Die Kälte in dir (German Edition)
schon auf Alfreds Autohof, äußerlich erstaunlich gelassen zu bleiben, während ihm die Schweißbrühe den Buckel runter und in seine Unterhose rann. »Es geht um Hannes Achterberg. Sag dem Spatz, es läuft eine Mordermittlung gegen den Mann. Könnte dumm für deinen Boss enden, wenn er hineingezogen wird.«
Am Ohr des Söldners vorbei beobachtete er, wie der Kellner am Tresen lehnte. Bereit, wie angedroht, den Dreck zu entsorgen, sollte welcher anfallen.
Worobjows Handlanger kniff die Augen zusammen. »Wer sagt mir, dass du mir nicht irgendeine Scheiße erzählst?«, fragte er nicht weniger scharf.
»Was hätte ich davon? Richte Worobjow aus, ich will nicht, dass er in etwas verwickelt wird. Um seiner Tochter willen.«
»Was mache ich bloß mit Ihnen, Frau Reitmeier?«
Seine Frage war rein rhetorischer Natur, weshalb Kristina sich hütete, ihm auch nur den Ansatz eines Vorschlags zu unterbreiten.
Retters Büro war erstaunlich kühl im Vergleich zu den restlichen Präsidiumsräumlichkeiten, und sie fragte sich, worin dabei der Trick lag. Ohne Klimaanlage. Sie hatte gehört, der Polizeidirektor sei vor seinem Amtsantritt in Waiblingen eine Weile in Afrika gewesen. Niemand konnte ihr sagen, was genau er dort über mehrere Monate zu erledigen gehabt hatte. Egal mit welchen Geheimnissen er letztlich zurückgekehrt war, zumindest hatte er gelernt, die Hitze des Tages auszusperren, um seine Krawatte bis zum Abend nicht lockern zu müssen.
Retter stand am Fenster, die Hände in seinem Speerwerferkreuz verschränkt. Das Schreibtischlampenlicht reichte nicht, um seine Mimik zu interpretieren. Sie wartete darauf, dass er ihr Verhalten zur Sprache brachte, doch wie es schien, fand er an diesem Tag nicht die passenden Worte.
»Sie haben seine Familie informiert?«
Kristina nickte. »Den Sohn und die Schwiegertochter.«
»Und die Ehefrau?«
Er wusste es demnach auch nicht. Werner hatte seine Trennung verschwiegen, und sie konnte dieses Verhalten nachvollziehen. Das Eingeständnis, in der Beziehung versagt zu haben, war für sie selbst immer noch schwer. Gegenüber anderen war die Hemmschwelle oft unüberwindbar.
»Seine Frau wohnt jetzt in Berlin«, antwortete sie. »Die Kollegen vor Ort haben zugesagt, sich darum zu kümmern.«
Falls Retter diese Information in irgendeiner Form überraschte, wusste er es zu verbergen.
»Werner Finckh war der erste Kollege, den ich unter meiner Führung verloren habe«, begann er. »Gut möglich, dass ich bisher nur Glück hatte mit meinen Leuten. Und wenn man es genau nimmt, ist der Mann in seiner Freizeit und nicht im Einsatz gestorben. Aber es war unser Täter, von daher … Ich nehme den Tod des Polizeiobermeisters ebenso persönlich, wie Sie es tun.«
Was erwartete er, jetzt von ihr zu hören? Kristina ahnte nicht, worauf er hinauswollte. Wollte er den Zorn über Werners Tod mit ihr teilen oder würde dieser Ankündigung eine Anschuldigung folgen, weil sie nicht schnell genug gewesen war, den Mörder zu fassen?
»Sie kannten ihn gut. Es wäre falsch, Sie da jetzt rauszunehmen«, redete er in ihre Gedanken hinein. »Das habe ich auch Hauptkommissar Decher gesagt. Versuchen Sie, mit ihm auszukommen.«
Der Inhalt seiner Worte kam nur schleppend bei ihr an. Das war nicht der Todesstoß, den sie erwartet hatte.
»Spielen Sie im Team, Frau Oberkommissarin. Ich bitte Sie. Ein nächstes Mal wird es nicht geben, sollten wir wieder an diesen Punkt gelangen.«
Eine Drohung hinterher, um ihr die Lage zu verdeutlichen.
Sie wusste selbst, wie nah der Abgrund war, aber Retter sah es wohl als seine Pflicht, sie darauf hinzuweisen.
»Konzentrieren Sie sich auf Werner Finckh. Es muss bei diesem verfluchten Fall doch irgendwann auch mal Zeugen geben. Und Sie berichten mir zuerst!« Er spähte nachdenklich durch die Ritzen in der Jalousie.
»Wir kriegen ihn«, versprach sie und verließ das abgedunkelte Büro.
Sie traf Sampo in der Küche. Der Finne bediente sich aus der Kaffeekanne ihrer Abteilung.
»Hat man euch da unten das Budget gekürzt?«
»Wie ich sehe, ist der Kopf noch dran, und wenn du wieder zum Streiten aufgelegt bist, scheinst du ja glimpflich davongekommen zu sein.« Er trank einen Schluck und verzog das Gesicht. »Bah, wie lange steht der schon auf der Wärmeplatte?«
Retters Entscheidung hatte ihr in der Tat neuen Auftrieb gegeben, und sie konnte sich sogar ein Schmunzeln nicht verkneifen. »Bist du nur gekommen, um über den Kaffee zu lästern?«
Kaum hatte sie es
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