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Die Kälte Des Feuers

Die Kälte Des Feuers

Titel: Die Kälte Des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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streifte das T-Shirt ab.
    Blut tropfte aus drei Wunden in ihrer linken Seite. Die erste befand sich dicht unter der Brust, und die beiden anderen folgten in Abständen von vier bis fünf Zentimetern. Rechts gab es zwei weitere Kratzer, nicht ganz so tief wie die anderen.
    Holly dachte an die Klauen des Ungeheuers.
    Jim erbrach sich in der Toilette, spülte und gurgelte mit Mundwasser, das nach Pfefferminz schmeckte.
    Das Gesicht im Spiegel wirkte wie eine Fratze, und er wandte rasch den Blick davon ab.
    Erschöpft beugte er sich über das Waschbecken, und mindestens zum tausendsten Mal seit einem Jahr überlegte er, was mit ihm geschah.
    Im Schlaf war er wieder in der Windmühle gewesen. Nie zuvor hatte ihn der gleiche Alptraum zwei Nächte hintereinander gequält. Für gewöhnlich vergingen Wochen, bevor er sich wiederholte.
    Außerdem kam jetzt ein beunruhigendes neues Element hinzu. Die Szene beschränkte sich nicht auf Regen, schmale Fenster, die flackernde Flamme einer Kerze, tanzende Schatten, das Geräusch der großen Windmühlenflügel, die sich draußen drehten, das dumpfe Knirschen der Mühlsteine weiter unten und die unerklärliche Furcht. Diesmal spürte Jim eine böse Präsenz, die er nicht sehen konnte, aber ständig näher kam - etwas so Fremdartiges und Unheilvolles, daß er nicht imstande war, sich Gestalt und Absichten der Wesenheit vorzustellen. Er rechnete damit, daß sie einfach die Kalksteinwand und den Holzboden durchbrach, vielleicht auch die aus dicken Brettern bestehende Tür am Ende der Treppe zertrümmerte, um ihn anzugreifen. Eine Zeitlang fragte er sich, in welche Richtung er fliehen sollte. Schließlich riß er die Tür auf und erwachte mit einem Schrei. Wenn er irgend etwas gesehen hatte, so erinnerte er sich nicht mehr daran.
    Aber ganz abgesehen von der Gestalt des Fremdartigen - Jim wußte, daß es sich um  den Feind  handelte. Allerdings gab es jetzt einen Unterschied: jenes amorphe Wesen, das ihn in den anderen Alpträumen heimsuchte - es hatte jetzt einen Weg in den Windmühlentraum gefunden, obwohl es ihm dort noch nie zuvor erschienen war.
    So verrückt es auch sein mochte: Ironheart spürte, daß die Wesenheit nicht von seinem Unterbewußtsein geschaffen wurde, während er schlief. Sie erschien ihm ebenso real wie der Rest der Wirklichkeit. Früher oder später würde sie die Barriere zwischen der Traumwelt und der des wachen Bewußtseins durchdringen, so wie sie bereits von einem Alptraum in einen anderen gelangen konnte.

4
    Holly dachte überhaupt nicht daran, sich wieder ins Bett zu legen. Sie wußte, daß sie während der nächsten Stunden keine Ruhe fand bis sie schließlich so erschöpft war, daß ihr trotz mehrerer Tassen mit pechschwarzem Kaffee die Augen zufielen. Der Schlaf bot kein Refugium mehr - statt dessen drohte er mit Gefahren, stellte eine Straße dar, die zur Hölle oder einem noch schlimmeren Ort führte. Und irgendwo am Wegesrand wartete ein monströser Reisender.
    Dieser Gedanke erfüllte sie mit Zorn. Jeder Mensch brauchte und verdiente den Frieden des Schlafs.
    Als der Morgen dämmerte, duschte sie lange und reinigte vorsichtig die Kratzwunden an ihren Seiten, obwohl Seife und heißes Wasser neuerlichen Schmerz hervorriefen. Plötzlich befürchtete sie eine Infektion, die ebenso sonderbar und schrecklich war wie jenes Monstrum, das die Wunden verursacht hatte.
    Daraufhin nahm das Brodeln der Wut in ihr zu.
    Holly hielt es für angebracht, auf alles vorbereitet zu sein. Wenn sie reiste, nahm sie nicht nur ihren Lady-Remington-Rasierer mit, sondern auch einen Erste-Hilfe-Kasten, der folgende Dinge enthielt: Jod, Verbandsmull, Pflaster, Klebestreifen, eine Spraydose mit einem desinfizierenden Mittel und Salbe für leichte Verbrennungen. Sie trat unter der Dusche hervor, trocknete sich ab, setzte sich nackt auf die Bettkante, griff nach der Spraydose und sprühte einen Teil ihres Inhalts auf die Wunden. Dann behandelte sie die Kratzer mit Jod.
    Sie war auch deshalb Reporterin geworden, weil sie als junge Frau glaubte, der Journalismus sei in der Lage, die Welt zu erklären, Ordnung in ein oft unüberschaubares Chaos aus Ereignissen zu bringen. Nach zehn Jahren Berufserfahrung mußte sie sich der bitteren Erkenntnis stellen, daß es für die menschlichen Verhaltensweisen nur selten befriedigende Erklärungen gab. Das hinderte sie jedoch nicht daran, den Schreibtisch aufzuräumen, Akten zu ordnen und ihre Notizen in einem Karteikasten zu sammeln. In den

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