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Die Kaffeemeisterin

Die Kaffeemeisterin

Titel: Die Kaffeemeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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Bordoni verbeugen, mehrmals öffnete sich der rote Vorhang wieder, um noch ein letztes und allerletztes Mal die Solistin und den sich schließlich von seinem Cembalo erhebenden Komponisten zu bejubeln.
    Johanna drehte den Kopf von der kleinen Wandtür ihrer Loge zurück in den Zuschauerraum. Draußen im Flur strömten die Menschen dem Ausgang entgegen. Sie konnte es kaum erwarten, dass endlich niemand mehr im Treppenhaus war. Auch die gegenüberliegenden Ränge hatten sich nun fast geleert. Gestützt auf seine Berater verließ der Doge als einer der Letzten seine Loge. Nur einer der rot gewandeten Männer lehnte noch immer an der goldenen Brüstung und starrte in ihre Richtung.
    Johanna hob grüßend die Hand. Sie meinte ein Lächeln über die Züge des Conte gleiten zu sehen. Mit einer Geste bedeutete er ihr, in ihrer Loge auf ihn zu warten.
    »Giovanna, wo bleibst du denn?«, hörte sie die ungeduldige Stimme von Giuseppina, die bereits halb im Treppenhaus stand.
    »Geht schon mal vor, ich habe noch etwas vergessen!«, log sie mit schlechtem Gewissen die Freunde an.
    »Sollen wir dir beim Suchen helfen, cara mia ?«, fragte Marcello, der zurück zur Logentür gekommen war.
    »Danke, Marcello, ich komme schon allein zurecht. Wir sehen uns später«, antwortete sie rasch.
    Sie spürte, wie ihr die Röte in die Wangen schoss, als sie Marcellos wissenden Blick auffing. Ihm ist vollkommen klar, was ich hier tue, dachte sie mit einem Anflug von Scham und beugte sich über die hochgeklappten Sitze, als suchte sie etwas, das ihr heruntergefallen war. Und es gefällt ihm nicht. Aus welchen Gründen auch immer, es gefällt ihm ganz und gar nicht, dass ich mich mit dem Conte treffe …
    Als sie von ihrer vorgegebenen Suche unter den Sitzen wieder auftauchte, stand nicht mehr Marcello in der Tür zur Loge, sondern der Conte. Er hatte seinen roten Mantel gegen den üblichen schwarzen tabarro eingetauscht und sah nun wieder aus wie der Kaffeehausgast, den sie kannte. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen.
    »Hat es dir gefallen?«, fragte er, kaum dass er ihr einen formvollendeten Kuss auf den Handrücken gedrückt hatte.
    »Es war wunderbar. So etwas habe ich noch nie erlebt. Vielen, vielen Dank für die Einladung!«
    »Das freut mich sehr, dass es dir gefallen hat. Dein Landsmann hat sich mit seinem neuesten Stück aber auch wirklich selbst übertroffen. Und die Bordoni war wie immer ganz vorzüglich. Aber jetzt, liebe Giovanna, würde ich dich gern noch zu einem kleinen Spaziergang einladen. Darf ich? Ich bin sicher, ein wenig frische Luft wird dir guttun. Kommst du?«
    Auffordernd hielt der Conte ihr den Arm hin, sodass ihr gar nichts anderes übrig blieb, als sein Angebot anzunehmen und ihre Hand unter seinen Arm zu schieben.
    Draußen vor dem Portal der Oper stand eine portatina bereit, deren schwarz lackierte Tür mit demselben Wappen beschlagen war, das Johanna auch schon auf dem Portepee des Conte gesehen hatte. Stumm half er ihr, die Sänfte zu besteigen, und setzte sich neben sie. Zum ersten Mal befand sie sich so dicht neben ihm, dass sie seinen Geruch wahrnehmen konnte, eine Mischung aus Tabak und einem herben Rasierwasser. Er trug wie meistens bei seinen Besuchen im Florian keine Perücke und hatte die dunklen Haare mit den grauen Schläfen streng nach hinten gekämmt. Im Halbdunkel der Sänfte konnte sie sein scharf geschnittenes Profil erkennen. Eine seltsame Beklommenheit war über sie gekommen, sodass auch sie kein Wort sagte, bis die beiden Sänftenträger im Gehen innehielten.
    » Ci siamo , wir sind da!«, sagte der Conte in dem Moment und öffnete den Schlag an seiner Seite.
    Johanna konnte das Plätschern des Wassers hören, das gegen die steinerne Uferbefestigung des Kanals schlug. Wieder streckte der Conte ihr die Hand entgegen. Er hatte seinen Handschuh ausgezogen, sodass sie die Wärme seiner Haut spüren konnte. Vorsichtig kletterte sie aus der Sänfte, bis sie wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Doch er ließ ihre Hand noch immer nicht los. Seine Augen waren fast schwarz, als er sie zu seinen Lippen führte und einen Kuss daraufdrückte, diesmal jedoch auf die Handinnenfläche.
    »Ich habe dir noch gar nicht gesagt, wie schön du heute Abend bist, Giovanna.« Er lachte leise. »Ich meine, du bist immer schön. Dein Anblick im Caffè Florian ist für mich jedes Mal eine große, große Freude, weißt du das? Auch wenn der Kaffee und die anderen Köstlichkeiten dort hervorragend sind –

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