eltern in Philadelphia anrufen und ihnen mitteilen sollte, mit wem sie wohin fuhr. Nein, ich würde sie nur beunruhigen und müßte ihnen während der nächsten halben Stunde immer wieder versichern, daß alles in Ordnung ist.
    Außerdem hatte sie bereits entschieden, daß die Dunkelheit in Jim weniger wichtig war als das Licht. Und sie fühlte sich ihm gegenüber verpflichtet. Wenn er ab und zu eine gewisse Nervosität in ihr weckte … Nun, das gehörte zu den Aspekten, die ihn so faszinierend erscheinen ließen. Ein Hauch von Gefahr erhöhte nur den Reiz, den er auf sie ausübte. Tief in seinem Herzen war er ein guter Mann.
    Holly fand es närrisch, um ihre Sicherheit besorgt zu sein, nachdem sie bereits mit Jim geschlafen hatte. Für eine Frau spielte die

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