Die Känguru-Offenbarung (German Edition)
seufze.
»Wenn wir dann in den USA sind«, sagt das Känguru, »könnten wir bekannte Mitglieder der Tea-Party-Bewegung besuchen und ihnen Prügel androhen.«
»Ach«, sage ich. »Wenn ich länger darüber nachdenke …«
»Das hat noch nie jemandem geholfen«, sagt das Känguru.
»Verfolgungsjagden sind gar nicht so mein Ding. Ich konzentrier mich lieber auf die Liebesgeschichte.«
»Wie bitte?«
»Der Mensch ist nichts anderes als das, wozu er sich macht«, sage ich. »Karl May.«
»Worauf willst du hinaus?«
»Ich will nicht mitkommen«, sage ich. »Ich will lieber ein Rendezvous mit Gott.«
»Du kommst nicht mit?«
»Ich komme nicht mit.«
»Schnick, Schnack, Schnuck?«, fragt das Känguru.
Ich stehe irgendwo auf dem New Yorker Flughafen und weiß nicht, wohin.
»Sir! Come with me!«, brüllt ein beeindruckend kräftiger Sicherheitsmann quer über den Flughafen. Er deutet mit seinem Zeigefinger in meine Richtung.
Ich drehe mich um. Leider steht niemand hinter mir.
Er sagt: »I want you …«
»… to want me?«, frage ich eingeschüchtert.
»No. I want you …«
»… so bad?«, frage ich.
»No. I want …«
»… to break free?«, frage ich. »Entschuldigung. Immer wenn ich Englisch spreche, schießen mir diese Liedzitate durch den Kopf, und irgendeine Zwangsstörung nötigt mich dazu, diese sofort auszusprechen.«
Leider spricht der Mann kein Deutsch.
»What?«
»He said captain.«
»I said: What?«
»He said captain.«
»Shut up!«
»And let me go!«, sage ich.
Er droht mir mit seinem Zeigefinger.
»I want you to follow me, Sir«, sagt der Mann. »Please.«
»Äh. Okay«, sage ich und denke: »I will follow him. Follow him wherever he may go.«
Der Mann stupst mich an und sagt: »Come with me.«
»Aha! Yeah!«, sage ich, und »Dööh döh döh. Döh döh döh. Deh deh deh. Deh deh deh« singend folge ich ihm.
Er führt mich in einen kleinen Raum und setzt sich mir gegenüber an den Schreibtisch.
»Mr Kling?«
»Could you keep calling me ›Sir‹?«, frage ich. »Sir Kling?«
»Well, Sir Kling, I wanna …«
»… be sedated?«
»No. I have to …«
»… go to the bathroom?«
»No. And I do not know any song with that line.«
»You’re right. That wasn’t a song. I’m sorry. Where is my mind?«
»Anyway. Please tell me …«
»… lies, tell me sweet little lies?«
»No. I’ll tell you what I want …«
»… what you really, really want?«
»Would you please stop!«
»In the name of love?«
»In the name of the semi-automaticrifle I’m carrying.«
Ich nicke.
»Thank you. I need to ask you what you do.«
»I did nothing!«, sage ich. »I swear. By the moon and the stars and the sky!«
»I meant what is your profession? Your job. At home. In Germany.«
»Oh. Äh. I … I am an artist, I mean a small artist, or maybe you’d call it a little artis…, no, that would be a juggling dwarf … äh, well, you see, I go on stage and tell stories … »
»You are a comedian.«
»Well, ähm … ähm … yeah, okay: I’m a comedian.«
»I thought so«, sagt der Mann. »Very funny.«
»Well … äh … thank you.«
»But let me tell you: That’s an explanation not an excuse.«
Ich nicke. Der Mann gibt mir meinen Koffer.
»Well then … Have a nice day, Sir Kling. Welcome to …«
»… the house of fun?«
»… the United States of America.«
Im Hostel angekommen, öffnet das Känguru seinen Koffer. Auf einem Haufen Unordnung liegt ein Zettel. Darauf steht: »Your suitcase aroused suspicion and was therefore opened for security purposes.«
»Schräg«, sage ich und nehme den Zettel. »Wenn ich mal wieder ’ne Band zusammenbringe, nenne ich sie ›Marc-Uwe & The Suspicious Suitcases‹.«
»Ja, ja«, sagt das Känguru. »Und wenn’s morgen Puderzucker schneit, kann man die Krapfen zum Fenster raushalten.«
»Was?«
»Und wenn du mal ’nen Fast-Food-Laden aufmachst, kannst du ihn ›Burger Kling‹ nennen.«
»Hast du gewusst, dass die unsere Koffer durchwühlen und danach sogar Liebesbriefe schreiben?«
Das Känguru nickt bedächtig. »Ja, darauf war ich vorbereitet.«
Es öffnet meinen Koffer. Auch darin liegt auf den zerwühlten Sachen ein großer Zettel. Ich nehme ihn heraus und lese in der Handschrift des Kängurus: »Who that reads is an idiot.«
Es lächelt triumphierend. Ich drehe den Zettel um, hinten hat jemand draufgeschrieben: »Who that wrote can’t English.«
»Da soll noch mal einer sagen, Grenzbeamte hätten keinen Humor«,
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