Die Kälte in dir (German Edition)
Arbeit. Meinte, er hätte einen Job für die Nacht. Eine Stunde, fünfzig Euro. Was zum Verladen, wie gesagt. Ich frage nie, woher es kommt, was drin ist und wohin es soll«, unterstrich er nochmals sein Engagement. »Das interessiert mich nicht.«
Elektroschrott für Rumänien
, dachte Kristina, hielt sich aber zurück. Vielleicht war das nicht alles, was Piecek verschob. Organe, Leichenteile … Fett? Dieser Nachtmann wusste sehr wohl, dass es besser für ihn war, keine unnötigen Fragen zu stellen, wenn er diese Art Jobs erledigte.
»Ich sollte um vier Uhr da sein. Der Lastwagen parkte wie vorgesehen auf einem Parkplatz am Stadtrand, direkt am Industriegebiet. Dort stellen viele ihre Auflieger ab, und man ist in zwei Minuten auf der Bundesstraße. Ähm, aber das wissen Sie sicher.«
Thorwald Decher nickte. Kristina bemerkte, wie er unter dem Tisch mit den Beinen wippte, um seiner Ungeduld ein Ventil zu geben, das vor den Augen des Zeugen verborgen blieb.
Nachtmann ließ von der Tischkante ab und zupfte stattdessen an seinem rechten Ohrläppchen herum. »Wie gesagt, der LKW stand bereit, aber es war niemand weit und breit zu sehen. Da bin ich die hundert Meter weiter bis zum Wertstoffhof gelaufen, weil ich annahm, dass Jakub dort noch was klarmachte. Ursprünglich wollte er, dass ich ihm dabei helfe. Er versucht es immer wieder, aber da bleibe ich konsequent. Ich steige für ihn über keinen Zaun, das habe ich ihm schon tausendmal gesagt. Verladen und Fahren geht in Ordnung, aber mit dem Rest will ich nichts zu tun haben«, versicherte er aufs Neue. Dass es sich dabei trotz allem um Diebesgut handelte, schien ihm nicht so wirklich einzuleuchten.
»Jakubs Kastenwagen parkte an der üblichen Stelle am Zaun, dort, wo sie die Ware rüberreichen. Als ich bis auf zwanzig Meter ran war, hörte ich, dass er sich mit jemandem unterhielt. Nicht gerade leise. Ich drückte mich in die Hecke, weil ich nicht in was verwickelt werden wollte. Sie haben mich nicht bemerkt, und wenn ich bedenke, was zuletzt in der Zeitung stand, kann ich ganz froh darüber sein.«
»Kannten Sie die zweite Person?«
»Den hatte ich vorher noch nie gesehen, aber das muss nichts heißen. Jakub hat mehrere Leute an der Hand, die für ihn Spezialaufträge erledigen.«
»Spezialaufträge«, wiederholte der Hauptkommissar mokant. »Über was haben die beiden gestritten?«
Der Lagerist schüttelte den Kopf. »Das konnte ich nicht verstehen. So laut waren sie dann auch wieder nicht. Es war eher so ein Gezische. Ich bin mir aber sicher, dass sie über irgendeinen Wald gesprochen haben.«
»Wald?«, wiederholte Decher und tauschte einen Blick mit Kristina.
»Osswald«, legte sie nahe. Eine andere Erklärung kam für sie nicht infrage.
Da war sie wieder, diese ominöse Verbindung der Mordopfer, ohne dass die Zusammengehörigkeit zu durchschauen war. Die zweite Person konnte laut Nachtmanns Beobachtung Bruno Schwarz gewesen sein.
»Können Sie die Person beschreiben?«, fragte Kristina deshalb ungehalten dazwischen.
Nachtmann kratzte sich über sein unrasiertes Kinn. »Ich hab ihn nur von hinten gesehen. Außerdem war es noch relativ dunkel. Trug einen Mantel. Das kam mir seltsam vor, da es überhaupt nicht kalt war.«
Einen Mantel?
Sie rief sich den Bericht der Forensik in Erinnerung. Die Kleidung war vollständig verbrannt. Nur ein paar Kunstfasern, die mit dem menschlichen Gewebe verschmolzen waren, hatten sichergestellt werden können. Aber da war noch etwas anderes, was sich bei der Erwähnung des Kleidungsstücks in ihr meldete. Nur kam sie nicht dahinter, was sie daran so aufwühlte.
»Was geschah dann?«, hakte Decher nach.
Wegen Kristinas Zwischenfragen hatte er schon wieder einen roten Hals. Sie musste sich zusammennehmen, wollte sie nicht riskieren, aus dem Verhörraum zu fliegen. Sie konnte es genauso wenig leiden, wenn bei ihren Verhören ständig einer reinquatschte. Nur ging es ihr wie üblich nicht schnell genug.
»Sie kletterten auf das Dach des Kastenwagens und sind von dort über die Hecke und den Zaun. Ebenso wie Jakub es sonst auch macht, mit der Leiter und der Planke. Ich hatte keine Lust, darauf zu warten, bis sie das Zeug rausschaffen, und bin zurück zum Lastwagen. Dort habe ich Alfred getroffen. Der war stinksauer, weil ich ohne Piecek auftauchte. Vielleicht auch, weil ich Jakub nicht beim Bergen der Ware geholfen habe. Ich sagte ihm, er soll mich am Arsch lecken, und bin abgedampft.«
»Alfred wer?«, wollte Decher
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