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Die Kaempferin

Die Kaempferin

Titel: Die Kaempferin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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herumzudrehen, eine Hand erhoben, um Westens Abwärtshieb abzuwehren. Ich fing seinen Unterarm ab und hielt ihn fest; die Spitze seiner Klinge schwebte eine Handbreit über meiner Schulter. Die Wucht seines Hiebes zwang mich vor ihm auf ein Knie, und ich zischte, als meine Kniescheibe auf den Steinplattenboden prallte.
    Hier, in einem abgeschiedenen Raum im Untergeschoss des Hauses, das Fürst March uns zur Verfügung gestellt hatte, war der Stein älter, körniger. Ich spürte seine Beschaffenheit durch den Stoff meiner Hose, als Westen seine volle Kraft zum Einsatz brachte, um den Dolch weiter zu senken. Schweiß tropfte ihm von der Nase und vom Kinn und verfilzte sein Haar. Sein Hemd klebte auf der Haut.
    Doch aus seinem Gesicht sprach Ruhe. Keinerlei Anstrengung spiegelte sich darin.
    »Berichtet«, stieß ich keuchend hervor.
    Sein Dolch senkte sich einen Zoll. Einen weiteren. Sein Arm begann zu zittern.
    Doch er lächelte.
    »Die Sucher haben bislang nichts gefunden.«
    Ich runzelte die Stirn, bauschte fast unterbewusst einen Abschnitt des Flusses vor mir und rammte ihn Westen in die Brust.
    Er stieß einen bellenden Laut aus, sprang zurück und hob eine Hand, um den Übungskampf zu unterbrechen. Langsam stand ich auf und zog fragend eine Augenbraue hoch, während ich mir den Schweiß aus dem Gesicht wischte. Wir arbeiteten erst seit einer Stunde. Für gewöhnlich nahm Westen mich härter ran.
    Nun aber schüttelte er mit ernster Miene den Kopf. »Wir beobachten Fürst Demasque und Fürstin Parmati seit mittlerweile einer Woche. Die Sucher hätten etwas sehen müssen.«
    »Was haben die beiden gemacht?«
    »Sie verbringen den Großteil ihrer Zeit entweder auf ihren Anwesen oder in den Ratsräumlichkeiten. Fürst Demasque hegt eine Vorliebe für eine bestimmte … Einrichtung in der Nähe der Docks. Für gewöhnlich macht er auf dem Weg zu seinen Besitztümern am nördlichen Felshang des Kanals dort halt.«
    »Um Geschäfte zu führen?«
    »Nicht die Art von Geschäften.«
    Ich nickte.
    »Und Fürstin Parmati?«
    »Sie verbringt ihre Zeit meist im Händlerviertel, wenn sie sich nicht in der Ratskammer aufhält, obwohl auch sie ein Anwesen auf dem nördlichen Felshang besitzt, näher bei der Stadt als das von Demasque. Sie hat zwei Anwesen anderer Fürsten besucht – Dussain und Aurowan – und war bei einem Treffen mit Fürstin Casari.«
    »Worum geht es bei diesen Begegnungen?«
    »Die Sucher können nicht nah genug heran, um das herauszufinden. Oder besser gesagt, ich habe ihnen noch nicht befohlen, sich so nahe vorzuwagen. Das erfordert Können. Und es birgt ein Wagnis, das Ihr meiner Ansicht nach noch nicht eingehen solltet.« Er zögerte; dann fügte er hinzu: »Die Treffen finden mitten auf den Anwesen statt. Wenn Fürst March – oder ein sonstiges Mitglied des Rates der Acht – einen der Sucher Amenkors so tief im Inneren eines der persönlichen Besitztümer eines Ratsmitglieds entdeckte …«
    Ich schnitt ihm mit einer Geste das Wort ab. »Was ist mit Fürst Sorrenti?«
    »Sorrenti hat nichts Ungewöhnliches getan. Aber er ist … schwieriger zu beobachten. Er ist ein Begabter. Die Sucher scheuen sich, ihm zu nahe zu kommen. Wir wissen sehr wenig über ihn, nur das, was Avrell uns von den wenigen Malen erzählen konnte, die er bereits in Venitte war. Und sein letzter Besuch hier liegt fast zehn Jahre zurück.« Westen zögerte. »Seid Ihr sicher, dass er es ist, dem wir folgen sollten?«
    Ich dachte zurück an Sorrentis Eintreffen in der Amenkor-Unterkunft und daran, als er über Erick stand und den Bann löste. Seither hatte Ericks Zustand sich so sehr verbessert, dass er mittlerweile mit den anderen Suchern übte. Zwar hatte er noch nicht wieder die Rolle meines selbst ernannten Beschützers übernommen, die er nach wie vor Keven überließ, doch es würde nicht mehr lange dauern, bis er so weit war.
    »Ja. Fürst Sorrenti weiß, wo der andere Thron ist. Ich konnte es in dem Augenblick fühlen, in dem er hinter Brandan Vard Ericks Zimmer betrat. Ich konnte es in der Ratskammer fühlen. Er ist der Regent des Steinthrones, und wenn er sich hier in Venitte aufhält, gilt das auch für den Thron.«
    Kurz spielte ich mit dem Gedanken, Westen von den Erinnerungen Cerrins zu erzählen. Sie waren wirklicher, greifbarer geworden. Und irgendwie wurden sie auch stärker, streckten sich nach mir, zogen mich in sich. Wie das feine Ziehen des Steins, das Cerrin gespürt hatte, das ihn zu jenem Strudel, jenem

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