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Die Kälte in dir (German Edition)

Die Kälte in dir (German Edition)

Titel: Die Kälte in dir (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kern
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Haut und Gesichtsmuskulatur beinahe komplett zerstört, weshalb ich mich hierzu noch nicht festlegen kann. Bedauerlicherweise sind Kieferknochen und Zähne erheblich beschädigt. Das macht einen Abgleich des Gebisses mit zahnärztlichen Unterlagen hinfällig.«
    Entstellt und verbrannt
, wiederholte Daniel still und entschied nun doch, das Weite zu suchen.
    Wolf hatte es plötzlich eilig, die Pathologie zu verlassen. Kristina fand ihn draußen beim Wagen. Wie es schien, zog er nun doch die Hitze den Toten vor. Der Abend kam mit einem heißen Wind im Gepäck, der vom Ortsteil Galgenberg her hinunter zur Rems strich und den Leichengestank mit sich nahm, der Kristina in den Schleimhäuten hing.
    Bei der Brandleiche deutete einiges darauf hin, dass jemand auf Nummer sicher hatte gehen wollen. Das war nicht weniger beunruhigend als die Faktenlage bei Egon Osswald. Warum hatte es dem Mörder nicht gereicht, Osswald zu töten? Weshalb die Verstümmelung der Leiche? Wozu die Entnahme des Bauchfetts? War hier eine Form von Kannibalismus im Spiel? Aber würde man sich in diesem kranken Wahn nicht ähnlich verhalten wie die aasfressenden Tiere und sich an den edleren Teilen, den Organen oder dem Muskelfleisch gütlich tun?
    Sie ging zum Auto, ohne ein Antwort zu finden. »Können wir?«, forderte sie Daniel Wolf auf und öffnete die Beifahrertür.
    Er schnippte die Zigarette in den Gully zu seinen Füßen, sah sie mit seiner provozierenden Art an und ging um den Wagen herum. Kaum saß sie neben ihm, roch sie den Nikotinatem. Das Verlangen nach einer Zigarette kehrte zurück. Es wäre so einfach, ihn nach einer zu fragen, um zumindest diese Last von sich zu nehmen.
    »Was für eine Scheiße«, raunzte Wolf, ohne sie anzusehen.
    »Sie wollten es so haben«, erwiderte sie. »Fällt Ihnen nicht mehr dazu ein?« Sie hatte keine Ahnung, warum sie ihn aufforderte, etwas zu diesem Fall zu sagen.
    »Aus psychologischer Sicht scheint den Täter ein extrem gestörtes Verhalten zu diesem Mord getrieben zu haben«, begann Wolf. »Aber ich kenne die Zusammenhänge und bisherigen Ermittlungsergebnisse nicht. Außerdem habe ich erst zwei Semester«, gestand er und lächelte.
    Er hat schöne Zähne. Schöne Zähne sind überhaupt das A und O.
Obwohl er rauchte, strahlten sie. Kristina spürte das Blut in ihren Wangen, als sie merkte, worüber sie gerade sinnierte. Verlegen fummelte sie nach dem Sicherheitsgurt, um ihn nicht mehr ansehen zu müssen.
    »Sollte Sie auch nicht weiter interessieren«, ruderte sie barsch zurück. »Fahren Sie mich zum Revier.«
    Statt den Motor zu starten, betrachtete er sie von der Seite, während sie darauf bedacht war, den Stern auf der Motorhaube zu fixieren.
    »Was?«
    »Wie soll das hier ablaufen? Morgen? Übermorgen? Die nächsten Tage?«
    Im Wagen wurde es unerträglich stickig und sie senkte die Seitenscheibe ab. »Ich … Keine Ahnung. Ich hatte noch keine Zeit, darüber nachzudenken. Sie fahren mich, wenn ich Sie brauche.«
    »Auf Abruf?«
    »So funktioniert das in der Regel bei einer Mordermittlung, ich kann Ihnen keine geregelte Schicht zusagen«, antwortete sie.
    »Ich brauche von meiner Wohnung in Stuttgart allein vierzig Minuten, bis ich bei Ihnen in der Direktion bin.«
    »Nachts um drei geht es sicher schneller«, gab Kristina zurück.
    Ohne ein weiteres Wort ließ er den Motor an.
    Als Kristina wieder ins Büro kam, saß Finckh auf seinem Platz. Noch! So erwartungsvoll, wie er ihr entgegenblickte, musste sie nicht groß raten, was er von ihr wollte: die Übergabe seiner Ermittlungsergebnisse und dann ab in den Urlaub. Sie hasste es zu betteln.
    »Kannst du das nicht verschieben?«, fragte sie und setzte sich auf die Kante seines Schreibtischs.
    »Hör mal, ich habe meiner Schwiegertochter versprochen, dass ich die Jungs eine Woche nehme. Die komplette Familie richtet ihre Urlaubsplanung auf mich aus. Mein Sohn und seine Frau sind beide berufstätig, das weißt du doch, Kristina. Die beiden haben zusammen nicht annähernd genug Urlaub, damit die Kindergartenferien abgedeckt wären.«
    Zum Glück ersparte er ihr den Sermon, dass sie nicht abschätzen konnte, wie schwierig Kindererziehung heutzutage war. Woher sollte sie das auch wissen?
    Ihr blieb die Möglichkeit, zu Retter zu laufen, aber das gäbe nur böses Blut und einen unmotivierten Kollegen, der hinderlich statt effektiv war. Wenn er es selbst nicht einsah, mussten sie es ohne ihn packen.
    »Ja, ich weiß.« Sie seufzte. »Was hast du für

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