Die Känguru Chroniken
sagt das Känguru.
»Und?«, frage ich.
»Schon mal was von Nozama bin Laden gehört?«
»Willst du damit sagen …??«
»Ich will gar nichts sagen«, sagt das Känguru. »Ich gebe nur Denkanstöße.«
Mein Handy klingelt. »Los, lauf, Bursche! Lauf! Lass alles stehen und liegen! Jemand versucht mit dir in Kontakt zu treten. Los, lauf, Bursche! Spring! Lass …« Auf dem Display steht »Rufnummer unterdrückt«.
Was will es jetzt schon wieder …? Ich gehe ran.
»Hör endlich auf, deine Klingeltöne an mir auszuprobieren«, sage ich.
»Komm mal ins Wohnzimmer!«, sagt das Känguru.
»Wieso denn?«, frage ich. Obwohl ich von der Ablenkung sehr genervt bin, gehe ich trotzdem mit meinem Jo-Jo ins Wohnzimmer, wo sich das Känguru mit dem Kopf nach unten im Sessel fläzt und fernsieht.
» Da bist du!«, rufe ich erstaunt.
»Jep«, sagt das Känguru und winkt gleichzeitig fröhlich aus dem Fernseher raus. Es sitzt mit vier anderen Nasen an einem großen halbrunden Tisch.
»Im Fernseher!«, rufe ich.
»Jep«, sagt das Känguru.
»Irre«, sage ich. Erst jetzt bemerke ich die Mullbinde, die sich das Känguru um seine Schwanzspitze gewickelt hat.
»Was hast’n angestellt?«, frage ich.
Das Känguru winkt ab und zeigt auf den Fernseher.
Die Kamera zoomt auf die Frau in der Mitte des Tisches und die sagt:
»Herzlich willkommen zu Gelaber-Rhabarber um fünf vor zwölf.«
»Was machst du denn im Fernseher?«, frage ich.
»Heute wieder mit zwei spannenden Themen«, fährt die Frau fort, » China – Das Land, wo die Chinesen herkommen. Dazu habe ich mir eingeladen den Wirtschaftsweisen Friedrich Ackersalat …«
Die Kamera schwenkt auf selbigen, welcher grüßend ins Objektiv nickt. Am unteren Bildrand wird ein Balken eingeblendet, auf dem steht: [ Friedrich Ackersalat – Experte ].
»… und äh Herrn äh Lee Wok, den Mann vom Asia-Imbiss unten an der Ecke.«
Auf dem Balken steht: [ Lee Wok – Chinese ].
»Einmal hatten die bei Christiansen zum Thema Bildungspolitik Robert Atzorn eingeladen, weil der die Hauptrolle in ›Unser Lehrer Doktor Specht‹ spielte«, kommentiere ich lachend. »Aber krass, dass die dich zu so ’nem politisch brisanten Thema eingeladen haben, Alter.«
Das Känguru sagt nichts.
»Des Weiteren darf ich als Gäste begrüßen: das Känguru …«
Die Kamera schwenkt auf das Känguru, welches seine Pfoten vor dem Beutel gefaltet hat und ebenfalls mit stummem Nicken grüßt.
»… sowie Herrn Freundlich und seinen deutschen Schäferhund zu unserem zweiten großen Thema heute Abend: Sprechende Tiere – Was wollen sie uns sagen? «
»Ach so«, sage ich.
Das Känguru zieht nur leicht eine Augenbraue hoch.
»Meine erste Frage geht an unseren Wirtschaftsweisen«, beginnt die Moderatorin.
»Entschuldigung …«, meldet sich das Känguru zu Wort. »Ich wollte nur mal für die Zuschauer klarstellen:Wirtschaftsweiser … Das hat jetzt nix mit Waisenhaus zu tun. Es handelt sich bei Herrn Ackersalat also nicht um ein Chinesenkind, dessen Eltern je drei Jobs hatten und von der Maschine gefressen wurden. Im Gegenteil, so ein Wirtschaftsweiser ist sozusagen am anderen Ende der Nahrungskette. So einer, wo immer ›Experte‹ unten im Balken steht. Die könnten auch hinschreiben: ›Keine Ahnung von nüscht, aber auf allen Sendern zu sehen.‹«
Im Balken unter dem Känguru steht: [ Das Känguru – kann sprechen ].
»Ja, wir kommen gleich zu Ihnen, aber zuerst wollte ich Herrn Ackersalat …«, piept die Moderatorin.
»Ich bin schon fertig«, sagt das Känguru.
»Weißt du, wie sie die Christiansen-Sendung damals ARD-intern genannt haben?«, frage ich.
Das Känguru schüttelt den Kopf.
»Die Sendung mit der Maus«, sage ich und muss lachen. »Ich find des so witzig.«
»… Herr Ackersalat, können Sie uns denn etwas zur aktuellen Wirtschaftslage sagen?«
»Warum fragen Sie ihn nicht gleich, ob er noch einmal ausspucken möchte, was er schon eine Million Mal oral erbrochen hat?«, fährt das Känguru dazwischen, doch der Wirtschaftsweise hat schon ein altes Diktiergerät hervorgezaubert und drückt auf Play. Die abgenutzte Kassette leiert schon: »Wenn wir nicht in kürzester Zeit unser Lohnniveau dem chinesischen anpassen, sind hier bald alle arbeitslos.«
»Bla bla bla«, sagt das Känguru zu Hause. »Ich kann’s nicht mehr hören.«
»Wir leben über unsere Verhältnisse.«
»Bla bla bla«, sagt das Känguru im Fernseher. »Ich kann’s nicht mehr
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