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Die Kaempferin

Die Kaempferin

Titel: Die Kaempferin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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Miene wurde ausdruckslos. »Möchtest du lieber ihn als Leibwächter?«
    Ich bedachte Erick mit meinem finstersten Blick und sagte mit ernster Stimme: »Keven und ich sind uns einig, dass du viel zu gefährlich bist, um dich frei herumlaufen zu lassen. Deshalb haben wir beschlossen, dass wir beide auf dich aufpassen müssen.«
    Damit schlug ich ihm in den Magen, und er krümmte sich, schnappte nach Luft, täuschte unsägliche Schmerzen vor. Ich wusste, dass er es nur spielte, weil ich ihn kaum berührt hatte. Westen und die anderen Sucher hatten ihn sofort bei sich aufgenommen, als er von der Nadeldecke befreit wurde. Sie hatten ihn praktisch vom Totenbett zurück ins Leben geholt. Erick hatte meinen Schlag natürlich kommen sehen und war aus dessen unmittelbarer Linie gewichen.
    Als er mich lächeln sah, richtete er sich auf. »Also«, sagte er, und diesmal war sein Ernst nicht gespielt. Jegliche Belustigung war aus seiner Stimme geschwunden. »Was ist mit den Chorl?«
    »Ich habe sie auf dem Rückweg von meinem Gespräch mit Eryn gesehen. Sie sind ein Stück nördlich der Stadt.«
    »Wie viele?«
    Ich setzte mich zurück auf meinen Stuhl. »Tausende.«
    Erick spannte die Kiefermuskeln an. »Wir wussten, dass sie kommen. Es war nur eine Frage der Zeit.«
    Hinter ihm wechselten Gwenn und Heddan einen Blick.
    Dann kam Avrell zur Tür herein, gefolgt von William und Alonse.
    »Regentin«, sagte der Oberhofmarschall mit angespannter Stimme. »Fürst March und der Rat der Acht haben einen Ruf geschickt.«

    »Womit muss ich rechnen?«, fragte ich Avrell, als die Kutsche durch die Straßen von Venitte in Richtung der Ratskammern rollte.
    Der Oberhofmarschall schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung. Fürst March könnte sich auf Eure Seite schlagen oder auch nicht.« Seufzend verzog er das Gesicht. »Zumindest könnt Ihr davon ausgehen, dass Fürst Demasque Euch und Eure Glaubwürdigkeit angreifen wird. Und Ihr könnt nicht Euren Dolch verwenden, um Euch zu verteidigen.«
    Ich wandte mich von ihm ab. Die anderen Fahrgäste in der Kutsche – Avrell, Erick, William und mehrere Gardisten – saßen stocksteif da. Avrell schaute zu Erick, der mit den Schultern zuckte, doch ich schenkte beiden keine Beachtung und starrte weiter auf die vorbeiziehende Stadt hinaus. In meinem Magen rumorte es vor Zorn, Anspannung und Furcht.
    Nach einiger Zeit spürte ich, wie eine Hand die meine ergriff. Ich umklammerte sie verzweifelt, atmete im Fluss Williams Duft ein und sog den Trost in mich auf, den er mir anbot. Ich wandte mich ihm zu und sah ihn lächeln, während er meineHand drückte. Dabei bemerkte ich Ericks Stirnrunzeln und sah den fragenden Blick, den er Avrell zuwarf.
    Draußen zeigten sich die ersten Anzeichen des bevorstehenden Volksfests. Händler hatten Korngarben über ihren Türen angebracht, Bänder an ihre Schilder geknüpft oder Kränze in ihre Fenster gehängt. Mehr Marktschreier und Hausierer als sonst zogen über die Straßen. An Ständen wurden die ersten Kürbisse angeboten, knallgelb und tieforange, einige mit grünen Tupfen gesprenkelt. Tomaten und Gurken füllten einen Karren. An einer Straßenecke stand eine Frau mit einem langen, schmalen Korb auf dem Rücken. Oben ragten die großen Köpfe von Sonnenblumen hervor.
    Ich tauchte in den Fluss und spürte die wachsende Erregung, die Venitte erfasst hatte. Sie erinnerte mich an die Atmosphäre in Amenkor vor dem Fest, das ich zur Feier des Sieges über die Chorl veranstaltet hatte. Allerdings war die Freude hier in Venitte ein wenig getrübt. Ich dachte daran, was Tristan gesagt hatte: dass die Gerüchte über die Chorl tief ins Herz von Venitte vorgedrungen seien und dass man sich Geschichten über den Angriff auf Amenkor und auf die außerhalb des Hafens kreuzenden Schiffe erzähle, und vom Verlust der Bootsmannsbucht und der Boreaite-Inseln. Ich konnte die Unsicherheit fühlen, die von diesen Gerüchten im Fluss verursacht wurde; ich schmeckte die Säuerlichkeit unter der süßen Vorfreude auf das Volksfest.
    Endlich gelangten wir in den Schatten des Walls.
    Die Kutsche rollte vor die breiten Stufen, die zu dem rechteckigen Wasserbecken auf dem von Säulen umgebenen Platz vor dem Ratsgebäude führten. Dort empfing uns eine Gruppe des Protektorats. Der Befehlshaber der Einheit verneigte sich.
    »General Daeriun lässt Euch seine Grüße ausrichten«, sagte der Befehlshaber und setzte eine unverbindliche Miene auf, als Erick, Avrell, William und die

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