Die Känguru-Offenbarung (German Edition)
Miete bezahlen«, sagt Gott.
Ich strecke einen Zeigefinger in die Luft. Gott zeigt auch auf. Das Känguru rührt gelassen in seinem Malzkakao.
»Außerdem seid ihr nicht ganz unschuldig daran, dass ich meinen neuen Job beim Fernsehen so schnell wieder verloren habe.«
»Entschuldigung«, sagt das Känguru, »aber so erfüllend kann das nicht gewesen sein, Schilder hochzuhalten.«
»Tja. Ich sammle Scheißjobs wie andere Überraschungseifiguren«, sagt Gott. »Das Problem mit der Miete werde ich übrigens bald nicht mehr haben. Heute habe ich erfahren, dass die Stadt den Block Sozialwohnungen, in dem auch ich wohne, an Investoren verkaufen möchte.«
»Ich sehe schon die Bild-Schlagzeile vor mir«, sagt das Känguru. »Räumungsbefehl für Gott!«
»Ja, und der Folgetitel: Gott obdachlos!«, sagt Gott nickend. »Aber eigentlich isses gar nicht so witzig.«
»Ich kann dir bei deinen Problemen helfen«, sage ich.
»Sehr nett«, sagt Gott, »aber wie willst du mir helfen?«
»Na, äh …«, sage ich und denke nach, »wir äh … werden einfach irgendwie dafür sorgen, dass die Wohnungen nicht verkauft werden.«
Das Känguru schlägt sich mit der flachen Pfote gegen die Stirn.
»Warum tust du das die ganze Zeit?«, fragt Gott.
»Flöhe«, sagt das Känguru.
»Wehe, die springen auf mein Plüschkostüm«, sagt Gott.
Irgendwo im Café klingelt ein Handy.
»Ein Glück, dass du das nicht bist, die klingelt«, sagt das Känguru. »Das wäre bestimmt furchtbar laut.«
»Doch, doch«, sagt Gott. »Das ist mein Handy.«
Irgendwo aus ihrem Kostüm zieht sie ein Mobiltelefon hervor und hält es sich ans Ohr.
»Ein Handy, dass über sein Handy telefoniert«, sagt das Känguru kopfschüttelnd. »Meine Güte. Was kommt als Nächstes? Ein 3-D-Drucker, der einen 3-D-Drucker druckt? Ein Rettungsschirm für den Rettungsschirm?«
»Ich muss weg«, sagt Gott, nachdem sie ihr Gespräch beendet hat. »Ich lasse meinen Sohn ja oft bei unseren italienischen Nachbarn, aber jetzt macht er wohl Terror und spielt sich auf wie ein kleiner König. Man sieht sich.«
Und ebenso schnell, wie sie gekommen war, ist sie auch wieder verschwunden.
»Kuck mal einer an«, sagt das Känguru. »Gottes Sohn hat Stress mit den Römern. So was.«
Es gibt seinem Totenkopfäffchen eine Erdnuss.
»Das lief doch gar nicht so schlecht«, sage ich. »Gott hat zu mir gesprochen. Gott hat gesagt, ich sei nett.«
»Hör auf, so doof zu grinsen«, sagt das Känguru. »Erzähl mir lieber, wie wir halten sollen, was du gerade versprochen hast? Wie genau sorgen wir dafür, dass die Wohnungen nicht verkauft werden? Was ist der Plan?«
»Keine Ahnung«, sage ich. »Am besten, wir gehen ins Hauptquartier und du denkst dir was aus.«
»Denk dir doch selber was aus«, sagt das Känguru. »Ich hab keine Zeit für deinen Quatsch. Ich bin ein sehr beschäftigtes Beuteltier.«
»Soso«, sage ich, nehme das Buch des Kängurus vom Tisch und schlage es auf.
»Der Riesenzwerg Ülf zog sein Kurzschwert Knups aus dem leblosen Körper Dragondoels, des Blassblauen«, lese ich vor. »Er nahm dem toten Zauberer den Ring der sieben Regenbogen ab und steckte ihn der Wunderhure Schant’al an den Ringfinger der linken Hand. Lüstern bettete er sie auf den schwarzen Altar, schlug ihre Röcke hoch und glitt zwischen ihre Schenkel.
›Lass mich‹, sagte die Wunderhure plötzlich. ›Erst müssen wir heiraten.‹
Ülf ließ von ihr ab.
›Natürlich‹, sagte er. ›Wie konnte ich das vergessen.‹
›Ich muss meinen Luden finden, den König der verschollenen Stadt, und er muss uns seinen Segen geben‹, sagte Schant’al.
›Ich werde auf dich warten‹, sagte der Riesenzwerg, ›und wenn es zwei Ewigkeiten dauert.‹«
Ich lege das Buch zur Seite.
»Zwei Ewigkeiten?«, frage ich. »Ernsthaft? Da hat ja wohl einer das Konzept von Ewigkeit nicht verstanden.«
»Entschuldige mal«, sagt das Känguru. »Hast du mir da gerade den Schluss des Buches vorgelesen?«
»Äh … oh … ups … sorry …«
Das Känguru zieht eine lange Liste mit Namen aus seinem Beutel und schreibt meinen ans Ende.
»Ick gloobe, meen Schwein pfeift und meen Hamster bohnert! Kieke mal du, wir sind hier ›Bei Herta‹, und Herta, dit bin icke, da simmer uns wohl einig. Und ›BEI‹, dit is eene Präposition, uff jut Deutsch een Wo-Wort, also eenet, dit bezeichnet eenen Ort, und jetze biste also bei Herta. Wo ick doch aber nu Herta bin, heeßt det doch nüscht anderes, als dette bei mir bist,
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