Die Känguru-Offenbarung (German Edition)

doch … äh … der Controller der Déjà-vu-Corporation«, brummt der alte Mann überrascht. »Der hat mir letztens ein Bier ausgegeben.«
    »Sagen Sie, was macht die Déjà-vu-Corporation eigentlich?«, fragt das Känguru.
    »Die machen, äh, Zeug«, sagt der alte Mann. »Ich glaube, in Südostasien.«
    »In Südostasien, ja?«, fragt das Känguru. »Und was genau machen die da?«
    »Tja, die äh … die machen äh … alles … irgendwie«, sagt der Mann. »Ich weiß eigentlich nichts über den Konzern.«
    »Aber haben Sie dem Laden nicht erst letztens Ihr Toprating verpasst?«, fragt die Unternehmensberaterin.
    Der alte Mann zuckt mit den Schultern. »Stand im Glas«, brummt er. »Außerdem sind das nur Schätzungen. Ich gebe keinerlei Gewähr oder Rechtsansprüche.«
    Er dreht sich zu mir. »Danke übrigens für das Bier!« Er leert sein Glas und fragt: »Wo genau kommen Sie noch mal her?«
    »Deutschland«, sage ich.
    Der Alte blickt lange auf den Bodensatz. »Ah, ah, ah …«
    Der Kellner, der wieder in seiner Nähe stand, rennt auf die Hintertür zu und verschwindet im Wolkenkratzer. Er ruft: »Deutschland erneut mit Bestnote AAA!«
    »Nur so aus Interesse«, sagt die Unternehmensberaterin. »Hatte die Tatsache, dass mein Kollege hier das Bier bezahlt hat, irgendwas damit zu tun, dass dieses Rating so gut ausfiel?«
    »Ja«, sagt das Känguru. »Ist das hier wie in der Sesamstraße?«
    Es öffnet seinen Trenchcoat.
    »Psst! Hey, du! Willst du ein A kaufen?«
    Es zieht ein großes Plastik-A aus seinem Mantel.
    Plötzlich erscheint wie aus dem Nichts ein Mann im Anzug vor uns.
    »Gestatten Sie, mein Name ist Maximilian Macht von der Kanzlei Geld, Macht und Beziehungen.«
    Das Känguru blickt ihn überrascht an.
    »Sie wollen uns Ärger machen«, sagt der Anwalt. »Und Sie sind clever. Darum sage ich Ihnen jetzt, was ich allen Leuten sage, die clever genug sind, uns Ärger zu bereiten.« Er blickt dem Känguru direkt in die Augen. »Wollen Sie für uns arbeiten? Wir zahlen besser.«
    Das Känguru überlegt lange, dann sagt es:
    »Werd’ ich zum Arbeitsplatze sagen:
Verweile doch! Du bist so schön!
Dann magst du mich in Fesseln schlagen,
Dann will ich gern zugrunde gehen.«

Ich sitze im Hostel beim Frühstück. Es gibt trockene Bagels und das gleiche eklige, warm gehaltene Rührei wie am Tag zuvor. Nein. Nicht das gleiche. Dasselbe. Für einhundert Dollar pro Nacht pro Person im Sechs-Bett-Zimmer kann man hier wohl nicht mehr erwarten. Das Känguru setzt sich zu mir an den Tisch.
    »Keine Verkleidungen mehr?«, frage ich.
    »Ich habe mich als mich selbst verkleidet«, sagt das Känguru.
    »Tun wir das nicht alle?«
    »Sehr philosophisch.«
    Das Känguru schmiert sich Schnapspralinen auf einen Bagel. Bis zwei Uhr nachts mussten wir gestern noch nach welchen suchen.
    »Wir müssen nach Ho-Chi-Minh-Stadt«, sagt das Känguru.
    »Aha«, sage ich. »Und warum?«
    »Um herauszufinden, was der Pinguin in Südostasien produziert, damit wir seinen bösartig-instrumentellen Weltrationalisierungsplan verhindern können.«
    »Südostasien ist groß«, sage ich. »Warum willst du ausgerechnet nach Vietnam fliegen?«
    Das Känguru blickt mich ernst an. »Da kenn ich mich aus …«
    Mein Handy klingelt. Ich gehe ran.
    » Hollywood «, sagt mein Agent.
    »Ja«, sage ich.
    »Klappt.«
    »Schön.«
    Ich lege auf.
    »Wir fliegen nicht nach Vietnam«, sage ich. »Wir fliegen morgen nach Los Angeles.«
    »Es stört mich überhaupt nicht, dass du mich immer erst kurz vor knapp in deine Pläne einweihst«, sagt das Känguru.
    »Gut«, sage ich. »Mein Agent hat mir ein Treffen mit einem Filmproduzenten organisiert, der sich meine Ideen anhören möchte.«
    »Kannste total vergessen«, sagt das Känguru. »Wir müssen dem Pinguin auf den Fersen bleiben.«
    »Wir treffen den Typ auf dem Set von The Wicked Bitch Of The West.«
    »Ist das nicht das amerikanische Remake des ersten Teils der Wunderhuren-Heptalogie?«, fragt das Känguru aufgeregt.
    »Ja«, sage ich. »Wenzel Skowronek hat den Kontakt hergestellt.«
    »Die männliche Hauptrolle in der Neuverfilmung spielt Peter Dinklage …«, sagt das Känguru mit leuchtenden Augen.
    »Wer?«
    »Tyrion Lannister!«
    »Wer?«
    »Aus Game of Thrones !«
    »Was?«
    »Der kleinwüchsige Schauspieler, der in allen Filmen mit Kleinwüchsigen den Kleinwüchsigen spielt«, sagt das Känguru.
    »Ach der …«, sage ich.
    »Der spielt den Riesenzwerg Ülf! In der Postproduktion wird er dann in